Der Stellar RS ist ein leistungsstarker High-B Zweieinhalbleiner mit einer gut zugänglichen Sportlichkeit

Der Stellar RS hat mit seiner flachen Kappe eine 
recht hohe projizierte Streckung. // Fotos: Lu-Glidz


Die im folgenden beschriebenen Eindrücke zum Swing Stellar RS habe ich in rund zehn Flug- und Groundhandlingstunden unter unterschiedlichen Bedingungen in der Eifel, im Kraichgau und im Pfälzer Wald gesammelt. Geflogen bin ich den Schirm in der Größe ML (85-108 kg, empfohlen 92-105 kg) mit rund 96 kg Startgewicht. Als Gurtzeug kam ein Swing Connect Race Lite zum Einsatz. Der Schirm wurde mir für den Test freundlicherweise von Swing zur Verfügung gestellt.


Hinweis: Wer besser verstehen will, mit welchem Fokus ich für Lu-Glidz Gleitschirme testet und im Text auch feinen Details zuweilen viel Raum gebe , der sollte zuerst die Interpretationshilfe für Schirmtests lesen!


Swing hat mit der Arcus- undvg der Nyos-Baureihe bereits zwei EN-B-Schirme im Programm. Nun kommt der Stellar RS hinzu, der in dieser Abfolge dem Leistungsangebot noch eins obendrauf setzt.

Technische Daten // Swing
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Zwar ist der Nyos 2 RS von den technischen Daten her mit 61 Zellen und einer ausgelegten Streckung von 5,8 auf den ersten Blick ganz ähnlich angesiedelt. Der Stellar RS kommt sogar auf "nur" 57 Zellen und ebenfalls einer Streckung von 5,8. Allerdings ist dessen Kappe erkennbar flacher gebaut. Mit einer projizierten Streckung von 4,5 spielt er in einer ähnlichen Liga wie der Gin Explorer 2 und toppt damit sogar so manche C-Schirme. Der Leistungsanspruch ist damit gesetzt.

Hierzu passen noch weitere Faktoren: Das verwendete Profil stammt ursprünglich aus der Entwicklung für höherklassige Zweileiner (Libra RS). Das Leinenlayout ist dann passenderweise das eines sogenannter 2,5-Leiners. In diesem Fall hängen die Außenflügel nur noch an A- und B-, aber nicht mehr an den C-Gurten. Das spart ein paar Leinenmeter und deren Luftwiderstand ein. Vor allem aber ermöglicht es eine verwindungsärmere Anstellwinkelkontrolle des Außenflügels im beschleunigten Flug. 

Tragegurt mit Floating-B
samt Sicherungsleine

Der Tragegurt des Stellar RS ist für die BC-Steuerung optimiert. Die B-Ebene sitzt als "Floating-B" auf einer Rolle und macht damit Steuerbewegungen am C-Gurt mit einer gewissen Untersetzung mit. Der C-Gurt besitzt dafür keine extra Steuergriffe, sondern nur eine leicht versteifte Bandschlaufe als angenehm zu greifende Handauflage zwischen C- und B-Ebene. Diese Variante hat sich meiner Erfahrung nach auch schon bei anderen Schirmen als gute Lösung erwiesen.

Swing liefert den Schirm übrigens mit zusätzlich eingebauten, blauen Sicherungsleinen für die B-Ebene aus – für den Fall, dass die last-tragende Leine, auf der die B-Gurt-Rolle läuft, einmal versagen sollte. Wen das stört: Man kann diese Sicherung aber auch einfach ausbauen. Wer regelmäßig seine Tragegurte auf mögliche Schäden checkt, wird sie nicht benötigen. (Mehr Infos zu dieser Thematik unter: Checkt Eure Tragegurte). 

Eintrittskante mit zarter
Sharknose

Die Konstruktion des Stellar RS ist semileicht. Der Großteil der Kappe besteht aus 31 und 28 Gramm-Stoffen von Techfiber (STA15 und STA10). Nur an der Profilnase kommt noch das etwas stabilere Porcher Skytex 38 zum Einsatz. Gegenüber dem Nyos 2 RS ist der Stellar RS damit um mehr als ein halbes kg leichter. Die von mir getestete Größe ML kommt auf 4,3 kg. Ohne die RAST-Wand im Segel stünde sicher auch eine drei vor dem Komma.

Bei den Leinen setzt Swing beim Stellar RS komplett auf Aramid, wobei die Stammleinen aus den mantellosen aber farbcodierten Pro-Dry 8001 von Edelrid bestehen. Das ermöglicht eine vorbildliche Übersicht, zumal Swing auch die Stabilo-Leine farblich eindeutig abgesetzt hat. Ein für die Sicherheit löbliches Detail! 

Beim Profil fällt auf, dass der Stellar RS im Gegensatz zu Arcus und Nyos erstmals eine gestufte Eintrittskante mit gekreuzten Stäbchen aufweist. Es ist zwar keine echte Shark-Nose, geht aber in diese Richtung. 

Die Profil-Stäbchen an der Eintrittskante bestehen, wie bei Swing üblich, aus formstabilem Nitinol-Draht. Zusätzlich ist auf einigen nicht aufgehängten Rippen im Hinterflügel ebenfalls Nitinol als abstützende C-Wires zu finden. Fürs Packen erweist sich dieses Setup als völlig unproblematisch. Nitinol ist auch für enge Knickradien unempfindlich und springt stets in seine Form zurück. Als weitere Stütze sind in Zellmitte der Einlassöffnungen dünne Bändchen eingenäht. Sie helfen dabei, die Profilnase auch im beschleunigten Flug flatterfrei unter Spannung zu halten.

Trimmcheck: Stammleinen
in identischer Länge

Ein besonderes Detail muss ich noch lobend herausheben. Beim Stellar RS sind alle Stammleinen einer Ebene (A1/B1/C1, A2/B2/C2 etc.) jeweils genau gleich lang. Dadurch ist es möglich, auf sehr einfache Weise auch mal zu Hause einen schnellen Trimm- und Symmetriecheck machen, indem man die Längen von A, B und C vergleicht. Sogar für die Bremsleine hat Swing eine spezielle Markierung an der Hinterkante angebracht, um einen simplen Längencheck im Vergleich zu einer A-Leine durchführen zu können. Es wäre schön, wenn auch andere Herstellern solche simplen wie nützlichen Standards einführen würden. 

Natürlich ist der Stellar RS, wie das RS im Namen aller Swing-Schirme der letzten Jahre ausdrückt, mit dem RAST-System ausgestattet: Eine Querwand in Flügelmitte wirkt wie ein Ventil, die das schnelle Entlüften des hinteren Teils der Kappe bei Front- und Seiteklappern verhindert. Das soll die meisten Kappenstörungen abmildern. Als Nebeneffekt beeinflusst RAST auch das Start- und Steuerverhalten ein wenig.

Auf Lu-Glidz habe ich schon häufiger über RAST geschrieben. Deshalb erspare ich mir hier weitere Erklärungen und verweise nur auf  Posts wie Swing präsentiert Rast 2.0 und die entsprechenden Infos zu Rast direkt auf der Website von Swing. Viele Hintergründe liefert auch die Podcastfolge Podz-Glidz #125 Rast mit dem Erfinder dieser Technologie, Michael Nesler.

Übrigens stammt der Stellar RS nicht mehr aus der Feder Neslers. Sein früherer Mitarbeiter Alessio Casolla firmiert mittlerweile als Hauptdesigner für Swing.


Stellar RS beim Cobra-Start

Starten: 
Die Startvorbereitungen mit dem Stellar RS sind einfach. Die Leinen fallen gut auseinander, neigen nicht zum Hakeln oder Kringeln, und sie sind dank vorbildlicher  Farbcodierung schnell sortiert.

Der Stellar RS ist ein guter Starter, für den man seine Starttechnik aber ein wenig anpassen muss, wenn man von weniger gestreckten Schirmen kommt. Es empfiehlt sich, die Kappe betont bogenförmig auszulegen und vor dem Aufziehen die Außenflügel über die Stabilo Leine nochmals etwas zum Piloten zu ziehen. Wenn man dann nur mit den inneren A-Gurten aufzieht, wird man mit einem sehr gleichmäßigen Füllverhalten ohne Mittelknick im Flügel belohnt.

Die A-Leinen sind beim Stellar RS etwas weiter zurückversetzt. Es reicht deshalb nicht, sich einfach in die Leinen zu lehnen, um die Kappe aufsteigen zu lassen. Ein gewisser Impuls ist für die ersten Aufstiegs-Dezimeter schon nötig. Danach allerdings sollte man die A-Leinen nur noch führen und nicht mehr verkürzen. Der Stellar RS steigt dann sehr gleichmäßig bis in den Zenith, wo er dann fast von selbst einbremst und auf weitere Aktionen des Piloten wartet. Er neigt so gut wie nicht zum Überschießen (solange der Pilot nicht ungelenk an den A-Gurten reißt).

Beim Aufziehen tritt bereits eine Eigenheit des RAST-Systems in Aktion. Die RAST-Wand bewirkt, dass sich zuerst die vordere Hälfte des Flügels schnell füllt und ein tragendes Profil ausbildet. Der Hinterflügel folgt etwas verzögert. Hierdurch bekommt die Profillinie beim Aufziehen einen deutlichen S-Schlag, was die Pitchbewegungen reduziert. Diese Eigenschaft kann sehr nützlich sein, vor allem bei stärkerem Wind, weil auch da die Kappe kaum zum Überschießen neigt.

Das leicht verzögerte Füllen des Hinterflügels verlangt vom Piloten ohne RAST-Erfahrung eine kleine Umstellung. Wer zu früh auf die Bremse geht, könnte den Bremsdruck vermissen und sich dadurch verunsichern lassen. Man sollte dem Schirm im Zenith eine halbe Sekunde Zeit geben, um den vollen Innendruck aufzubauen. Erst dann weiter beschleunigen. Dieses für RAST-Schirme typische Verhalten zwingt auch den Piloten eines Stellar RS letztendlich zu weniger Hast beim Start. 

Etwas anspruchsvoller wird das Starthandling des Stellar RS nur bei stärkerem Wind. Wer es gewohnt ist, einen Schirm in solchen Bedingungen am Boden über die A- und C-Ebene zu kontrollieren, wird zuweilen mit "auffliegenden" Außenflügeln zu kämpfen haben. Denn diese sind infolge des 2,5-Leiner-Layouts nur an A- und B-Ebene aufgehängt. Die Kontrolle über C ist also eingeschränkt. In diesen Situationen wird man gezwungen, stärker über die Bremsen zu arbeiten. Es lohnt sich, vor ersten Starkwindstarts mit dem Schirm einmal an einen Übungshang zu gehen, um sich mit diesem Verhalten vertraut zu machen.

Die 2,5-Leiner-Problematik beim Bodenhandling wird man auch erleben, wenn man versucht, den Schirm im Starkwind über die C-Ebene schnell zu zu stallen. Die davon nicht direkt angelenkten Außenflügel wollen noch weiter fliegen, wodurch sich der Strömungsabriss insgesamt verzögert. Am Ende wird man häufig die umgeschlagenen und verhängten Außenflügel erst wieder aus den Leinen ziehen müssen, bevor man den nächsten Startversuch machen kann. 

Auch ein Kobra-Start ist mit dem Stellar RS möglich, wobei die relativ geringe Kappenkrümmung das seitliche Aufziehen über den Außenflügels etwas sperriger macht als zum Beispiel bei einem Gin Explorer 2, einem Apco Nestra light oder dem UP Summit X, die ich als direkte Konkurrenten sehe und auch bereits getestet habe.


Landen: 
problemlos. Wie bei anderen RAST-Schirmen auch ist das Flare-Verhalten (langes bodenparalleles Ausgleiten) beim Stellar RS erst dann richtig gut, wenn man die Landung mit etwas Überfahrt fliegt (z.B. durch Annicken). Hier spielt aber sicher auch die Flächenbelastung eine Rolle. Ich habe den Testschirm im empfohlenen Gewichtsbereich nur mittig belastet geflogen.


Bremse mit Raffsystem
und roter Markierung für
Bremslängencheck

Bremsen: 
Im Vergleich zu den massiven Bremsgriffen des Nyos 2 RS hat Swing es beim Stellar RS verstanden, dass weniger manchmal mehr sein kann. Die dort eingesetzten, feineren und leichteren Bremsgriffe sind immer noch hervorragend zu greifen – auch mit halber Wicklung. Zudem verwendet Swing anstelle von Magneten nun die deutlich besseren magneto-mechanischen Fidlock-Halterungen, um die Bremsgriffe am Tragegurt festzumachen.

Die Bremsen selbst haben einen vergleichsweise langen Vorlauf von  etwas über 10 cm. Auch im Flug sind die Steuerwege des Stellar RS nicht auf der knackigen Seite. Mit einer halben Wicklung spielt sich aber alles im unangestrengt brauchbaren Bereich ab. 

Den Bremsdruck würde ich als mittel, aber gut spürbar bezeichnen. Er bleibt im normalen Steuerbereich angenehm. Die Bremsanlenkung ist auf ein gutes Thermikhandling hin optimiert, d.h. sie betont den Außenflügel nicht direkt. Bei Bedarf lässt sich mit Brake-Shifting das Steuerverhalten anpassen. Beim Brake-Shifting zieht man die Bremshand nach innen, sodass die Bremsgeometrie stärker am Außenflügel greift.  


Flug über der Rheinebene
vorm Pfälzer Wald

Kappenfeedback:
Der Stellar RS wirkt etwas weniger kompakt und steif als der Nyos 2 RS. Von allen RAST-Schirmen, die ich bisher geflogen bin, ist es derjenige, der dem Piloten die meisten Rückmeldungen liefert. Dennoch ist es noch lange kein hibbeliges Plappermaul, die dämpfende Wirkung von RAST bleibt spürbar. Für meinen Geschmack bietet er eine sehr angenehme Mischung aus Laufruhe und hilfreichem Signalgeber.

Wer bisher bei RAST-Schirmen den Eindruck hatte, diese seien schon fast zu stark gedämpft, um auch in schwachen Bedingungen die Luftbewegungen zu spüren, wird den Stellar RS als Lichtblick erleben. Wer hingegen die starke Dämpfung durch RAST als "den" Pluspunkt dieser Technik sieht, könnte den Stellar RS vielleicht schon als zu gesprächig empfinden. Vieles wird freilich auch vom Gurtzeug abhängen, mit dem man den Stellar fliegt. 

Anders als Arcus und Nyos teilt sich der Stellar RS dem Piloten auch über die Bremse mit. Man bekommt darüber ein gutes Gefühl für die Außenflügel, die zuweilen etwas zurückgehalten werden wollen.

Der Haupt-Infokanal bleibt aber der Tragegurt. Hier wird man vor allem über die Rollachse bedient und kann gut spüren, auf welcher Seite es den Schirm hebt oder wohin es ihn zieht.
 
Über die Querachse ist der Stellar erstaunlich pitchstabil. Für den Piloten bringt das Entlastung, weil man nur selten mal eine stärkere Nickbewegung einfangen muss. Trotzdem entwickelt der Schirm zuweilen einen spürbaren Zug nach vorn in aufsteigende Luftmassen hinein. Dabei steigt auch der Bremsdruck ein wenig an. Die Sprache des Stellar RS ist gut zu interpretieren.


Enges Kurbeln vorm Hang

Kurvenflug: 
Das Kurvenhandling ist angenehm direkt. Der Stellar RS ist zwar nicht super-agil, aber überdurchschnittlich reaktiv. Was ich damit meine: Es gibt EN-B-Schirme, die sich schneller eng und steil in die Kurven stellen lassen. Aber es gibt nur wenige Schirme in diesem Segment, die ähnlich willig und ohne Verzögerung den Bremsimpulsen folgen, und zwar in allen Fluglagen. Das hängt auch mit dem RAST-System zusammen. 

Beim impulsartigen Ziehen der Bremse schließen sich die RAST-Ventile. Der gesamte Hinterflügel wird dann kurzzeitig zu einer wirksamen Steuerklappe. Wenn man das System einmal verstanden hat und zu nutzen weiß, kann man damit auch in verschwurbelten Strömungslagen jederzeit effektive Kurvenwechsel fliegen, sich in einen engen Schlauch wie mit einem Enterhaken hineinhebeln oder einen stabilen Kreisflug schnell nachziehen, ohne einen Strömungsabriss zu riskieren.
  
Im Kurvenflug zeigt der Schirm deutlich, dass er eine nicht besonders steile Lieblingsschräglage hat. Man kann diese zwar überwinden, aber der Schirm fällt gerne wieder darauf zurück. Man sollte ihm das in der Regel auch gönnen, denn fürs übliche Thermikkreisen sind die so erfliegbaren Kurvenradien passend und steig-effizient. Man kann dann auch die Außenbremse fast komplett lösen (nur auf Kontakt). Der Schirm ist pitchstabil genug, dass man ihn nicht ständig wieder einfangen muss.


Thermikeigenschaften: 
Mit seinem sehr homogenen und spurtreuen Kurvenverhalten hat der Stellar RS ein Ass fürs Thermikfliegen im Stabilo. Es ist einer dieser Schirme, die man, einmal in seiner Lieblings-Schräglage eingestellt, weitgehend sich selbst überlassen kann. Bei einem meiner Testflüge habe ich einmal 10 Minuten lang mit am Tragegurt komplett "fixierter" Bremsstellung (außen weitgehend offen) die Autozentrierfähigkeiten des Stellar RS bewundert. Es war eine schwache, versetzte Flachlandthermik, derer sich der Schirm willig annahm und nicht mehr losließ. Manchmal ist weniger Piloteninput einfach mehr.

In stärkeren und engeren Bärten ist mit dem Stellar RS dann doch etwas mehr Arbeit vom Piloten gefordert. Vor allem wenn man den Schirm über die schon erwähnte "Lieblingsschräglage" hinaus steiler stellt, muss man ihn wiederholt mit kurzen Impulsen daran erinnern, das auch beizubehalten. Die Reaktivität durch die große RAST-Steuerklappe hilft dabei. Vor allem wenn es darum geht, sofort in einem plötzlich auftauchenden starken Steigkern einzuhaken.

Das beste Steigverhalten zeigt der Schirm, wenn man ihn nicht knebelt, sondern mit offener Außenbremse in seiner Lieblingsschräglage laufen lässt. Dann war ich bei meinen Testflügen anderen Piloten und Schirmen beim Steigen mindestens ebenbürtig und sogar häufig voraus.


Hochwertige Rollen
am Beschleuniger
Beschleuniger: 
Der Beschleuniger des Stellar RS ist mit großen, kugelgelagerten Rollen bestückt und angenehm leicht zu treten. Selbst über längere Strecken kann man damit gut über das Gaspedal aktiv fliegen, ohne dass es gleich anstrengend wird.

Der Beschleunigerweg ist lang. Bei meinem Gurtzeugsetting hatte ich etwas Schwierigkeiten "Rolle auf Rolle" zu kommen. Die 13-14 km/h Geschwindigkeitsspanne über Trimm, die ich erfliegen konnte, blieb damit vermutlich sogar 1-2 km/h unter dem tatsächlichen Potenzial. PilotInnen mit eher kurzen Beinen müssten vielleicht überlegen, ob sie nicht eine Stopperkugel in die Beschleunigerleine setzen, um tatsächlich Fullspeed erreichen zu können.

Angenehm ist, dass der Stellar RS auch voll beschleunigt überhaupt kein störendes Rollen zeigt. Die Polare bleibt lange flach. Leistungsmäßig ist der Stellar damit auf jeden Fall über dem Nyos 2 RS angesiedelt. Damit dürfte er derzeit mit zur Spitzengruppe in der B-Klasse gehören.

Die BC-Steuerung des Stellar RS ist leichtgängig. Das Leinenlayout des 2,5-Leiners ist so gewählt, dass der Außenflügel nur am B-Gurt aufgehängt ist. Für die Richtungssteuerung ist das weniger effektiv als bei Schirmen, bei denen auch die Außenflügel am C-Gurt hängen. Die reine Anstellwinkelkontrolle funktioniert hingegen sehr gut und ohne störenden Kraftaufwand, d.h. sie ist deutlich leichter als z.B. noch beim Nyos 2 RS. Zudem liefert der Schirm über dieses System gut spürbare Rückmeldungen von Kappenbewegungen wie z.B. vornickenden Außenflügeln. Hier kommt also schon deutlich mehr des sogenannten Zweileiner-Feelings auf. 

Die Höhe der als BC-Griff dienenden Gurtbandwippe zwischen C- und B-Ebene ist gut gewählt. Man kann mit den Bremsen in Neutralstellung auf gleicher Höhe hineingreifen, was eine unangestrengte Armhaltung ermöglicht.


Ohrenanlegen: 
Das Anlegen der Ohren geht ganz normal über die äußeren A-Leinen. Die Ohren bleiben angenehm ruhig und benötigen nur geringe Haltekräfte. Das Öffnen kann zuweilen leicht verzögert sein. Für den Höhenabbau ist dieses Manöver allerdings nicht besonders effektiv, denn die eingeklappten Flügelteile bleiben vergleichsweise klein. 


Steilspirale: 
Beim Einleiten der Steilspirale lässt sich der Stellar RS Zeit, bis er wirklich größere Schräglagen aufbaut. Der Schirm braucht einen betonten Brems- und Gewichtseinsatz, um schneller abzukippen. Dann aber entwickelt die Kappe schnell deutlich spürbare G-Kräfte. Das Manöver lässt sich gut kontrollieren. 


Nicken: 
Die Kappe hat ein deutlich pitchgedämpftes Profil, wie bei vielen neueren Schirmen. Hinzu kommt noch die Bauweise als "Langleiner". Deshalb muss man als Pilot schon im richtigen Rhythmus arbeiten, um dem Schirm überhaupt größere Nickamplituden aufzuzwingen. Im regulären Flug nimmt die hohe Nickdämpfung dem Piloten freilich viel Steuerlast.


Rollen: 
Der Stellar RS spricht gut auf Gewichtsverlagerung an, ist aber etwas weniger rollfreudig als der Nyos 2 RS oder andere 2,5-Leiner wie der UP Summit X oder Apco Nestra light. Dennoch kann man den Flügel auch allein mit Gewicht schon weit aufschaukeln, und mit etwas Bremseinsatz dann auch hohe Wingover fliegen.


Packen: 
Der Stellar 2 RS besitzt relativ kurze Stäbchen in der Eintrittskante, plus etwas längere C-Wires auf manchen Rippen im Hinterflügel. Da sie aus formstabilem Nitinol sind, bereitet das fürs Packen und das Packmaß überhaupt keine Probleme. Im Verhältnis zu den eingesetzten leichten Stoffen packt der Stellar RS am Ende dennoch etwas voluminöser als vergleichbare Schirme ohne RAST. Die zusätzlichen Stoffquadratmeter der RAST-Wand im Inneren der Kappe bilden halt einen gewissen Wulst. Im Vergleich zum Nyos 2 RS bleibt der eingesackte Stellar RS aber kompakter. 


Verstärkte Diagonalen mit
umgenähten Kanten

Qualität: 
Hier gibt es nichts zu klagen, im Gegenteil. Die Nähqualität ist durchweg gut. Einige durchdachte Detaillösungen fallen positiv auf: Der vorbildlich farbcodierte Leinensatz zum Beispiel, oder die simple Leinenlängen- bzw. Trimmkontrolle durch längengleiche Stammleinen. Ebenso lobenswert sind die durchgängig am Rand umgenähten Diagonalrippen, um dort eine mögliche Stoffdehnung zu reduzieren. 

Gut gefallen haben mir auch die im Untersegel integrierten Schmutzauslassöffnungen am Außenflügel. Die Öffnung ist so groß, dass man mit der ganzen Hand hineingreifen kann.

Wie gut sich der verbaute Tuchmix mit relativ viel leichtem STA10 in der Praxis bewährt, konnte mein kurzer Test nicht zeigen. Wer viel an raueren Startplätzen oder im salzigen Seeklima unterwegs ist, wird hier vielleicht ein paar Abstriche bei der Haltbarkeit machen müssen. 


Fazit: 
Mit dem Stellar RS ist Swing ein rundum guter Wurf gelungen. Der Schirm bietet die Vorteile des RAST-Systems, ohne dem Piloten damit allzu viel eines feineren Gefühls für die Luftmassen zu rauben. Mit seinem 2,5-Leiner-Layout mit effizienter BC-Steuerung und der hohen projizierten Streckung spielt er leistungsmäßig weit oben im Rund der aktuellen High-B-Schirme mit und lädt zum flotten XC-Fliegen ein. Es ist sicher kein Schirm für den Einstieg in die B-Klasse. Der Pilotenanspruch ist dennoch nicht viel höher als beim Nyos 2 RS. Im direkten Vergleich mit anderen von mir bereits getesteten 2,5-Leinern in dieser Klasse (UP Summit X und Apco Nestra light) würde ich dem Stellar RS die zugänglichste Sportlichkeit attestieren. Als leistungsstarker Semileichtschirm mit guten Starteigenschaften ist der Stellar RS eine gute Wahl für Wanderflüge im Hike-and-Fly-Stil, solange es nicht aufs allerkleinste Packmaß ankommt. Das effiziente Steigen und die hohe Spurtreue in versetzten schwachen Bärten machen den Stellar RS auch fürs Flachlandfliegen interessant. 


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