Die Marke U-Turn hat - zumindest in Deutschland - in manchen Pilotenkreisen ein Imageproblem. Ein etwas marktschreierisches Marketing mit inflationär genutzten Kürzeln wie AFS, BFS, PPT, HPCD, PPN sowie Leistungsbehauptungen á la "der erste EN-B mit Gleitzahl 10" lässt manch einen die Nase rümpfen. Zugleich steigt aber in den Foren die Zahl der Piloten, die den U-Turn Schirmen aus der Praxis heraus doch ein gutes Zeugnis ausstellen. Unter diesen Vorzeichen war ich durchaus gespannt, welchem Ruf oder Versprechen der Blacklight bei meinen Testflügen gerecht werden würde. Und - soviel sei schon vorab verraten - ich wurde positiv überrascht. Ob die Gleitzahl 10 stimmt, mögen andere beurteilen. Aber in der aus meiner Sicht in der Praxis viel wichtigeren Summe aller Flugeigenschaften entpuppte sich der Flügel als angenehm ausgewogender Vertreter der Klasse High-End EN-B.
So lang sind die C-Wires des Blacklights in der Kappenmitte. |
Starten: Das Aufziehen der Kappe gelingt sehr zuverlässig und ist angenehm kontrollierbar - sobald man ein paar Eigenheiten des Blacklight verstanden und zu nutzen gelernt hat.
Da ist zum einen die Sache mit dem geteilten A-Gurt. Bei allen Schirmen, die ich in den letzten Jahren geflogen bin, erreichte ich stets das "rundere" Startverhalten, wenn ich nur die inneren A-Gurte zum Aufziehen verwendete. Der Blacklight hingegen füllt sich und startet deutlich homogener, wenn man auch die äußeren A-Gurte zu Hilfe nimmt. Zumindest bei wenig Wind. Erst bei stärkerem Grundwind bringt der Verzicht auf die äußeren A-Gurte Vorteile.
Eine zweite Starteigenheit des Blacklight: Er braucht unbedingt einen Impuls und konstanten Zug auf den A-Leinen bis kurz vor dem Scheitelpunkt. Was nach erschwerten Startbedingungen klingt, erweist sich in der Praxis als Sicherheitsplus. Obwohl die Kappe so leicht ist, hat sie selbst bei starkem Wind am Startplatz kaum die Tendenz, selbständig zu steigen. Während man mit anderen Schirmen gelegentlich zu kämpfen hat, um sie am Boden zu halten, sitzt der Blacklight stramm aber ruhig in Startposition und wartet auf ein Zeichen vom Piloten. Das Zeichen ist eben dieser kleine (!) Impuls. Sobald man den gibt und dann leichten Druck auf den A-Leinen hält, steigt die Kappe unbeirrt. Lässt man den Druck nach, bremst sie sofort ab und fällt wieder zurück. Nimmt man dann noch die C-Gurte als weitere Kontrollmöglichkeit hinzu, lässt sich die Kappe nach Belieben in nahezu jeder Aufziehphase kontrolliert stoppen. Zum Überschießen neigt sie nur, wenn man grobmotorisch immer weiter an den A-Leinen zerrt. Für Starkwindstarts bedeutet dieses Verhalten einen lobenswerten Sicherheitsgewinn.
Tragegurt mit geteilter C-Aufhängung. A1 grün, A2 gelb, B rot sowie C1 und C2 schwarz. |
Auch der seitliche Kobra-Start funktioniert mit dem Blacklight. Allerdings verlangt er dabei ein flüssiges Aufziehen. Ein langsames Nach-Oben-Schlängeln ist kaum möglich. Der Schirm will beim Start entweder steigen oder fallen. Es ist kaum möglich, ihn im Windfenster auf halber Höhe zu stabilisieren. Einmal über dem Kopf, steht die Kappe aber sehr ruhig und braucht erstaunlich wenig Wind für diesen Schwebezustand.
Windenstart: Problemlos. Bei schwachem Wind ist das Aufziehen mit den kompletten A-Gurten empfehlenswert. Kappe will bis nach oben geführt werden. Ruhige Steigphase.
Landen: einfach bis mittel. Die gute Gleitleistung verlangt eine etwas großräumigere Landeeinteilung.
Bremsen: Die Bremsen des Blacklight haben den üblichen Vorlauf. Mit einer halben Wicklung geflogen ergibt sich aber für alle Alltagsmanöver ein angenehmer Arbeitsbereich. Der Bremsdruck ist mittel und vermittelt auch bei leichtem Zug schon einen guten Kontakt zu Kappe. Das Bremsverhalten ist linear und präzise.
Kappenfeedback: Hier liegt eine der besonderen Stärken des Blacklight. Während z.B. Chili 3 und Eden 5 über die Bremse nur wenig Rückmeldungen zum Kappenzustand geben, kommuniziert der Blacklight auf allen Kanälen mit dem Piloten - ohne zu übertreiben. Über die Tragegurte erfährt man eindeutig die Position des Steigens, und die Bremsen liefern nuanciert Infos zu Luftbewegungen, Druckschwankungen in der Kappe etc. Es ist eine leicht verständliche Mischung, die den aufmerksamen Piloten vor manchen Überraschungen bewahrt und Reaktionsfenster öffnet. Dennoch ist der Blacklight kein nervöses Plappermaul, sondern gibt nur die nötigen Infos weiter.
Gewichtssteuerung: Wie beim Eden 5, der eine ähnlich flache und gestreckte Kappe besitzt, spricht der Blacklight auf Gewichtsverlagerung verzögert an. Ein stärkeres Rollen nur durch Aufschaukeln mit dem Popo zu erreichen, verlangt Geduld und ein sehr gutes Timing. Mit zusätzlichem Bremseinsatz ist diese Trägheit aber schnell überwunden.
Kurvenflug: So linear wie das Bremsverhalten ist auch die "Einstellbarkeit" der Schräglagen beim Blacklight. Von flach bis steil ist alles ohne Tricks möglich, wenn auch der Schirm kein so effektiver Flachkurbler ist wie der Chili 3. Der Blacklight verlangt eine etwas größere Schräglage, um nicht nach außen geschoben zu werden. Die Einleitung einer Kurve erfolgt leicht verzögert. Auch das ist wie beim Eden 5 mit der typischen Charakteristik einer wenig gekrümmten Kappe zu erklären. Es braucht halt ein Quentchen mehr Zeit, bis die anfängliche Auftriebskomponente an der angebremsten Seite überwunden ist und der echte Kurvenflug beginnt. Dann aber zieht der Blacklight sehr ausgeglichen seine Kreise. Anders als der Eden 5 besitzt der Blacklight keinen störenden Hang zum Graben, muss also nicht ständig mit der Außenbremse gestützt werden.
Thermikeigenschaften: Die variable Kurvencharakteristik macht den Blacklight zu einem dankbaren "Kurbler", v.a. in gleichmäßigen Thermiken, die man mit einer einmal eingestellten Schräglage hochkorken kann. Anspruchsvoller wird es in zerrissenen Bedingungen, die ein häufigeres Anpassen von Bremsspiel und Schräglage verlangen. Dreht man hier zu flach, schiebt der Flügel gerne nach außen und lässt sich nur ungern im engen Steigkern nachdrücken. Es lohnt sich, den Schirm mit etwas größerer Schräglage laufen zu lassen, zumal er nicht so stark zum Graben neigt. Unter solchen Verhältnissen ist das Steigen im Vergleich zu anderen Flügeln aber nur noch durchschnittlich. Sehr angenehm ist beim Thermikfliegen die hohe Pitchstabilität. Der Flügel zieht gut in die Bärte rein, ohne sich aufzubäumen.
Beschleuniger: Der Beschleuniger des Blacklight ist leicht zu treten und zu halten, wenn auch andere Konkurrenten noch einen Ticken softer sind. Bei Halbgas legt die Kappe um 6-7 km/h zu, voll beschleunigt kommen weitere 5-6 km/h drauf. Damit erreicht der Blacklight Topgeschwindigkeiten von über 50 km/h. "Rolle auf Rolle" verliert der Blacklight allerdings etwas von seiner Laufruhe. Ob sich das auch auf die Stabilität auswirkt, kann ich mangels längerer Praxiserfahrung nicht sagen. Vom Bauchgefühl her würde ich im Vergleich dem Chili 3 voll beschleunigt die sattere Fluglage und eine etwas flachere Polare zusprechen.
Ohren anlegen: Bei nur 2 Stammleinen pro Seite sind die Ohren von Anfang an recht groß und die Sinkwerte hoch. Erfreulicherweise schlagen die herabhängenden Flügelspitzen nicht und gehen nach dem Freigeben leicht verzögert Zelle für Zelle wieder auf.
Steilspirale: Tadellos. Schräglage und Sinkgeschwindigkeit lassen sich sehr gut über Innen- und Außenbremse dosieren. Die Fliehkräfte bleiben moderat. Die Kappe zeigt bei Freigabe der Innenbremse sofort ein Aufrichtmoment.
Frontklapper: keine Auffälligkeiten, symmetrisches Anfahren.
Seitenklapper: Ich habe kleinere und größere Klapper bis 70% gezogen (nur unbeschleunigt). Der Blacklight klappt dabei relativ flach ein und zeigt, trotz seiner für das B-Segment überdurchschnittlich hohen Streckung, keine überraschenden Reaktionen. Nach einem schnellen Abdrehen um 90 Grad öffnet der Flügel kontinuierlich und ist nach rund 180 Grad wieder komplett gefüllt über dem Piloten. Leichtes Gegensteuern reicht, um den Schirm auf Spur zu halten.
Nicken: Die hohe Pitchstabilität des Blacklight zeigt sich auch beim induzierten Nicken. Es braucht etwas mehr Input, um größere Oszillationen zu erreichen. Der Flügel lässt sich gut ohne übertriebenen Bremseinsatz abfangen.
Rollen: Nur mit Gewichtsverlagerung geflogen, ist es schwer, den Blacklight höher aufzuschaukeln. Zusammen mit dosiertem Bremseinsatz sind aber leicht hohe und harmonische Schwünge erreichbar.
Sonstige Auffälligkeiten: Mehrere Besonderheiten stechen beim Blacklight noch ins Auge. Da ist zum einen der nahezu komplett unummantelte Aramid-Leinensatz. Nur der untere Teil der Bremsleine trägt einen Mantel, der Rest ist "Zahnseide". Man kann darüber streiten, ob der minimale Leistungsgewinn den Einsatz eines eher empfindlicheren Leinenmaterials bei einem EN-B rechtfertigt. Ich sehe das skeptisch. Allerdings zeigte sich in der Praxis, dass die (wenigen) Leinen zumindest gut auseinanderfallen und leicht zu sortieren sind. Ich konnte auch keine Tendenz zur Knotenbildung beobachten. Bleibt als Kritikpunkt die Einfarbigkeit aller Leinenebenen. Doch auch das bleibt angesichts des reduzierten Leinensatzes noch übersichtlich. An einem "stacheligen" Startplatz in Spanien mit vielen "Zahnseidenfallen" dürfte das Bodenhandling mit dem Blacklight einem Piloten aber etwas mehr Nerven kosten.
Ein zweiter Punkt sind die langen C-Wires in der Kappe. Ich war gespannt, ob sich diese vielen "Stäbchen" beim Groundhandling o.ä. negativ auswirken würden. In der Praxis konnte ich nichts kritikwürdiges feststellen. Wenn überhaupt hatte ich den positiven Eindruck, dass die Kappe durch diese "Schubversteifung" an Laufruhe gewinnt. Gerade beim Groundhandling in böigen Bedingungen war ich erstaunt, wie stoisch der Flügel die Böen schluckt ohne groß in sich zu arbeiten, sich aufzustellen und den Piloten auszuhebeln. Den gleichen Eindruck vermittelt der Blacklight auch in der Luft.
Verzweigte Stabilo-Leine erhöht Verhängerrisiko. |
(Anmerkung: Einen ganz ähnlichen Fall hatte ich auch beim Test des Chili 3, wo sich einmal das Stäbchen des Stabilos in der ebenso verzweigten Stabiloleine verfing. Bleibt zu hoffen, dass sich solche Verschlaufungen nie aus normalen Flugsituationen ergeben. Allerdings stellt sich die Frage, warum die Hersteller bei einem EN-B nicht sicherheitshalber einfach auf Versteifungen im Außenflügel verzichten, selbst wenn das minimal Leistung kostet.)
Packen: Ich bekam den Schirm mit einem normalen Innenpacksack geliefert, habe in dann aber für den Testalltag in einen Zellenpacksack umgepackt. In dieser Form ließ er sich der Flügel recht kompakt packen, ohne die Stäbchen gefühlt zu malträtieren: Einfach die Hinterkante am Ende der C-Wires umschlagen und den Rest gedrittelt falten. Auf diese Weise werden die C-Wires einmal, die vorderen Stäbchen gar nicht gebogen. Das Ergebnis ist ein relativ flaches Päckchen, das gut in meinen Supair X-Alps Rucksack passt.
Fazit: U-Turn rückt mit den eigenen Werbeaussagen die Leistung des Blacklight in den Vordergrund der Aufmerksamkeit. Tatsächlich könnte der Schirm aber gerade mit seinen weiteren Qualitäten auch Piloten überzeugen, die gar nicht nur auf Leistung schielen. Die große Laufruhe, die hohe Pitchstabilität und die gute Kontrollierbarkeit beim Start und in der Luft machen aus dem Flügel einen gelungenen Allrounder im Highend-B-Sektor. Unterm Strich stellt der Blacklight gerade in bewegter Luft und bei stärkerem Wind geringere Ansprüche an das Pilotenkönnen als beispielsweise ein Chili 3. Der einzige Wermutstropfen dürfte für manche Piloten der verwendete Renn-Leinensatz sein. Und für die eingefleischten Anti-U-Turn-Glaubenskrieger vielleicht die Tatsache, dass sie schon aus Prinzip diesen Flügel niemals werden testen dürfen ;-))
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5 Kommentare
Interessanter Testflugbericht, der sich in einigen Punkten durchaus mit meinen Erfahrungen bei einem ca. 30 minütigen Testflug deckt (moderat Thermisch, Winde).
AntwortenLöschenBei ein paar Punkten kam mir die Charakteristik des Schirms aber schon deutlich anders vor, was daran gelegen haben mag, daß ich den Schirm durchaus etwas überladen geflogen bin. Wenn das so ist, muß man also darauf sehr achten bei diesem Schirm!
So mußte ich den Schirm sogar an der Winde deutlich abfangen, um ein Überschießen zu verhindern - was aber durchaus angenehm bei Schwachwndstarts sein sollte und kein Problem sich dran zu gewöhnen ansonsten.
Die Bremscharakteristik empfand ich als schön knackig kurz, aber mir persönlich deutlich zu hart, vor allem bei >50% Bremsausschlag. So ganz linear fühlte sich das auch nicht an, eher deutlich progressiv. Thermik nimmt der Schirm gut an, ist auch heutzutage nichts besonderes mehr. Agilität war bei ausgewogener Dämpfung recht gut, Steil reindrehen somit kein Problem, wirklich flach Drehen ist wegen der Bremscharakteristik aber recht mühsam, auch wenn der Schirm nicht deutlich gräbt. Thermik wird zuverlässig, aber etwas gedämpft angezeigt.
Durchaus ein nettes Schirmchen insgesamt, Klapper hab ich wegen Überladung keine getestet - schon an den offiziellen Testvideos sieht man jedoch, daß der Schirm seine Klasse ordentlich ausreizt. Als Alrounder würde ich den also nicht bezeichnen. Eher schon ziemlich "high-end".
Gruß,
James
Hey James,
AntwortenLöschenes zeigt sich doch immer wieder: Jeder Pilot nimmt einen Schirm anders wahr. Deshalb ist es ja auch so sinnvoll, Schirme immer selbst zu testen und nicht blind anderen Erfahrungen zu vertrauen.
Überladene Schirme haben immer ein knackigeres Handling, kürzere Bremswege etc. Vor allem wenn man noch die eher kleineren Größen überlädt, macht sich das deutlich bemerkbar.
Aus dem Abfangen eines Schirmes bei einem Start an der Winde würde ich nicht auf die allgemeine Startcharakteristik schließen. Viel Vorspannung am Seil, ein "flotter" Windenfahrer, da gibt es viele Einflussfaktoren, die einen Schirm schneller schießen lassen. Auch den Blacklight kann man heftig zum Schießen bringen. Aber bei einem kontrollierten Start lässt sich der Flügel erstaunlich feinfühlig im Zenith platzieren.
herbert warth.habe ihn auch getestet.nicht gefallen hat mir das in der turbulenz die flügelenden 2 mal sich in den leinen verhetterten.mußte energisch mehrmals die bremse pumpen um den flügel wieder frei zubekommen.sonst wärs ein superschirm wenn man ummantelte leinen hätte,hatte propleme mit dem sortieren
AntwortenLöschenIch fliege noch nicht sehr lange GS, war früher mal HG Pilot.
AntwortenLöschenDanke für den Testbericht und die Kommentare dazu.
Bin gerade von einem A auf einen ca. 2 jährigen high B Schirm umgestiegen und
werde sicher bald mal einen neunen kaufen.
Dieser Blacklight würde mir sicher gefallen, was ich mir aber ganz gewiss
noch dazu wünschen würde, sind genau diese obigen Kritikpunkte noch zu beseitigen.
Mit dem Leinensortieren durch nicht ummantelten Leinen, die sicher ständig bei mir verknoten, nur für 2% mehr Leistung und Stäbchen außen, die Verhänger gefährlich machen, sowie Stabilos die zu weit nach innen wirken, das hätte ich gerne positiv geändert.
Mein jetziger Schirm (Mistral7)lässt sich für mich (etwas behindert) nur schwer aufziehen und stabilisieren, einmal in der Luft, macht er mir aber sehr viel Spaß.
Der nächste Blacklight, vielleicht auch mit etwas weniger Leistung, wäre dann sicher was für mich. Oder geht die gesamte Entwicklung nur immer in Richtung, mehr Leistung, koste es was es wolle?
Hier einen Full Stall des Blacklight in youtube :https://www.youtube.com/watch?v=BDzRF_mp5Zw
AntwortenLöschenGruß Dirk
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