Auch wenn die Wetterkarten meist nur den Luftdruck am Boden zeigen, so wird das Wetter dennoch hauptsächlich von dem geprägt, was in der Höhe passiert. Vor allem für Prognosen, die über ein bis drei Tage hinausgehen ist es ratsam, sich stets auch mit so genannten Höhenwetterkarten zu beschäftigen. Im Internet sind die entsprechenden Grafiken bei verschiedenen Anbietern wie www.wetterzentrale.de oder www.wetteronline.de zu finden.


Zum Bild: Die Höhenwetterkarte zeigt ein typisch meridionales Strömungsmuster. Dort wo kalte Luft nach Süden vorstößt, bildet sich ein Trog. Die Gegenbewegung der warmen Subtropen-Luft nach Norden formt den Keil. An der Grenze beider Luftmassen verläuft die Frontalzone. In diesem Fall liegt Westdeutschland im Bereich des Keiles und noch so weit von der Frontalzone über der Ostseee entfernt, dass ganz vernünftiges Flugwetter zu erwarten wäre.
Am besten geeignet zur Analyse des Höhenwetters sind die Karten des Druckniveaus 500 hPa. In Höhenmeter umgerechnet liegt das etwa auf 5500 Meter, was wiederum rund der Hälfte der Troposphärenhöhe entspricht. Die Troposphäre ist jener Teil der Atmosphäre, in dem sich üblicherweise unser Wetter abspielt. Die 500-hPa-Karten geben somit gewissermaßen den Durchschnitt des Wettergeschehens wieder.

Höhen- und Bodenwetterkarten haben einen zentralen Unterschied. Bodenwetterkarten zeigen immer den Luftdruck in einer bestimmten Höhe (Meeresspiegel). Bei den Höhenwetterkarten ist es umgekehrt. Sie zeigen, in welcher Höhe ein konstanter Druck von eben 500 hPa zu finden ist. Während Bodenwetterkarten Isobaren (Linien gleichen Luftdrucks) zeigen, sind im Höhenwetter Linien gleicher Höhe dargestellt. Die heißen Isohypsen.

Eine Höhenwetterkarte kann man also lesen wie eine topographische Landkarte. Netterweise wird das bei den meisten Karten noch dadurch unterstützt, dass die Höhe in Farbabstufungen dargestellt ist. Bläuliche Töne stehen für tiefe Täler (im Wetterjargon werden sie Tröge genannt), gelb und rot zeigen die Höhen (die im Wetterjargon Keile heißen).

Meteorologen sprechen bei der Bestimmung der Höhe einer bestimmten Druckfläche auch von ihrem Geopotential. Als Maß dafür dient gpdm (= Geopotential-Deca-Meter. Ein Geopotential von 552 gpdm entspricht einer Höhe von 5520 Meter). Bestimmt wird es nicht durch Druckmessung, sondern über die Temperatur. Denn das Geopotential ergibt sich direkt aus der mittleren Temperatur zwischen dem Meeresspiegel und der Druckfläche 500 hPa. Kalte Luft ist dichter und nimmt deswegen weniger Raum ein, weshalb die Höhe der Luftsäule geringer ausfällt. Warme Luft dehnt sich aus, so bekommen wir ein höheres Geopotenzial. Aus den Farbflächen auf der Karte ist demnach auch heraus zu lesen: blau = kalte Luftmassen; rot = warme Luftmassen.

Der Vorteil des Höhenwetters ist, dass es nicht den kurzfristigen und sprunghaften Einflüssen unterliegt, denen das Bodenwetter durch Tag-/Nachtwechsel, Erwärmung/Abkühlung des Bodens, aber auch Topographie, Reibung des Windes an der Erdoberfläche usw. ausgesetzt ist. Somit lassen sich die effektiven Tendenzen des großräumigen Wetters besser aus dem Chaos herausfiltern als wenn man nur auf das bodennahe Wetter beachten würde.

Wie analysiert man nun so eine Höhenwetterkarte?
Im Grunde ist es relativ einfach. Man schaut, ob der eigene Standort tief im meteorologischen Tal (Trog) oder mitten auf einer Anhöhe (Keil) zu finden ist. Im ersten Fall darf man eine kühle Witterung erwarten, im zweiten Fall recht warme Luft.

Nun stellt sich die Frage: Haben wir Sommer oder Winter? Schlechtes Wetter haben wir eher dann zu erwarten, wenn die (Temperatur-)Gegensätze groß sind. Im Sommer ist die Sonne stark genug, den Boden kräftig zu erwärmen. Liegt darüber allerdings eine eher kalte Luftsäule (wie im Trog), dann ist die Luft labil geschichtet. Es können sich schnell Schauerwolken und Gewitter bilden. Im Winter ist die Situation andersrum. Der Boden bleibt relativ kalt. Haben wir in der Höhe nun eher wärmere Luft, bleibt die Kaltluft am Boden gefangen. Das ergibt schnell die grauen Winter-Inversionswetterlagen.

Nun wäre Meteorologie ein simples Fach, wenn es so einfach schwarz-weiß zuginge. Grundsätzlich bleibt aber festzuhalten: Im Sommer bringt ein Keil immer besseres Wetter als ein Trog. Im Winter hingegen kann es auch mitten im kalten Trog bei strahlend-blauem Knackfrostwetter ganz erfreulich sein.

Richtig ungemütlich (vor allem für uns Flieger) ist das Wetter, wenn sich unser Standort laut Höhenwetterkarte auf der Grenze zwischen Keil und Trog, also zwischen warmen und kalten Luftmassen befindet. Dieser Bereich bildet die so genannte Frontalzone. Und da geht es meistens heftiger zur Sache. Auf der Höhenwetterkarte ist die Frontalzone am Farbübergang von blau-grün zu gelb-rot zu erkennen. Meistens drängen sich dort die Isohypsen bzw. Farbzonen.

Temperatur- bzw. Druckänderungen auf engem Raum heißen beim Wetter: Es ist was los in der Atmosphäre. Dort weht der Wind recht kräftig – in der Höhe übrigens immer parallel zu den Isohypsen. Und es kommt zu heftigen Luftmassenaustausch. An der Frontalzone entstehen typischerweise die Warm und Kaltfronten und somit die kleinräumigen Tiefdruckgebiete. Die Zugbahn dieser Tiefs am Boden folgt übrigens recht genau dem Verlauf der Frontalzone, und zwar von West nach Ost, wegen der vorherrschenden Westwinddrift.

Für unsere Flugwetterprognose bleibt die Erkenntnis: Liegt mein Fluggebiet unter der Frontalzone, werde ich in der Regel wenig Spaß haben. Selbst wenn es nicht regnen sollte, ist der Wind häufig zu stark oder – durch den Höhenwind angestoßen – zu böig, um sicher in die Luft zu kommen.

Freilich ist die Frontalzone kein schmaler Streifen, sondern ein mehrere hundert Kilometer breiter Übergangsbereich. Für das Wetter vor Ort ist auch noch wichtig, wo genau ich mich befinde. Auf der Seite, die dem Trog zugewandt ist, muss ich mit labilem Schauerwetter rechnen. Mittig unter der Frontalzone macht mir meist der Wind einen Strich durch die Fliegerrechnung. Auf der Seite, die dem Keil näher ist, wird das Wetter etwas stabiler sein.

Für die genaue Wettervorhersage eines Tages sollte man allerdings nicht nur Höhenwetterkarte, sondern stets auch die Bodenwetterkarte anschauen (auf den meisten Höhenwetterkarten, die im Internet zu finden sind, sind die Isobaren des Bodendrucks gleich mit eingezeichnet). Normalerweise liegt unter einem Keil auch ein Bodenhoch bzw. unter einem Trog ein Bodentief.

Doch die Lage von Luftdruckzonen am Boden und in der Höhe kann sich auch gegeneinander verschieben. Auf deutlichsten wird dies, wenn aus der kalten Luftmasse im Norden sich eine Kaltluftblase löst und als abgeschlossener Kringel mitten in der warmen Luft im Süden herumgeistert. Meteorologen sprechen dann von einem Höhentief. Für uns Flieger ist das besonders ärgerlich. Da können die Bodendruckkarten ein schönes Hoch zeigen, doch die kalte Luft in der Höhe sorgt für eine solche Labilisierung der Atmosphäre, dass heftigste Gewitter und schließlich sogar ein eigenes Tief am Boden entstehen.

Ein typischer Vertreter dieser Kategorie ist das so genannte Genua-Tief. Es entsteht, wenn sich so eine Kaltluftblase über Frankreich an den Alpen vorbei nach Süden mogelt. Über dem Mittelmeer lädt sich die Luft mit ordentlich viel Feuchtigkeit auf, um die ganze nasse Fracht dann an den Südalpen abzuregnen.

Für die Wetterprognose ist auch noch interessant, den Verlauf der Frontalzone etwas genauer zu betrachten. Folgt diese eher geradewegs den Breitenkreisen (West-Ost), so sprechen die Meteorologen von einer zonalen Strömungslage. Schlägt die Frontalzone hingegen Wellen, deren Seiten mehr dem Verlauf der Längengrade (Nord-Süd) entsprechen, so ist das eine meridionale Strömungslage (Meridian=Längengrad).


Zum Bild: Eine typische zykonale Großwetterlage

Zonale Strömung verspricht ein recht beständiges Wetter (womit ich nicht grundsätzlich "gutes" Wetter meine). Auf der warmen Seite (im Süden) wie auf der kalten Seite (im Norden) lässt es sich gut aushalten bzw. fliegen. Ärgerlich ist nur der Bereich der Frontalzone, weil hier „beständig“ ein Tief nach dem anderen wie auf einer Rennbahn angeschossen kommen. Leider liegt Mitteleuropa bei so einer Lagen meistens unter dieser Rennbahn. So eine Situation hat uns beispielsweise das Sauwetter im August 2006 serviert.

Damit wir in unseren Breiten über längere Zeit hinweg stabiles Flugwetter haben, müssen wir eher auf eine meridionale Strömung hoffen. Dann kann sich bestenfalls ein Keil mit seiner warmen Luft genau über unseren Köpfen weit nach Norden aufschwingen. Die Tiefs und das schlechte Wetter rutschen dann fernab um uns herum und lassen uns in Frieden fliegen.

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