Während auf der offiziellen Homepage von Ozone bis dato noch kein einziges Wort zu Enzogate zu finden ist (für die offizielle Stellungnahme wurde das XC-Magazin als Sprachrohr genutzt), geht Gin seinerseits nun so offiziell wie diplomatisch in die Offensive. In einem Statement im Gin Gliders Team Blog heißt es: "Der Enzo 2, der beim Superfinale geflogen wurde, ist zu dem Zeitpunkt nicht zugelassen gewesen. Das ist gegen die Regeln, weshalb die vorläufigen Ergebnisse nicht anerkannt werden können. Wenn Regeln nicht respektiert und durchgängig angewendet werden, sind Wettbewerbe bedeutungslos."

Allerdings fordert Gin aus Respekt vor den Leistungen der Piloten nicht eine rückwirkende Disqualifizierung der Enzo-2-Piloten. Stattdessen regt Gin an, den ganzen Wettbewerb für ungültig zu erklären. "Die Gin Team-Piloten wollen keine Titel einfordern, die sie nicht in der Luft gewonnen haben."

Dieser Vorschlag ist ein Wink mit dem Zaunpfahl für die PWC-Organisatoren. Für sie könnte diese Lösung der einfachste und mögicherweise sogar beste Weg darstellen, um aus einer verfahrenen Situation mit der größten Gesichtswahrung für alle Beteiligten herauszukommen. Denn sie böte auch die Möglichkeit, als "gentleman's agreement" auf die ursprünglich vorgesehenen Flugtests der Siegerschirme des PWC Superfinales zu verzichten, weil sie für die Ermittlung eine Siegers obsolet würden.

Ein solcher Verzicht könnte auch für die anderen Hersteller von Wettbewerbsschirmen vorteilhaft sein. Wenn es stimmt, was Alain Zoller offiziell schrieb, dass alle jetzt im Wettkampf geflogenen Schirme in ihrer Konfiguration - aus welchen Gründen auch immer - nicht der EN-D-Norm entsprechen, wäre es im Interesse aller, sich diese Blöße in einem öffentlichen Showdown nicht zu geben. (Dass dieses Statement Zollers in einer gewissen Diskrepanz dazu steht, dass er den Enzo 2 auch mit längerer Hinterkante nach Flugtests für EN-D-konform erklärte, gehört zu den  Ungereimtheiten, die sich seit dem Zwang zur EN-Zertifizierung durch die Wettbewerbsszene ziehen.)

Auch Gin konstatiert in seinem Statement: "EN-D-Zertifikation für Wettbewerbsschirme war niemals der richtige Weg." Der Zwang zu EN-D-Schirmen in einem rücksichtslosen Wettbewerbsumfeld habe dazu geführt, dass Regellücken in den EN-Standards ausgenutzt wurden und politischer Einfluss geltend gemacht wurde. Das würde in unfairer Weise die "major players" am Markt bevorteilen und die Wettbewerbsszene untergraben.

Diplomatisch sind solche Formulierungen ein geschickter Schachzug. Denn sie bieten, ohne weitere Schuldzuweisungen, der Wettbewerbsszene einen gemeinsamen Nenner: Es ist die Zertifizierung gemäß der Sicherheitsklasse EN-D, die das Fairplay untergräbt. Wer nicht durch Regellücken als Hintertür zu einer de-facto Open Class zurückkehren will, dem bleibt nur ein Ausweg: klare, transparente und überprüfbare Regeln speziell für Wettbewerbsschirme. Mit anderen Worten, eine Competition Class.

Enzogate hat sicher den Druck nochmals erhöht, eine Lösung in diese Richtung zu finden. Sollte die Einführung der Competition Class ab 2015 wie geplant bei der Jahrestagung der FAI im Februar beschlossen werden, bleibt nur die Frage, wie man das laufende Jahr noch geregelt über die Bühne bringt? Im Sinne eines "gentleman's agreement" der Branche liegt die Lösung auf der Hand: Das Superfinale wird annuliert, der Enzo 2 wird auch mit langer Hinterkante als zugelassen akzeptiert, und fortan gilt das Motto: Augen zu und durchgeflogen!

Mal schauen, ob es so kommt.