Auf der Meteo-Seite Velivole.fr gibt es neuerdings höhenschichtabhängige Thermikprognosen. Sie zeigen: Wo steigt's am besten?

 

Höhendifferenzierte Darstellung von prognostizierten
Steigwerten mittels Velitherm. // Quelle: Velivole.fr

Wenn man auf klassische Thermikprognosen schaut, wie sie etwa vom RASP-Modell, Meteo-Parapente oder auch Windy geliefert werden, so erhält man Karten zur erwartbaren Thermikhöhe und durchschnittlicher Thermikstärke an einem bestimmten Ort. Unklar bleibt dabei allerdings, in welchem Höhenbereich es an einem Tag – bedingt durch die Luftschichtung (Temperatur- und Feuchtegradient mit der Höhe) – eher stärker oder schwächer steigen dürfte. Wer solche Infos will, der ist in der Regel auf die manuelle Analyse von prognostizierten lokalen Temps (Emagrammen) angewiesen.

Eine Ausnahme stellen bisher Prognosen des Regtherm-Modells dar, auf dem u.a. Angebote wie Alptherm, Toptask, XC-Therm oder die Thermikprognosen von Burnair basieren. Dort werden Steigwerte in Höhenstufen aufgegliedert dargestellt. Regtherm liefert allerdings keine Punktprognosen, sondern fasst die Daten für größere Thermikregionen zusammen. Das sind dann z.B. Regionen wie Jura, Lechtaler Alpen, Salzachtal/Oberennstal, Östliche Bayerische Alpen etc.

Natürlich können innerhalb dieser Regionen die Steigwerte in der Praxis deutlich variieren. Denn vieles hängt von den lokalen Bedingungen ab. Wie hoch liegt das Gelände, von dem die Thermik auslöst? Welche Feuchtigkeit hat die bodennah vorherrschende Luftmasse, welche die Thermiken speist? Wie stark bzw. schnell mischt der Wind vor Ort die Thermikblasen mit der Umgebungsluft? Und wie verändert sich die lokale Luftschichtung im Tagesverlauf?


Regtherm fürs Lokale

Auf der französischen Meteo-Seite Velivole.fr (auch bekannt und erreichbar unter Meteo.guru), gibt es neuerdings die Variable "Velitherm". Dahinter verbirgt sich die Umsetzung einer höhen-gestaffelten Thermikprognose nach den gleichen Prinzipien wie das Regtherm-Modells, allerdings eben nicht mehr nur auf größere Regionen, sondern auf lokale Punkte bezogen. Das könnte eine räumlich  deutlich differenziertere Thermikeinschätzung ermöglichen.

Als Basis dient das hochauflösende französische Modell Arome. Velivole-Betreiber Momtchil Momtchev lässt dessen Daten in ein vom ihm entwickeltes Modell zur Berechnung von Velitherm einfließen. Am Ende kann man sich die Variable Velitherm bezogen auf verschiedene Höhen über dem Gelände bzw. für Druckhöhen (z.B. 900, 850 oder 800 hPa) als farbcodiertes Overlay der Karten anzeigen lassen. 

Der Vergleich der lokalen Thermikstärke in verschiedenen Höhen kann dann z.B. helfen, jene Tage zu erkennen, an denen man besser höher gelegene Startplätze aufsuchen sollte, weil es in tieferen Bereichen viel zu stabil ist. Genauso macht das Modell deutlich, ob und ab wann im Tagesverlauf Thermiken überhaupt "durchziehen", was bei der Wahl eines möglichst frühen, aber eben nicht zu frühen Startzeitpunktes helfen kann. Die Daten stehen in stündlichen Schritten zur Verfügung.

Noch befindet sich die Velitherm-Prognose in einer Art Beta-Phase. Momtchev will die dahinter liegenden physikalischen Formeln im Laufe der Saison über den Abgleich mit realen Flugdaten noch mit passenden Korrekturfaktoren versehen. 

Derzeit sind die prognostizierten Steigwerte in der Regel etwas zu hoch, weil die Formeln unter anderem die Massenträgheit von Thermikblasen nicht berücksichtigen. Man sollte also nicht auf die absoluten Zahlenangaben vertrauen. Zum qualitativen Erkennen von relativ mehr oder relativ weniger thermikträchtigen Höhenschichten, möglichen Inversionen und für die Antwort auf die Frage, ob und wann eine Inversionen im Tagesverlauf überhaupt aufbricht, könnte Velitherm freilich schon jetzt durchaus hilfreich sein.


Mehr als nur Temperatur-Unterschiede

Velivole bzw. Meteo.guru liefern die Velitherm-Werte nicht nur für das Arome-Modell, sondern auch auf Basis von ICON-D2. Allerdings liegen die Grunddaten von Arome sowohl im horizontalen wie vertikalen Raster deutlich feiner vor, weshalb Momtchil Momtchev empfiehlt, eher dieses Modell zu nutzen.

Velitherm berücksichtigt übrigens, genauso wie das Regtherm-Modell, nicht einfach nur Temperaturunterschiede zwischen den vom Boden aufsteigenden Luftblasen und der Umgebungsluft. Auch der Feuchtigkeitsgradient und die sich daraus ergebenden Dichtedifferenzen werden als Thermiktreiber mit eingerechnet. 

Zudem fließt der vorherrschende Wind in die Formeln mit ein. Wind hat einen großen Einfluss darauf, wie schnell turbulente Vermischungsprozesse zwischen den Thermikblasen und der Umgebungsluft ablaufen. An Tagen mit stärkerem Bodenwind fallen die Thermikprognosen deshalb geringer aus als an Schwachwindtagen, auch wenn ansonsten die Luftschichtung identisch ist.


Hinweis: Wie gut und vertrauenswürdig die Velitherm-Prognosen tatsächlich sind, kann ich derzeit mangels Erfahrung damit noch nicht abschätzen. Dafür muss sich dieses neue Modell erst noch an echten thermischen Tagen beweisen. Für Meteo-Nerds könnte es aber interessant werden, in diesem Jahr des öfteren Regtherm-Prognosen mit den regional differenzierteren Velitherm-Daten zu vergleichen.