Die Burnair-Map als Website und App stellt eine besonders vielseitige Info-Quelle rund um die Flugplanung für Gleitschirmflieger dar. 


Startplatzdaten, Live-Windwerte, Skyways und
aktuelle Notams auf der Burnair-Map.
// Quelle: Burnair.cloud

Schweizer Taschenmesser sind ein Inbegriff dafür, ungeheuer viele Werkzeuge in einer kompakten Verpackung zu vereinen. Genau das lässt sich auch über die Website Burnair.cloud und die Smartphone-App Burnair Map (iOS / Android) sagen.

Es gibt für alles eine App, heißt es. Gleitschirmflieger haben schnell ein ganzes Dutzend der kleinen Helferlein für ihre Fliegerei auf dem Smartphone. Eine App zur Wetter-Einschätzung. Eine App fürs Regenradar. Eine App mit Startplatzinfos. Eine App mit Wanderkarten für Hike-and-Fly. Eine App zur Flugplanung. Eine App zur Anzeige von Live-Windwerten. Eine App fürs Livetracking. Eine App mit regionalen Thermikprognosen. Eine App zur Luftraumanzeige. Eine App zur Einschätzung von Hangneigungen. Eine App mit Webcam-Sammlungen. Und so weiter und so fort.

Der Schweizer Bernie Hertz, der seit Jahren Reisen und Events für Gleitschirmflieger organisiert, hat immer wieder beobachtet, was Piloten an Infos so brauchen und nutzen. Dabei stellte er fest, wie schwer es zuweilen sein kann, aus den verschiedensten Online-Quellen die relevanten Informationen zu ziehen. So kam er auf die Idee, ein Angebot zu lancieren, das möglichst viele dieser Bedürfnisse abdeckt.

 

Drei Abo-Varianten

Am Anfang stand die Flymap, eine kartenbasierte Startplatzdatenbank nur für die Schweiz, die neben den üblichen Positionsdaten gleich mit weiteren Info-Layern auftrumpfte: Landevolten, Packplätze, Aufstiegswege, aber auch nahe ÖPNV-Stationen und störende Hindernisse wie Seilbahnkabel waren dort eingezeichnet.

Luftraum-Overlay auf der Burnair-Map.

Bernie Hertz erkannte aber schnell: Auf der Basis eines geographischen Informationssystems (GIS) im Hintergrund lassen sich noch viel mehr interessante Daten auch aus externen Quellen integrieren und als Karten-Overlays in der Darstellung ganz nach Bedarf ein- oder ausschalten. Aus dem Projekt Flymap wurde bald die Burnair Map, die mittlerweile ganz Mitteleuropa abdeckt.

Die dafür nötige Serverleistung und der Programmieraufwand sind freilich so groß, dass das Angebot verständlicherweise für die Nutzer nicht mehr komplett kostenlos bleiben konnte. Die Burnair Map gibt es in drei Abo-Stufen: Free, Basic und Premium. Die Kosten belaufen sich auf 0 €, 59 € bzw. 129 € pro Jahr.

Den kompletten Funktionsumfang, der mitsamt von Wetter- und Thermikprognosen, einem Streckenplanungstool und eigenem Livetracking vor allem für Piloten mit XC-Ambitionen interessant ist, gibt es nur in der Premium-Version. (Nachträgliche Ergänzung: Das Livetracking gibt es mittlerweile auch in der Free-Version kostenlos, man muss sich allerdings registrieren). 


Auch "Free" schon nützlich

Abfrage Windmesswerte
auf dem Smartphone.

Netterweise bietet auch schon die Free-Variante viel Nützliches. Beispielsweise eine Karte mit allen Start- und Landeplätzen, die in der DHV-Datenbank erfasst sind. Diese kann mit einer Darstellung der Lufträume überlagert werden, samt Hinweisen auf tagesaktuelle Beschränkungen (Notams). 

Einblenden lassen sich lokale Hindernisse wie Seilbahnkabel oder Stromtrassen, die am Hang verlaufen. Markante Leebereiche wie auch gute Spots zum Aufsoaren im Talwind sind ebenso markiert. Zudem sind aktuelle Messwerte von lokalen Windstationen aus verschiedenen Messnetzen wie z.B. Holfuy frei abrufbar.

Interessant ist auch die Darstellung aktueller Livetracking-Daten, für die Burnair verschiedene Quellen anzapft. Dazu zählen neben über 100 von Burnair betriebenen Fanet-Bodenstationen auch das Open-Glider-Network (OGN), das Positionen von Varios mit Fanet- bzw. Flarm-Sendern erfasst. Das liefert einen guten Einblick, ob und wo gerade viele oder eher wenige Piloten in der Luft sind.

Zum echten Schweizer Taschenmesser wird die Burnair Map dann in der Vollversion (Premium-Abo). Ob sich die Investition von 129 Euro pro Jahr lohnen, muss jeder für sich entscheiden. Viele der Infos oder Services sind auch aus anderen Quellen zu beziehen, für die man nichts zahlen muss. Allerdings glänzt Burnair mit einer besonders nutzerfreundliche Aufbereitung der Daten. Sie ermöglichen die schnelle Einschätzung „auf einen Blick“.

 

Farbcodierte Thermikprognosen

Thermikprognosen auf Basis des Regtherm-Modells.


Ein gutes Beispiel sind die Thermikprognosen. Sie beruhen wie bei anderen (auch kostenpflichtigen) Anbietern auf dem ICON-Wettermodell des DWD. Aus dessen Daten errechnet das Modell Regtherm das Streckenflugpotenzial in typischen Flugregionen. Burnair setzt aber noch einen drauf: Anhand verschiedener Parameter wie Thermikstärke, Arbeitshöhe, Windstärke etc. werden die Regionen in Klassen eingeteilt und auf den Karten entsprechend eingefärbt, so dass das Flug- bzw. XC-Potenzial sehr plakativ ins Auge springt.

Rot steht z.B. für „Fliegen nicht empfohlen“, grau für schwache Thermikbedingungen mit Abgleiterpotenzial, gelb für regionale Thermikflüge, grün für eine gute XC-Region und blau deutet auf potentielle „Hammertagbedingungen“ hin. Die Karte liefert damit einen guten Überblick, wo in Mitteleuropa an einem Tag die besten Flugbedingungen für Gleitschirmflieger zu erwarten sind und welche man eher meiden sollte.

Südföhn in der Burnair-Prognose. 
Warnsymbole zeigen Turbulenzzonen.

Auch die Wetter-Prognosen sind so simpel wie von hohem Nutzwert. Hier setzt Burnair auf das Modell Icon-D2, das mit einem besonders feinen Raster von zwei Kilometern rechnet. Das ist vor allem für die Einschätzung der Wind- und Böensituation hilfreich. 

Burnair zeigt auf den Karten nicht nur einzelne Punktwerte des Windes in verschiedenen Höhenstufen an, sondern bezieht auch ein noch feineres Geländemodell mit ein. So werden auf den Karten alle exponierten Bereiche in der Landschaft, die besonders turbulent werden könnten, mit zusätzlichen Warnhinweisen versehen. Das ist u.a. bei der Einschätzung von Föhnlagen in den Alpen hilfreich.


Streckenplanung 

Bernie Hertz will mit der Burnair Map vor allem auch solchen Piloten ein Tool zur Verfügung stellen, die nicht schon die absoluten XC- und Meteo-Nerds sind. Das zeigt sich sehr gut an einer ganz eigenen Herangehensweise bei der Streckenplanung. 

Der Streckenplaner errechnet nötige Abflughöhen

Während die meisten üblichen XC-Planungstools vor allem darauf ausgerichtet sind, FAI-Dreiecke zu optimieren, unterstützt Burnair eine andere Idee: Bevor Piloten in ihrer Fliegerkarriere überhaupt so weit sind, große FAI-Dreiecke zu fliegen, werden sie erst mit kleineren Strecken viel Erfahrung sammeln wollen. Etwa zu der Frage: Wie hoch muss man an typischen Schlüsselstellen abfliegen, etwa bei Talsprüngen, um mit ausreichender Höhe auf der anderen Seite wieder Anschluss an die Thermik zu finden?

Im XC-Planungstool von Burnair kann man auf der Karte eine Strecke Wegpunkt für Wegpunkt einzeichnen. Zu dieser Strecke bekommt man dann ein sägezahnartiges Höhenprofil dargestellt. Darauf ist sofort zu erkennen: Wie hoch muss man an einem Punkt aufdrehen, um den nächsten gesetzten Wegpunkt sicher zu erreichen? Die geplanten Routen können am Ende in verschiedenen Formaten für beliebte Fluginstrumente wie die von Skytraxx, Naviter Oudie oder XCTrack heruntergeladen werden.

 

Livetracking

Am Smartphone lassen
sich andere Piloten
im Livetrack verfolgen.

Selbst im Flug ist die Burnair Map hilfreich. Die App bietet einen In-Flight-Modus, mit dem man auch in der Luft relevante Infos abrufen kann: Zum Beispiel die Live-Windwerte umliegender Stationen, die nächsten Landeplätze, ein alle 5 Minuten aktualisiertes Regenradar, etc.

Premium-Kunden können ihre Flüge sogar im Sekundenrhythmus live tracken und später unter „Meine Flüge“ zur Nachbetrachtung wieder aufrufen. Da die App in Funklücken alle Trackpunkte zwischenspeichert, zeigt die Flugspur am Ende auch keine Aussetzer.

Insgesamt ist die Funktionsvielfalt der Burnair Map so groß, dass hier gar nicht alles vorgestellt werden kann. Es lohnt sich aber, auf der Seite ein bisschen zu stöbern und sich die App zu installieren. Wer sich bei Burnair registriert, kann für einen Testzeitraum von drei Tagen (auf Anfrage auch länger) den vollen Funktionsumfang testen, bevor man sich für ein mögliches Abo entscheidet.

Am Ende noch ein Tipp: Auf dem Youtube-Kanal von Burnair gibt es etliche Videos, in denen Bernie Hertz auch die versteckteren Funktionen der Burnair Map vorstellt und erklärt. Sie helfen sehr, um zu verstehen, wie man den größten Nutzen aus der Datenfülle ziehen kann. Auch das Burnair-Help-Center ist immer einen Blick wert. 

Neuerdings gibt es auch noch Burnair TV – wo es zum Thema Burnair Map diverse strukturiert aufbereitete Videos gibt.

Deja-vu? Der Text ist bis hierher eine nur minimal veränderte Fassung eines Beitrags, der kürzlich im DHV-Info 232, S.72 ff. erschienen ist. 



Nachtrag & Einschätzung

Der obige Text beinhaltet in erster Linie eine Beschreibung wichtiger Funktionen von Burnair. Es ist aber kein Test und keine Bewertung. Dennoch werde ich immer mal wieder mal gefragt, wie ich den Nutzen von Burnair einschätze und ob ich ein Abo als lohnend erachte? Darum hier noch eine kleine Ergänzung. 

Grundsätzlich halte ich Burnair vom Funktionsumfang her für die aktuell "kompletteste" App für Gleitschirmflieger (mit Schwerpunkt Alpen). Man bekommt tatsächlich viel Mehrwert fürs Geld, und das auch noch durchaus sehr praxisorientiert auf die Info-Bedürfnisse von Piloten zugeschnitten. Sie sollte eigentlich auf keinem Paragleiter-Smartphone fehlen. Gerade weil auch schon die Variante mit Free-Abo so ungeheuer hilfreiche Infos bietet, die man sich sonst erst aus vielen anderen Quellen zusammensuchen muss: u.a. Startplatzdatenbank, statische Thermikkarten, Live-Windwerte, tagesaktuelle Notam-Hinweise, Livetracking-Übersicht (wo wird aktuell geflogen) etc.

Ob man sich am Ende auch ein kostenpflichtiges Abo leisten sollte, muss jeder anhand seiner Bedürfnisse selbst beurteilen. Ich denke, dass Burnair vor allem dann sein Geld wert ist, wenn man die Website und App tatsächlich zu seiner Hauptseite für Flugplanung und -entscheidungen macht, d.h. sie wirklich regelmäßig nutzt und dann auch kennt. Denn das Info-Angebot der Burnair-Map, die Menge an möglichen Karten-Overlays ist so groß, dass man bei nur gelegentlichem Zugriff möglicherweise viel Nützliches verpasst oder einfach mit der Bedienung zu kämpfen hat.

Der riesige Funktionsumfang von Burnair ist letztendlich ihr Ass aber auch Nachteil zugleich. Die App verlangt einiges an Einarbeitung, bis man als Nutzer überhaupt verstanden hat, wann welche Grundansicht in Kombination mit welchem Overlay hilfreich ist, und wie man schnell verschiedene Anzeigen zu- und abschalten kann, um auf dem Bildschirm noch den Überblick zu behalten.

Wenn man mit der Webversion von Burnair arbeitet – und das ist ein wichtiger Tipp! – kann man sich der Einfachheit halber verschiedene Grundeinstellungen bzw. Anzeigevarianten via Link als Lesezeichen abspeichern und dann schnell in der gewünschten Ansicht aufrufen. Bei der App am Smartphone ist das nicht so direkt möglich. Hier wird man sich manchmal einfach "simplere" Apps wünschen, bei denen man mit einem Fingertipp aufs App-Symbol genau die speziellen Infos geliefert bekommt, die man erwartet, anstatt erst noch viel Auswahl treffen zu müssen.

Nachtrag: Neuerdings lassen sich in Burnair auch eigene Ansichten definieren und abspeichern. Die lassen sich dann auch auf dem Smartphone innerhalb der App schneller abrufen. Wie das geht, ist in einem Burnair.tv-Video erklärt.