Die Meteo-Analyse zeigt leider häufig: fünf Wettermodelle, fünf Lösungen. Was man aus der Streuung der Ergebnisse herauslesen kann 

Ein Modellvergleich gibt gute Hinweise auf die 
Sicherheit von Vorhersagen. // Quelle: Meteoblue

Wir hätten es gerne so einfach: Man schaut in die Vorhersagen eines Wettermodells und weiß dann schon mehrere Tage im Voraus genau wie das Wetter wird, Ob es regnet, aus welcher Richtung der Wind weht und wie stark er ist. Leider trifft das in der Praxis nur selten genau so zu.

Bei den Wetterprognosen wird uns immer wieder ein Satz vor Augen geführt, der dem früheren britischen Premier Winston Churchill zugeschrieben wird: "Prognosen sind schwierig, besonders wenn sie die Zukunft betreffen.“ 

Die Wettermodelle sind noch lange nicht so gut, als dass sie all die kleinen und großen chaotischen Umlagerungs- und Durchmischungsprozesse, die sich in der Atmosphäre abspielen, immer genau abbilden könnten. Man sollte ihre Daten stets nur als Schätzungen oder Näherungen betrachten. Sie sind hilfreich, aber nie exakt!

Besonders deutlich wird das, wenn man für einen Prognosetag nicht nur ein Wettermodell betrachtet, sondern gleich mehrere. Dann weiß man oft nicht mehr, worauf man sich verlassen soll. Die Ergebnisse können stark voneinander abweichen. Das eine Modell zeigt Wind aus Südwest, das andere aus Nordwest. Das eine zeigt Sonnenschein, das andere liefert Regensignale. Was stimmt denn nun?

Diese Frage lässt sich meist erst im Nachhinein beantworten. Und wer das immer wieder nachschaut, wird auch feststellen: Mal hat das eine, mal das andere Modell Recht behalten. Es gibt derzeit kein Wettermodell, das grundsätzlich immer als das beste und zuverlässigste ist!


Prognostische Unschärfe

Modellvergleich in Meteoblue:
Tag 3 sticht einheitlich ins Auge

Wer sich mit dem Thema Flugwetter beschäftigt, muss zwangsläufig lernen, mit der prognostischen Unschärfe zu leben. Es kann immer auch anders kommen als eigentlich erwartet. Aber gerade der Vergleich der Prognosen mehrerer Modelle kann sehr hilfreich sein, um mehr Sicherheit zu gewinnen.

Grundsätzlich gilt die Regel: Je mehr sich die Vorhersagen möglichst vieler verschiedener Modelle für das Wetter an einem bestimmten Tag ähneln, desto mehr kann man sich darauf verlassen, dass es auch tatsächlich so eintreffen wird. Dabei müssen die Modellergebnisse keineswegs identisch sein!

Abweichungen zum Beispiel in der Windrichtung von plus/minus 15 Grad oder in der Windgeschwindigkeit von plusminus 2 km/h sind durchaus akzeptabel. 

Erst wenn ein oder mehrere Modelle mit ihren Prognosen völlig aus dem Rahmen fallen, z.B. starken Regen vorhersagen, während die anderen nur strahlenden Sonnenschein anzeigen, ist Vorsicht geboten. Solche Tage können nicht als „eindeutige“ Flugtage angesehen werden, an denen man getrost eine längere Anfahrt ins Fluggelände in Kauf nehmen kann.

Wenn es um die Einschätzung des aktuellen Tages geht, kann man als zusätzliche Hilfestellung die Modelldaten mit der realen Wetterentwicklung abgleichen. So lässt sich prüfen: Welches Modell liegt für diesen Tag am nächsten? Mehr dazu am Ende dieses Textes.

Zunächst ein Hinweis auf die Quellen, wo man besonders einfach und übersichtlich an den Vergleich verschiedener Modelle herankommt. Dabei handelt es sich immer um Punktprognosen. Sie geben Auskunft darüber, welches Wetter an einem bestimmten Ort in den nächsten Tagen zu erwarten ist.

Dargestellt werden die Vergleiche der Punktprognosen typischerweise mit einfachen Wettercharaktersymbolen (Sonne, Wolken, Regen) und Angaben des bodennahen Windes mit Richtung und Stärke. 

Achtung: Für eine umfassende Flugwetterprognose reicht das nicht aus, denn diese sollte immer auch den Höhenwind berücksichtigen! Wenn man aber in den Modellvergleichen schon Tage erkennt, die in den meisten Modellen nach einem guten Flugtag aussehen, lohnt es sich, für eben diesen Tag eine genauere Analyse zu starten.

Übersichtliche Modellvergleiche finden sich im Internet auf den Seiten von Windy.com und Meteoblue.com.


Windy.com

Modellvergleich anhand einer Punktprognose für
Bassano: Die ersten drei Tage sehen einheitlich
"fliegbar" aus, erst danach streuen die Modelle.
// Quelle: Windy.com

Bei Windy gelangt man zu den Punktprognosen, indem man mit der rechten Maustaste auf den gewünschten Punkt in der Karte klickt. Es öffnet sich ein kleines Menü. Dort wählt man „Vorhersage für diesen Ort“. 

Nun erscheint unten im Fenster ein Balken mit der Wetterentwicklung für die nächsten Tage an diesem Punkt. Darunter befinden sich weitere Auswahlmöglichkeiten. Klickt man auf „Vergleichen“, so öffnet sich ein großes Übersichtsfenster mit den Daten aller in Windy verfügbaren Modelle für diesen Punkt.

Beim Vergleich ist darauf zu achten: 
  • Zeigen möglichst alle Modelle einen ähnlich guten Wettercharakter ohne Niederschlag? 
  • Liegt die angezeigte Windstärken in allen Fällen im fliegbaren Bereich? 
  • Passt die Windrichtung immer zu meinem geplanten Fluggebiet? 
Dann lohnt es sich, einen solchen Tag als Flugtag einzuplanen und für diesen noch einen genaueren Flugwettercheck zu machen. Dazu gehören Fragen hier: Was macht der Höhenwind, was ist an Thermik zu erwarten?

Speziell für den Wind bietet Windy noch einen kompakteren Modellvergleich. Dieser wird angezeigt, wenn man nach der Auswahl des Vorhersageortes in der untersten Zeile auf die Darstellung „Wind“ klickt. Auch hier sind alle von Windy verfügbaren Modelldaten übereinander angeordnet, sowohl mit Windstärke als auch Windrichtung.

Besonders hilfreich ist hier die von Windy gewohnte Farbcodierung der Windstärke. Man sieht schnell, ob alles im bläulichen Bereich, für Gleitschirmflieger brauchbaren Bereich bleibt, oder ob einige Modelle schon grüne oder gar gelb unterlegte Werte liefern. Solche Tage sind als Flugtage mit Vorsicht zu genießen.


Beispiel Meteoblue.com

Multi-Modell-Ensemble von Meteoblue.com

Der Schweizer Wetterdienst Meteoblue berechnet eine Reihe eigener Modelle (NEMS / NMM) in verschiedenen räumlichen Auflösungen. Außerdem greift er auf die Daten anderer Wetterdienste zurück. Auf der Website werden zwei Arten von Modellvergleichen angeboten: „Multimodell“ und „Multimodell-Ensemble“.

Um diese aufzurufen, muss man zunächst in der Ortssuche den gewünschten Ort eingeben. Ist dieser ausgewählt, klickt man auf das Fernglas-Symbol in der linken Randspalte. Es erscheint ein Popup-Menü mit weiteren Auswahlmöglichkeiten, darunter auch „Multimodell“.

Bei „Multimodell“ werden die Ergebnisse als Symbolbild-Wetter für bis zu 20 Modelle gleichzeitig dargestellt. Im Gegensatz zu Windy liefert Meteoblue zusätzlich eine Kurvendarstellung wichtiger Parameter wie Niederschlag, Windstärke und Windrichtung. Je näher diese Kurven bei allen Modellen beieinander liegen, desto wahrscheinlicher ist ein solches Ergebnis. Das ist vor allem im Hinblick auf Fragen interessant wie: Gibt es eindeutige Regenzeiten? Liegt die Windstärka an einem Tag überhaupt im fliegbaren Bereich?

Eine gute Hilfe ist auch die Option des Multimodell-Ensembles. Hier gibt es nur die Kurvendarstellung vieler Modellergebnisse. Interessant ist da vor allem der Blick auf die Wolkenbedeckungs- und Windgrafiken. Tage mit wenig Wolken (<50%), einer Windgeschwindigkeit von grundsätzlich unter 20 km/h und einer weitgehend einheitlichen Windrichtung werden die besseren Flugtage sein.



Modelle vs. Realität

Die Prognose (r.) stimmt mit dem aktuellen
Satellitenbild (l.) überein. Für den aktuellen Tag
kann man dem Meteo-Modell trauen.
// Quelle: Windy.com


Auch für den aktuellen Tag empfiehlt sich ein Modellvergleich. Typischerweise liegen hier die Ergebnisse der Modelle zwar schon recht nahe beieinander. Unterschiede zeigen sich vor allem noch in der zeitlichen Entwicklung des Wetters: Kommt eine Winddrehung früher oder später am Tag? Wann zieht das Wolkenband rein, etc.?

Für solche Fragen ist Windy wieder sehr hilfreich. Mit einem Trick kann man sehr gut abschätzen, welches Modell am besten zur realen Wetterentwicklung passt. 

Dazu schaut man sie die Darstellung des aktuellen Regenradars bzw. des Satellitenbildes an und vergleicht sie mit den Niederschlags- bzw. Wolkenprognosen verschiedener Modelle für den gleichen (aktuellen) Zeitpunkt. Das Modell, dessen Vorhersage von Wolken und Regen räumlich am besten mit dem Ist-Zustand übereinstimmt, sollte dann für die weitere Abschätzung des Tages bevorzugt werden. 

Hilfreich ist es auch, sich in Windy die realen Messwerte von Windstationen anzeigen zu lassen. Diese können dann mit den Windprognosen der Modelle verglichen werden. Je besser das Gros der Stationsdaten in einer Region mit den Modellprognosen von Windrichtung und Windstärke übereinstimmen, desto mehr kann man den Vorhersagen des entsprechenden Modell an diesem Tag vertrauen.


Deja-vu? Dieser Text ist in einer leicht abgewandelten Form kürzlich im DHV-Magazin 243 erschienen. Wenn Dir die Meteo-Infos von Lu-Glidz weiterhelfen, dann unterstütze doch meine Arbeit als Förderer