Burnair ist als App in vielerlei Hinsicht hilfreich. Doch das Erfolgskonzept hat auch ungewollte Schattenseiten

An der Schwarzhanskarspitze gilt jetzt ein Flugverbot
// Quelle: Burnair, F. Sonnweber, bearbeitet

Im Lechtal liegt östlich von Forchach die Schwarzhanskarspitze. Es ist seit Jahren ein beliebter Hike-and-Fly Startplatz der lokalen Flieger-Community. In jüngerer Zeit kamen allerdings immer mehr Gleitschirmflieger auch aus ganz anderen Regionen dorthin. Der Auflauf wuchs und wurde Landwirten und Jägern zunehmend zum Dorn im Auge – und zwar derart, dass sie beim Gemeinderat vorstellig wurden. Das Ergebnis ist ein Ratsbeschluss, dass an der Schwarzhanskarspitze fortan ein allgemeines Flugverbot gilt. 

Einer der Auslöser dafür, dass die Schwarzhanskarspitze einen derart verstärkten Zulauf erlebte, dürfte die bekannte Flieger-App Burnair gewesen sein. Es ist noch gar nicht so lange her, dass die inoffizielle Startmöglichkeit am Gipfel in die Datenbank der H&F-Startplätze aufgenommen wurde. 

Weil immer mehr Gleitschirmflieger diese App nutzen, um zu guten Thermik- und Wetterprognosen passende Flugmöglichkeiten zu finden, werden manche Startplätze fast zwangsläufig aus einem Dornröschenschlaf erweckt, sobald sie in Burnair auftauchen. Andere erleben geradezu einen Boom.


Die blaue Verlockung

Auch aus anderen Regionen werden solche "Burnair-Effekte" kolportiert. Wenn in den Thermikprognosen der App Flugregionen mit besonders vorteilhaften Flugbedingungen farblich hervorgehoben werden, wirkt das wie ein Magnet. 

Blaue Thermikregionen 
als Pilotenmagneten
// Burnair, Screenshot

Das gilt vor allem für die Farbe blau, die in Burnaur für "potentielle Hammer-Bedingungen" steht. Viele Piloten verlassen sich darauf und wollen natürlich in der tagesaktuell "besten" Region in die Luft gehen. Vor allem in der Schweiz ist zunehmend zu beobachten, wie dann in blauen Gebieten zuweilen ganze Horden die passenden Startplätze belagern und auch die Luft vor Schirmen brennt. 

Verstärkt wird dieser Effekt noch dadurch, dass an solchen Tagen zwangsläufig auch im Burnair-Livetracking in diesen Regionen besonders viele Gleitschirmsymbole auftauchen. Wer das aus der Ferne betrachtet, wird daraus den Rückschluss ziehen, dass so viele Flieger ja nicht irren können und dort tatsächlich die besten Bedingungen herrschen müssten. Die Bereitschaft, beim nächsten Mal ebenso dem von Burnair angefachten Hordentrieb zu folgen, steigt fast zwangsläufig.

Vermutlich ist dabei auch eine gehörige Portion FOMO mit im Spiel. Diese Fear Of Missing Out, die Angst, die vielleicht besseren Flugbedingungen der anderen zu verpassen, ist ja schon durch Social-Media tief in den Genen der Insta-Fliegergeneration verankert. Auch für Burnair gehört sie indirekt zur Basis des Geschäftsmodells. Selbst wenn die daraus erwachsenden Folgen ganz sicher nicht die Intention der Burnair-Macher ist.

Gibt es eine Lösung für dieses Dilemma? Im Grunde bliebe wohl nur die unpopuläre Option, die Informationstiefe von Burnair einzuschränken. 

Der Startplatz Schwarzhanskarspitze ist aktuell übrigens noch immer bei Burnair gelistet. Nur wenn man ins "Kleingedruckte" der Gebietsbeschreibung schaut, findet man dort seit heute den Hinweis: "Die Gemeinde Forchach hat ein Startverbot verfügt". 

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Anmerkung: Dieser Text soll kein Burnair-Bashing sein. Ich bin ein großer Fan der App und weiß deren Leistung und Vorteile gerade in der Aufbereitung von Startplatz- und Meteo-Daten für eine sicherheitsorientierte Beurteilung lokaler Flugbedingungen zu schätzen. Allerdings halte ich es für wichtig, auch die möglichen negativen Nebeneffekte solcher Angebote im Blick zu behalten. Ich spreche da auch aus eigener Erfahrung.

Wer Lu-Glidz seit den Anfängen des Blogs verfolgt hat, der erinnert sich vielleicht daran, dass ich selbst über Jahre hinweg jeden Freitag ein "Wochenendwetter" für meine fliegerische Heimat rund um die Eifel herausgegeben habe. Das war zu Zeiten als es noch kein Windy, kein Meteo-Parapente, kein Burnair o.ä. gab. Auch damals schon machte ich die Erfahrung, dass mein "Service", zu dem passende Startplatzempfehlungen gehörten, zuweilen eine stark lenkende Wirkung entwickelte. An manchen Tagen kam es zur regelrechten Überfüllung von Startplätzen, mit typischen Kommentaren wie: "Der Lucian hat doch geschrieben, dass es heute hier besonders gut geht."

Ich zog damals die Konsequenz daraus, die Wochenendwetterlage nur noch allgemein zu beschreiben, aber in den Posts keine expliziten Empfehlungen mehr zu geben. Später habe ich dann sogar ganz auf den Meteo-Service "Wochenendwetter" verzichtet und mich stattdessen verstärkt darauf verlegt, lieber mit Texten und Seminaren bei den Piloten die Fähigkeit zur eigenen Wetter-Einschätzung zu fördern.


Hast Du schon mal so einen Burnair-Effekt erlebt, wenn ein Hammertags-Blau in den Prognosen oder andere Infos in der App zu ungewohnt vollen Startplätzen führte? Siehst Du eine Möglichkeit, diese Kehrseiten solcher Info-Angebote abzumildern? Schreibe Deine Erfahrungen und Vorschläge in die Kommentare. (Wichtig: Gib dabei Deinen vollen Namen an. Anonyme Kommentare werden auf Lu-Glidz nicht freigeschaltet).