Seit 10 Jahren gibt es das "Nova Pilots Team". Ein guter Anlass, sich die Ideen und Strukturen dahinter einmal erklären zu lassen. Lu-Glidz sprach mit Team-Manager Till Gottbrath.

Das Nova Pilots Team beim Jahrestreffen zum 10-jährigen Bestehen.
// Quelle: Nova
Im Oktober 2006 gründete Nova sein Nova Pilots Team und beschritt damit Neuland. Es war das erste von einem Gleitschirmhersteller gesponserte Team, das nicht auf den klassischen Race-to-Goal-Wettkampf mit Hochleistern ausgerichtet war. Stattdessen steht das erfolgreiche Streckenfliegen mit "Normalschirmen" im Vordergrund. 

Das Konzept erwies sich als äußerst erfolgreich - in mehrfacher Hinsicht. Seit Jahren stehen Teampiloten mit Nova Schirmen auf den vordersten Plätzen der XC-Contests. Das Image der Mentor-Baureihe als besonders gute Streckenflugschirme der EN-B-Klasse wurde durch die Leistungen der Teampiloten stark befördert. Zugleich ist das Nova Pilots Team mit den Jahren immer weiter gewachsen und stellt heute das größte Markenteam der Gleitschirmszene dar. 

Die Mitglieder engagieren sich nicht nur sportlich, sondern auch auf anderen Wegen als Markenbotschafter. Ungeplant, aber dennoch konsequent, hat sich das Nova Pilots Team für den Hersteller sogar als gute Personal-Rekrutierungsquelle erwiesen. Mehrere Mitarbeiter, aber auch die Importeure in Italien und Slowenien, sind schon aus dem Pilotenteam hervorgegangen.

Till Gottbrath ist der PR-Manager von Nova. Er war es, der vor zehn Jahren die Idee zum Nova Pilots Team hatte. Als dessen Kapitän treibt er die Teamentwicklung immer weiter voran. Sein jüngstes Projekt ist der Aufbau eines "Flachland"-Teams in Deutschland. Die Bewerbungsphase läuft. Im Gespräch mit Lu-Glidz gewährt Till Einblicke in das Konzept und die Hintergründe des Nova Pilotenteams.


Till Gottbrath ganz gerührt, nachdem er beim
jüngsten Teammeeting von den anderen Piloten
eine "Captain"-Jacke geschenkt bekam.
// Quelle: Nova
Till, das Nova Pilots Team wurde vor zehn Jahren gegründet. Du warst der Initiator und bist bis heute der Teammanager. Wie kam es zu dieser Idee?
Till Gottbrath: Bevor wir das Nova Pilots Team gestartet haben, waren alle Teams immer auf das Wettkampffliegen ausgerichtet. Du hast als Hersteller entweder den besten Schirm gebaut, und dann kamen alle Piloten an, so wie es momentan bei Ozone mit dem Enzo läuft, oder Du hast dir halt gute Leute eingekauft. Alles drehte sich um die Wettkampfszene. Damals haben wir allerdings erkannt – oder besser gedacht – dass das nicht mehr die große Zukunft ist. Es kam zu der strategischen Entscheidung, sich auf normale Schirme für normale Leute zu konzentrieren, diese Schirme aber auch leistungsstark zu machen. Dazu passte die Idee, diese Philosophie mit einem Nova Pilots Team zum Ausdruck bringen. Unsere Piloten sollten aber eben nicht Rennsemmeln fliegen, sondern normale Schirme.

Kurz zuvor, im Sommer 2006, wurden die ersten FAI-Dreiecke mit mehr als 200 Kilometer mit einem B-Schirm bzw. damals einem 1-2er von Nova geflogen. Hat das die Idee für so ein Team mit befördert?
Till: Das lief mehr oder weniger parallel und passte wunderbar zusammen. Marcel Dettling und Adrian Lutz, die beiden 200er-Piloten von damals, gehörten jedenfalls zu den Teampiloten der ersten Stunde.

Mit wie vielen Piloten ist das Team denn damals gestartet?
Till: Das weiß ich gar nicht mehr so genau. So elf oder zwölf. Das waren vorrangig Piloten, die sowieso schon Nova-Schirme flogen und das Konzept der Streckenfliegerei mit B-Schirmen schon praktizierten oder in Erwägung zogen. Damals gab es keine Ausschreibung. Wir haben die angesprochen, die wir kannten und schätzten.

Und wie groß ist das Pilots Team heute?
Till: Wenn man aktuell auf der Webseite schaut, sind wir so um die 75 Mitglieder weltweit. Zusätzlich gibt es in der Schweiz noch das von Urs Haari betreute High Adventure Serien Team, das ganz ähnlich funktioniert, aber selbstständig agiert.

Wie wird man überhaupt Mitglied im Nova Team. Kann sich jeder einfach bewerben, das heißt ein Pilot schickt Dir eine Email?
Till: Ja, im Prinzip läuft es so. Der erste Kontakt ist wirklich per Email (Till [at] nova.eu). Darin beschreiben die Leute meist formlos wer sie sind und was sie machen. Ist die Bewerbung grundsätzlich interessant, folgt ein relativ intensiver Auswahlprozess. Man muss aber sagen, dass wir ziemlich voll sind. Wir können und wollen das Team nicht endlos aufblasen. Wir wollen nicht, dass da nur ein paar Jungs oder Mädels auf der Website stehen, die sich aber gar nicht kennen. Wir investieren viel Zeit und auch Geld in den Aufbau eines Teams mit echtem Teamspirit.

Wieviel Erfahrung muss ich als Pilot denn mitbringen?
Till: Wenn einer gerade den B-Schein gemacht hat und als weiteste Strecke 15 Kilometer vorzuweisen hat, dann ist das vielleicht noch ein bisschen früh. Wir stellen zwar nicht Leistung über alles. Aber man sollte schon als Streckenflieger ein bisschen weiter geflogen sein. Das Pilots Team ist schließlich keine Flugschule.

Und was hat ein Pilot davon, Mitglied im Team zu sein, außer der Ehre natürlich?
Till: Er bekommt ein T-Shirt, Cap, Speedarms. Vorrangig attraktiv für die Piloten ist aber, dass sie die Schirme vergünstigt erhalten. Dabei gibt es zwei Stufen. Man kann A- oder B-Pilot sein. Wer sich mehr, egal wie, engagiert oder fliegerisch starke Leistungen bringt, wird A-Pilot. Der Status kann sich freilich von Jahr zu Jahr verändern. Aber A-Pilot zu sein ist schon sehr attraktiv. Das Wertvollste ist allerdings, dass man dazu gehört. Das Team ist mit seiner Offenheit und der Bereitschaft, Wissen und Erfahrungen weiterzugeben, einerseits Heimat für die Piloten und andererseits ein toller Nährboden, um sich fliegerisch weiterzuentwickeln.

Die "Piloten des Jahres 2016" von Nova: Simon Oberrauner (links) und
Bernie Pessl (rechts) wurden für herausragende Leistungen im
Bordairline Adventure Race und im XContest geehrt.
Chris Bessei (Mitte) bekam einen Fairness-Award, weil er an einem
der besten Streckenflugtage des Jahres seinen Flug abbrach, um einem
anderen Piloten zu helfen, der die Rettung ziehen musste.
// Quelle: Nova
Und wer sportlich ganz vorne steht, bekommt dann noch extra Prämien?
Till: Nein. Erfolgsprämien für Platzierungen oder sonst etwas schreiben wir bewusst nicht aus. Wir wollen die Leute eher ermutigen an einem zweifelhaften Tag lieber landen zu gehen, anstatt zu sagen: „Augen zu und durch. Wenn ich jetzt hier durchballere, dann habe ich die Chance mir so und so viel Geld zu verdienen oder meinen nächsten Schirm umsonst zu bekommen.“

Inwiefern werden die guten Teampiloten nicht nur gefördert, sondern auch gefordert? Sagt ihr zum Beispiel: „Wir haben jetzt den neuen Phantom, den musst Du in der nächsten Saison fliegen!“ So etwas müsste doch im Interesse Novas sein. Ein guter Schirm plus ein guter Pilot verspricht eine gute Platzierung, und das wäre dann bestens fürs Marketing.
Till: Uns wird oft unterstellt, wir würden den Teampiloten vorschreiben, was sie zu fliegen haben. Die sind aber absolut frei. Natürlich haben wir auch Wünsche. Ich würde mir zum Beispiel wünschen, dass viele Teampiloten im nächsten Jahr mit einem Phantom gut fliegen. Aber es ist nicht so, dass wir sagen: Hey, jetzt kommt der neue Triton, nächstes Jahr musst Du Triton fliegen. Und dann musst du Prion fliegen, und dann wieder Mentor, dann wieder Ion. Die Piloten können sich schon selbst aussuchen, was sie machen.

Schaut man sich die Namensliste der Teampiloten an, so gibt es auch einige, die gar nicht vorne in den XC-Contest-Rängen auftauchen. Wie passen die ins Konzept des Nova-Teams?
Till: Wir sehen Teampiloten nicht vorrangig als Spitzensportler, sondern als Markenbotschafter. Und da führen halt viele Wege zum Ziel. Der eine fliegt ganz vorne mit, der andere macht Videos, der nächste schreibt eher oder macht Fotos. Die Piloten sollen begeistern und die Schönheit des Sports zeigen. Der Weg dahin führt nicht allein über sportliche Leistung. Vorrangig natürlich schon, aber eben nicht ausschließlich.

Mittlerweile gibt es auch von anderen Marken Pilotenteams. Haben die Nova kopiert?
Till: Das kann ich nicht sagen, ich kenne deren Strukturen nicht. Es fällt aber auf, dass auch andere sich von den Wettkampfteams abwenden und sich auf normales Streckenfliegen konzentrieren. So gesehen ist das im weitesten Sinn eine Kopie des Nova-Konzeptes. Ich habe aber nicht den Eindruck, dass diese Idee bei irgendjemand so konsequent durchgezogen wird wie bei Nova.

Ist das Pilots Team Novas effektivste Marketingmaßnahme?
Till: Da bin ich als Teammanager voreingenommen, das müsste jemand von außen beurteilen. Ein modernes Marketing ist ja immer eine Verzahnung von Maßnahmen. Die eine ist, dass Du etwas zu erzählen hast, die andere aber auch, dass Du es erzählst und wie du es erzählst. Das Pilots Team eröffnet hier viele Möglichkeiten. Es war auf jeden Fall keine Fehlentscheidung, das so zu machen.

Wie kommuniziert das Team denn untereinander?
Till: Erst mal ganz normal persönlich, per Telefon und per E-Mail. Daneben haben wir aber die Team-Info-Plattform. Das ist eine Art Forum, ein großes Nachschlagewerk, wo sich die Leute verabreden und austauschen können. Außerdem gibt den Team-Blog, in dem jeder schreiben kann. Das ist auch wirklich ein aktiver, lebendiger Blog. Er ist unterhaltsam und für jedermann auch extern zu lesen.

Trägt die Team-Info-Plattform dazu bei, dass bei einem besonders guten Streckenflugtag gleich immer ein halbes Dutzend Piloten in roten Nova-Team-Shirts an der Grente auftauchen?
Till: Sie erleichtert die Absprache für solche Vorhaben zumindest enorm. Die Plattform wird aber auch von unserem Designteam um Philipp Medicus systematisch genutzt, um Feedback zu Schirmen und Gurtzeugen einzuholen. Das ist für die Entwicklung ein sinnvolles Tool.

Welche Rolle spielt das Team denn bei der Weiterentwicklung der Nova-Schirme?
Till: Es gibt eine Reihe von Piloten, die auch mal schon Prototypen zur Verfügung gestellt bekommen, um Feedback zu geben. Etliche Ideen oder Details gehen auf deren Rückmeldungen zurück. Die Speedbrake zum Beispiel war die Idee von Robert Schaller. Es ist natürlich cool, wenn man Leute hat, die sich so engagieren.

Nova will als nächstes auch noch ein deutsches Flachland-Team aufbauen. Worum geht es dabei?
Till: Wir suchen Piloten mit ähnlichem Profil wie wir es in den Alpenregionen schon haben. Bisher haben wir vergleichsweise stark den Fokus auf die Berge gesetzt. In den Alpen wird meistens weiter, oder zumindest nach Punkten gemessen besser geflogen. Wir glauben aber, dass auch im Flachland sehr viel mehr möglich ist. Wir wollen deshalb das gleiche Team-Konzept nach Norden in die nicht alpinen Regionen ausdehnen.

Was zählt für Nova alles zum Flachland?
Till: Unsere Vision ist, das Team möglichst gleichmäßig auf die typischen Flugregionen nördlich der Alpen auszudehnen. Altes Lager und Co, dann die ganzen Gebiete an der deutsch-tschechischen Grenze, die Moselregion, der Harz, die Rhön, die schwäbische Alb, der Schwarzwald, Franken und der Bayerwald. Das Ziel sind so zehn bis zwölf Leute. Als Teamkapitän haben wir Thoralf Hase.

Bis wann soll das neue Flachlandteam stehen?
Till: Die erste Bewerbungsrunde läuft noch bis Ende Oktober. Anfang 2017 soll es dann losgehen.

Wie groß ist bisher das Interesse?
Till: Wir haben schon knapp 30 Bewerbungen. Und da sind auch eine Reihe ganz guter Piloten dabei. 

Till, Danke für das Gespräch.