Seit 1. Oktober ist Guido Reusch neuer Sekretär des Herstellerverbandes PMA (Lu-Glidz berichtete). Gleich zu Beginn der Amtszeit hatte dieser auf seiner Facebookseite mitgeteilt, dass die Auseinandersetzung der Hersteller mit den Ergebnissen der DHV Safety-Class-Test eine der zentralen Aufgaben Reuschs sein werde. So war abzusehen, dass der DHV künftig verstärkt damit rechnen müsste, in puncto Safety-Class-Tests von den Herstellern kritisch hinterfragt zu werden. Eine erste Runde hat die PMA jetzt mit einem öffentlichen Statement eingeläutet.
In der "allgemeinen Stellungnahme zur DHV Safety Class" fordert die PMA zum einen vom DHV, den Herstellern nicht nur die Endnoten, sondern auch die kompletten Messdaten der Testflüge der Safety-Class-Tests ihrer jeweiligen Schirmmodelle zur Verfügung zu stellen. "Die Mitglieder der PMA möchten aus den Daten lernen und von vornherein Ihre Schirme besser abstimmen. Dies ist jedoch allein mit den Ergebnissen nicht zu erreichen, sondern bedarf der Aufzeichnungsdaten", heißt es in dem Schreiben.
Zum anderen zeigt das Statement auch, wo die PMA die kritik- bzw. diskussionswürdigen Punkte der Safety-Class sieht. Inhaltlich lässt sich das in folgenden Fragen zusammenfassen (die Fragen wurden zum leichteren Verständnis von Lu-Glidz formuliert, es handelt sich nicht um Originalzitate): Auf welcher Wissensbasis bzw. wie willkürlich wurden die Grenzen der einzelnen Sicherheitsklassen festgelegt? Sind Messgeräte kalibriert und die Aufzeichnungssoftware validiert? Fließen meteorologische Bedingungen in die Berechnungen mit ein? Warum testet der DHV nur jeweils eine Schirmgröße, überträgt die Ergebnisse in der Außendarstellung aber auf die gesamte Baureihe eines Modells?
"Fragen über Fragen, die es zu beantworten gilt. Und zwar schnell, wenn die Vertrauenswürdigkeit in jede Art von Prüfungen nicht durch eine Schwemme von einstweiligen Verfügungen oder anderweitiger Rechtsstreitigkeiten aufs Spiel gesetzt werden soll", so die PMA.
In dem Schreiben erinnert der Herstellerverband auch an den sogenannten Protektorskandal von 2008. Damals hatte eben jener Guido Reusch dem DHV vorgeworfen, eine messtechnisch unzureichende Protektorprüfanlage zu betreiben, was ein späteres Gutachten auch belegte. Jetzt deutet sich an, dass Reusch wohl mit ähnlicher Akribie wie damals, aber nun im Namen der Hersteller, die Methodik der Safety-Class-Tests hinterfragen wird. Der DHV darf sich auf eine spannende Auseinandersetzung gefasst machen.
12 Kommentare
Ich wusste ja schon bei ersten Meldung nicht, ob ich lachen oder weinen sollte. Aber okay, da die PMA schon "Fragen über Fragen" hat, ich hätte da auch so die eine oder andere Frage:
AntwortenLöschenPMA schreibt:
"The safety class besides does not decide the different sizes of the glider line and therefore possibly the complete diverse reactions from small to big gliders."
Wo genau kann man denn von Seiten der Hersteller von diesen "complete diverse reactions" bei den verschiedenen Größen nachlesen? Als zahlender Konsument gerade von kleinen Größen würde mich das schon brennend interessieren.
PMA schrieb:
"The position of the measuring devices, the measuring devices itself and his record rate have an important impact and can hoke a good test massively and we are not even talking about calibrated devices and validated record software."
Sind die geschätzten(!) Nick- und Drehwinkel bei den Homologationstests irgendwie "kalibriert"? Haben wir doch gelernt, dass die "measuring devices" (also hier Testpiloten und Videoauswerter) eine großen Einfluss haben können.
Nicht falsch verstehen: Eine Zusammenarbeit DHV und PMA kann zu einem Sicherheitsplus führen, muss es aber nicht. Es gibt genügend Beispiele, wo die Nähe von Kontrollinstanz und Herstellungsbetrieb zu negativen Ergebnissen führt.
andere Themen: Wie schaut es denn mit der Finanzierung von WG6 mittlerweile aus? Wie viel zahlt die PMA denn nun?
Und vielleicht könnte man das zukünftige Verhältnis G. Reusch <-> EAPR näher erläutern. Also die Geschäftsführertätigkeit wird aufgegeben, gilt das auch für die Gesellschaftsanteile o.ä. wirtschaftliche Verflechtungen?
PMA schrieb:
"(...) and the improved presentation of the PMA in the minds of the pilots in particular."
Ja, da freue ich mich schon darauf, viel Glück. Aber sollte der Fokus nach der Schrumpfung von über 27 PMA-Mitgliedern auf 13 nicht zuerst bei den anderen Herstellern legen? Egal, not my business...
Schönen Gruß
@Otto: Ein sehr guter Beitrag. Ich hätte es nicht besser auf den Punkt bringen können.
AntwortenLöschenDa fordert Guido Reusch als Chef der PMA Transparenz und Informationen vom DHV. Als Chef der der EAPR hat er nicht einmal mehr die durchgeführten Zulassungen veröffentlicht. Das sei "alleine Aufgabe der Hersteller". Naja.
AntwortenLöschen@Thermann
AntwortenLöschenDas ist so nicht richtig. Auf der Internetseite der EAPR werden die erteilten Inspektionsbestätigungen alle aufgeführt (sofern der Hersteller dem nicht widersprochen hat (dafür kann es ganz unterschiedliche Gründe geben))
Die Detaildarstellung der geprüften Geräte überläßt die EAPR aber dem Hersteller, das ist richtig und imho auch gut und richtig so.
Es darf ruhig daran erinnert werden, dass die EAPR jahrelang die einzige Prüfstelle war die auch gegen den Willen der Hersteller die Videos ins Netz gestellt hat. Das hat sich erst mit der Akkreditierung und den zugehörigen Vorgaben geändert, bzw. ändern müssen. Da darf der DHV ruhig noch etwas Nacharbeit leisten!
Gruß Guido
Schade, dass gleich ein Konfrontationskurs gefahren wird. Natürlich hat die SC massive Schwächen. Aber es wäre auch für die Hersteller sinnvoll, ein gemeinsames System zu haben, dass eine genauere Bewertung des Klappverhaltens ermöglicht. Und dieser Fragenkatalog ist lächerlich. Warum sollte der DHV sich provozieren lassen? Warum sollte er auf so eine Stichelei antworten? Wird er auch nicht.
AntwortenLöschenAlso Leuts: Baut ein gutes Messsystem auf und benutzt es gemeinsam.
@Sebastian
AntwortenLöschenDer DHV hat doch nach eigenen Bekundungen schon ein gutes Messsystem. Warum nutzt er es in den Prüfungen seiner akkreditierten Prüfstelle für EN/LTF Prüfungen nicht? Oder gibt es an die anderen Prüfstellen und Hersteller weiter?
Die Safety Class unterliegt eben keiner Kontrolle, die der akkreditierten Prüfstellen schon. Die DAkkS würde zurecht genau diese Fragen stellen die nun von der PMA gestellt werden und es seitens des DHV zu beantworten gilt. Ohne deren Beantwortung dürften die Prüfstellen die Messgeräte gar nicht nutzen.
Es ist nicht so als wenn die PMA auf Konfrontationskurs gehen möchten. Aber es ist legitim nach der Valididät der Daten fragen zu dürfen,oder? Die Hersteller wollen aus den Daten lernen, nichts anderes. Und sofern die Daten bestätigt werden können wird die PMA dafür stimmen diese in jeder EN/LTF Flugerprobung auch einzusetzen.
Der DHV ist bei weitem nicht der einzige der sich um die Sicherheit der Piloten sorgt. Täglich arbeiten über 50 Testpiloten, Ingenieure und Designer daran die Sicherheit der Piloten zu verbessern. Glaubt wirklich jemand ernsthaft das Hersteller Piloten bewußt in Gefahr bringen wollten?
@ Guido:
AntwortenLöschenNein, dass die Hersteller ihre Kunden in Gefahr bringen wollen, unterstellt keiner. Wir alle bewundern die Testpiloten und ihre Arbeit für unsere Sicherheit.
Die kritischen Fragen an den DHV bezüglich der Safety Class sind inhaltlich nicht falsch, sondern als Konfrontation m.E. ungeschickt. Was wir brauchen sind gemeinsame Lösungen und da fände ich es nicht schlecht den DHV entweder mit ins Boot zu nehmen oder technisch zu überholen.
Bei einem solchen Überholmanöver muss man allerdings genauestens auf Transparenz setzen, damit man nicht einen Glaubenskrieg entfacht, der wiederum niemandem hilft.
Aktuell seid ihr Testhäuser (erlaube ich mir mal noch zu sagen) und der DHV nämlich auf derselben Seite: Ihr haltet Klapper ziehen und Winkel messen für die richtige Methode. Ihr streitet lediglich um Klappergrößen, Winkelgrößen und Meßwerkzeuge.
Andere sehen das ganz anders und wollen ihre C Schirme lieber mit Faltleinen versehen und mit D zertifizieren lassen, als auf Stabilität zu verzichten.
Ein Konfrontationskurs ist per se nichts schlechtes. Er dokumentiert den Gesprächsbedarf. Konfrontation bedeutet Gegenüberstellung von Argumenten. Und so etwas steht immer zu Beginn eines möglichen Dialogs. Da ist es normal, Positionen aufzuzeigen und Fragen aufzuwerfen. Über die dafür gewählte Form lässt sich immer streiten. Aber das Entscheidende ist, wie offen der weitere Austausch über die Inhalte stattfindet. Ein solches Statement wie dieses von der PMA ist immer Teil eines Prozesses. Schauen wir doch mal, wie sich dieser Dialog weiter entwickelt. Vielleicht steht am Ende eine reformierte EN-Norm, die den Einsatz standardisierter Nickwinkel-etc.-Logger ausdrücklich vorsieht? Das ist allerdings nicht morgen zu erwarten, sondern könnte eher Jahre dauern.
AntwortenLöschenGuido Reusch hat gesagt... Glaubt wirklich jemand ernsthaft das Hersteller Piloten bewußt in Gefahr bringen wollten?
AntwortenLöschenJa das glaube ich! Solange solche Mühlen wie ein Carrera ein B haben bin ich froh den DHV zu haben!
Der Anonyme war Jörg Jösch...
AntwortenLöschen@Jörg
AntwortenLöschenIch stimme evtl. mit Dir überein, dass der Carrera unpaßent klassifiziert wurde, oder sagen wir "extrem grenzwertig" - ich möchte weder dem Hersteller noch der Prüfstelle auf die Füße treten - aber dadurch ist er noch lange nicht gefährlich.
Dass "B-Piloten" (wer immer das auch sein mag oder sich dazu zählt)möglicherweise mit diesem Gerät überfordert sein könnten, hatte sich bereits lange vor einem DHV-Safety Test herum gesprochen. Und der Safety Test hat auch nur eine "5" zum Vorschein gebracht, so wie bei allen high-end B-Geräten und vielen normalen B-Geräten.
Eine womöglich fehlerhafte Klassifizierung hat nicht unmittelbar etwas mit Gefahr oder gefährlich zu tun - sollte aber nicht vorkommen, da gebe ich Dir Recht - leider kann da der DHV (Safety Class) nicht helfen eine derartige zu verhindern oder sogar zurückzunehmen.
Etwas weniger Arroganz Seitens des DHV und mehr Bereitschaft zur echten Zusammenarbeit mit den Herstellern würde da wesentlich mehr bewirken!
We all care about safety
Guido
@Guido Reusch:
AntwortenLöschenDie Detaildarstellung der geprüften Geräte überläßt die EAPR aber dem Hersteller, das ist richtig und imho auch gut und richtig so.
Ich finde das nicht gut so!
Wo bleibt da die Transparenz? Sehe die Gefahr, dass hier ein Hersteller Unliebsames verbergen "könnte".
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