Gut eingepackt kann man im Flug auch tiefere Temperaturen aushalten. Dieser Pilot stieg in einer Wolke auf über 5000 Meter und flog dann völlig vereist in die Sonne. // Quelle: Youtube-Screenshot |
Windchill nennen Meteorologen diesen Effekt. Gerade Gleitschirmflieger sollten das Phänomen kennen und sich besonders schützen, wenn sie im Winter (länger) fliegen wollen. Denn selbst an windstillen Tagen mit nur geringen Minusgraden kann allein der Fahrtwind schon zu oberflächlichen Erfrierungen etwa im Gesicht führen.
Wind reißt die Wärme von freiliegenden Hautpartien mit. Der Körper heizt zwar nach, doch ständiger kalter Wind kühlt die Oberfläche nachhaltig ab. Dadurch empfindet man Temperaturen tiefer, als sie eigentlich sind. 0°C fühlen sich bei 10 km/h Grundwind wie -3°C an, bei 20 km/h Wind werden daraus -5°C und bei 35 km/h, der typischen Trimmgeschwindigkeit von Gleitschirmen, sind es schon -7°C. Liegt die Temperatur bei -10°C wird man Kälte bei einem Abgleiter schon wie -20°C erleben (siehe Windchill-Calculator). Das ist ein empfindlicher Unterschied.
Besonders empfindlich ist der Körper an Stellen, an denen Haut mit wenig Fett unterfüttert ist. Das gilt zum Beispiel für das Gesicht an der Stirn, über den Wangenknochen und an der Nasenspitze. Fliegt man längere Zeit bei tieferen Temperaturen ungeschützt durch die kalte Luft, können sich dort schnell einmal zumindest oberflächliche Erfrierungen einstellen. Das kann sehr schmerzhaft sein.
Frostschäden durch Windchill
Die Kälte-Empfindlichkeit ist bei allen Menschen leicht unterschiedlich. Es gibt aber eine Faustregel: Ab 30 Minuten bei -5°C können an exponierten Körperpartien erste Erfrierungen auftreten. Das gilt infolge des Windchills auch schon, wenn man bei 0°C dreißig Minuten mit dem Gleitschirm fliegt. Eine dickere Schicht Fettcreme auf den Wangen und der Nase, ein über die Nase gezogene Bandana, eine Neopren-Gesichtsmaske oder ein Vollvisierhelm sind nur einige Beispiele, wie man schlimmere Frostschäden durch Windchill abwenden kann.
Der von Wetterberichten genannte Windchillfaktor bezieht sich übrigens typischerweise auf das Gesicht. Der Windchill wirkt freilich auch auf andere exponierte Körperpartien, die teilweise deutlich empfindlicher reagieren können. Bei Gleitschirmfliegern besonders betroffen sind die Hände. Sie stecken zwar in der Regel in Handschuhen, doch der Wind zieht auch dort die Wärme ab. Da zudem die Hände bei der klassischen Steuerhaltung über dem Kopf gehalten werden, ist ihre Durchblutung erschwert. Werden die Finger kalt, verengen sich die Blutgefäße, was das Auskühlen noch verstärkt. Erfrierungserscheinungen können dort - trotz Handschuhen - schneller auftreten.
Viele Piloten suchen deshalb nach besonders guten, am besten noch beheizbaren Winterhandschuhen, lassen dabei allerdings einen weiteren, interessanten Zusammenhang außer acht. Die Finger kühlen umso schneller aus, je kälter auch dem Rest des Körpers ist. Im Gegenzug gilt: Wer sich allgemein warm einpackt, wird auch an den Händen weniger schnell auskühlen.
Besonders achten sollte man bei der Kleidung für Winterflüge darauf, Kältebrücken zu vermeiden. Handschuhe mit langen, winddichten Stulpen schützen die zugempfindlichen Handgelenke. Ein Tuch dichtet den Halsbereich unter dem Helm ab. Schnee-Gamaschen halten den Wind von den Fußgelenken fern. Und wer einen Helm mit Belüftungsschlitzen oder -löchern besitzt, tut gut daran, diese im Winter einfach abzukleben. Das sieht vielleicht nicht schick aus, hält aber den Windchill von der Kopfhaut fern und kann einem so eine deutlich längere "leidensfreie" Flugzeit ermöglichen.
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