Wenn Rettungsschirme im Wasser landen, leidet ihr Tuch. Die Sinkwerte können bei weiteren Einsätzen höher ausfallen. 

Ein Retterwurf beim Sicherheitstraining endet
im Wasser. Die Tuchqualität vieler Notschirme
leidet darunter. // Quelle: iparaglide.com
Die Herstellervereinigung PMA hat ein Problem in den Fokus genommen, das bisher nur gelegentlich unter Sicherheitstrainern diskutiert wurde: Wenn Rettungsschirme zum Beispiel bei einem Sicherheitstraining ins Wasser fallen, können die verwendeten Stoffe darunter leiden. Nach dem Trocknen weisen sie unter Umständen eine höhere Luftdurchlässigkeit auf. Bei einem weiteren Retterabgang könnte der Pilot dann schneller zu Boden sinken, als es die EN-Norm eigentlich erlaubt.

Äußerlich lassen sich solche Qualitätsverluste der Tücher kaum feststellen. Die wenigsten Piloten werden sich des Risikos bewusst sein. Zumal bisher kein Rettungsschirm von den Herstellern explizit als wasserresistent  vermarktet wird. Doch das könnte sich in Zukunft ändern.

Die in der PMA vertretenen Hersteller diskutierten das Thema jüngst bei ihrer Jahrestagung am Rande des Coupe Icare in St. Hilaire. Tests mit verschiedenen Tüchern hatten gezeigt, dass ein Qualitätsverlust nach Wasserlandung häufiger auftritt als bisher gedacht. Allerdings ist das Problem kein grundsätzliches. Es gibt Tuchvarianten, die keinen nennenswerten Schaden nehmen.

Einen Überblick zu liefern, in welchen Rettungen potenziell wasser-empfindliche Tücher verbaut sind, sieht sich die PMA außer Stande. Dafür sei die Vielfalt der Tuchvarianten im Retterbereich zu groß und der Markt zu unübersichtlich. Bei Tüchern für Rettungsgeräte gibt es viel mehr Anbieter als im klassischen Gleitschirmbereich, wo hauptsächlich Porcher und Dominico den Markt dominieren.


Neue Testnormen gefordert

Die PMA setzt darauf, das Problem mittelfristig über neue Testvorschriften in den Griff zu bekommen. Bisher ist in der EN- wie der LTF-Norm für Rettertests keine Wasserung vorgeschrieben. Und die EN-Norm erlaubt es, den obligatorischen zweiten Testabwurf zur Bestimmung der Sinkwerte mit einer neuen, baugleichen Rettung durchzuführen. Mögliche Qualitätsverluste der Tücher nach einer Wasserlandung werden so häufig gar nicht erfasst, und das Ausmaß ist selbst den Herstellern nicht immer bewusst.

Die PMA kündigte an, im EN-Normungsausschuss zu fordern, dass die Sinkgeschwindigkeitsmessung künftig grundsätzlich über Wasser stattfinden soll, und zwar jeweils zwei Mal mit derselben Rettung. So könnten mögliche Problemtücher schon bei der Zulassung auffällig werden. Allerdings dürfte eine entsprechende Novellierung der EN-Norm 12491 einige Jahre dauern und würde auch nicht rückwirkend die schon am Markt befindlichen Rettungen erfassen.

Desweiteren hat die PMA eine Direktive erstellt. Sie empfiehlt den Rettungsherstellern, von den Tuchproduzenten explizite Tests der Wasserfestigkeit der Tücher zu fordern. Ein enstprechender Qualitätsnachweis könnte dann nicht nur für Neuzulassungen, sondern auch nachträglich für schon zertifizierte Rettungen erbracht werden.

Den Piloten, die sich über die Tuchqualitäten ihres Rettungsschirmes im Unklaren sind, empfiehlt die PMA, sich mit den Herstellern in Verbindung zu setzen. Zudem sollten sie sich vor einem (freiwilligen) Retterwurf im Rahmen eines Sicherheitstrainings Gedanken über die möglichen Folgen zu machen. Unter Umständen riskieren sie, anschließend mit einem weniger effektiven Rettungsgerät im Gurtzeug unterwegs zu sein.

Wer sich nun fragt, warum gerade die PMA ein solches Thema aufgreift, braucht sich nicht allzu sehr zu wundern. Zum einen haben die Hersteller in der PMA seit geraumer Zeit Sicherheit als gemeinsamen Nenner erkannt und in den Vordergrund ihrer Aktivitäten gestellt. "We all care about safety" ist quasi ein Leitspruch des Verbandes geworden. Dahinter steht die Erkenntnis, dass ernste Qualitätsdiskussionen der gesamten Branche schaden können.

Zum  anderen ist es für die Hersteller auch nicht von Nachteil, wenn sie für neue Produkte mit einer höheren oder erstmals garantierten Qualität werben können. Der Ruf nach der Wasserfestigkeit von Notschirmen dürfte dem Rettermarkt neuen Schwung bringen.