Viele Jahre war es still um das Thema elektrische Aufstiegshilfe. Jetzt stehen drei Hersteller, darunter Skywalk, erneut in den Startlöchern. Aber: Spielt der DHV noch mit? 

Der Prototyp des neuen E-Walk 2.0 von Skywalk
in der Flugerprobung. In der Serienversion
würde das Gurtzeug noch ein schöneres Design
und natürlich einen LTF-konformen
Protektor bekommen. // Quelle: Skywalk

Vor über zehn Jahren war der Hype schon einmal groß: Wie wäre es, Gleitschirm-Gurtzeuge mit einem Elektromotor auszustatten, der gerade soviel Schub und Akku-Power hat, dass man damit nach Fußstart rund 600 Meter Höhe gewinnen kann, um den Einstieg in die Thermik zu schaffen. Für den antriebslosen, thermischen Weiterflug klappt der Propeller dann windschnittig weg. Keine Abhängigkeit mehr von Bergen oder einem Windenteam, um in die Luft zu kommen. Aufstieg von jedem schon als für Gleitschirme zugelassenen Start- oder Landeplatz. Und all das zudem relativ leise und abgasfrei.

So lautete die Vision der elektrischen Aufstiegshilfe, für die sich als "dritte Startart" auch der DHV stark machte. Zusammen mit dem deutschen Bundesverkehrsministerium und dem Luftfahrtbundesamt wurden die Regularien für ein Erprobungsprogramm erarbeitet. Zwei Hersteller bastelten an der passenden  Antriebstechnik. Doch bevor es mit der Erprobung überhaupt richtig los gehen konnte, war die Euphorie schon wieder vorbei.  

Erst legte Skywalk sein Projekt E-Walk 2012 aufs Eis. Dann wurde auch die anfangs gemeinsam von Charly und Flytec betriebene Entwicklung des Systems Scott-e eingestellt. Die Gründe waren jeweils ähnliche: Technische Probleme mit den Akkus, vor allem aber ein erwartbar nicht für die breite Masse kompatibler (zu) hoher Preis von weit über 10.000 Euro. Der E-Aufstiegshilfe war damit der Stecker gezogen. Zumindest erst einmal.

Mittlerweile hat die Idee wieder Auftrieb bekommen. 2018 reanimierte Skywalk das Projekt E-Walk. Der Prototyp eines komplett neu entwickelten E-Walk 2.0 hat schon einige Testflüge absolviert. Daneben gründete ein kleines Team von Gleitschirmpiloten 2019 die Pegasus GmbH und ist dabei, ebenfalls eine E-Aufstiegshilfe zu entwickeln. Rainer Lesslauer, der über seine Railes GmbH Elektroantriebe des Schweizer Hersteller Skyjam Aircraft vertreibt, bietet bereits seit fünf Jahren den ST-Lizard als Aufstiegshilfe für Piloten mit UL-Schein an. Mit einer aufrechten Sitzposition, großem Käfig und ohne Klapppropeller entspricht es aber nicht ganz dem Konzept einer Aufstiegshilfe, die auch leistungsorientierte XC-Thermikflüge ermöglicht.

Vertreter aller drei Gruppen setzten sich im Februar dieses Jahres mit dem DHV zusammen, um über den Stand ihrer Entwicklungen und ein mögliches Wiederauflebenlassen des Erprobungsprogramms zu sprechen. Im Juli folgte ein weiteres Treffen, bei dem auch ein Vertreter des Luftfahrtbundesamtes zugegen war. Es wurden aktuelle Prototypen präsentiert, inklusive Flugvorführungen.

E-Walk 2.0

Ist das der Traum jedes Flachland-XC-Fliegers?
// Quelle: Skywalk
Am weitesten gediehen im Sinne eines dediziert als XC-taugliche Aufstiegshilfe konzipierten Systems ist der E-Walk 2.0 von Skywalk. Markus Anders, bekannt als X-Alps-Teilnehmer, leitet dort seit 2020 das Projekt. 

Der E-Walk 2.0 besteht nach seiner Darstellung aus einem Gurtzeug, das einen 9-kW-Elektromotor mit Direktantrieb integriert. Der Klapp-Propeller sitzt auf einer langen Welle, damit der Pilot trotz fehlendem Schutzkäfig nicht in den laufenden Propeller greifen kann. Der Akku ist nicht mehr in einem Frontcontainer, sondern zweigeteilt rechts und links an der Seite im Schwerpunkt des Gurtzeugs aufgehängt. Die Kapazität reicht aus für rund acht Minuten Vollgas-Steigflug bis in 600 bis 700 Meter Höhe über Grund – beziehungsweise knapp 30 Minuten Geradeaus-Flug ohne Höhenverlust. 

Ein technisches Schmankerl des E-Walk 2.0 ist die automatisierte Schubvektorverstellung: Die Neigung des Motors samt Achse wird von einer Steuerelektronik so nachgeführt, dass der Schub des Propellers ständig im effizientesten Winkel nach hinten wirkt, egal ob sich der Pilot noch aufrecht im Startlauf befindet, oder ob er schon etwas zurückgelehnt in Flugposition sitzt. Das gesamte System mit Gurtzeug und Retter kommt auf ein Gewicht von knapp 26 Kilogramm und lässt sich in einem normalen Gleitschirm-Rucksack transportieren. 

Dass Skywalk überhaupt wieder in die Entwicklung des E-Walk eingestiegen ist, hat vor allem mit dem Fortschritt in der Akku-, Motor- und Controler-Technologie zu tun, der mit dem Boom von E-Bikes und E-Autos einhergegangen ist. Damit ist vieles nicht nur leistungsfähiger, sondern auch günstiger geworden. Markus Anders rechnet damit, dass der Preis des E-Walk 2.0 bei Serienproduktion auf jeden Fall unter 10.000 Euro bleiben wird. 

Skywalk plant sogar schon weiter. Wohin die Entwicklung gehen könnte, zeigt die Fotomontage eines Liegegurtzeugs mit integrierter E-Aufstiegshilfe (s. Bild oben).  

Spielt der DHV noch mit?

Ob es wirklich soweit kommt, steht allerdings noch in den Sternen. Als bremsender Faktor könnten sich aktuell weniger die technischen Schwierigkeiten, als vielmehr ein gewisser politischer Unwille erweisen. Denn auf Seiten des DHV, so ist zu hören, steht man der Idee der E-Aufstiegshilfe mittlerweile etwas  kritischer und in Summe eher ambivalent gegenüber. Von der früheren Euphorie, mit der Möglichkeit einer "dritten Startart" vielleicht sogar das wachsende Problem überfüllter Startplätze entschärfen und mehr Menschen ganz einfach in die Luft bringen zu können, ist weniger zu spüren.

Stattdessen sind andere, ganz praktische Fragen verstärkt in den Fokus gerückt. "Mit dem E-Aufstieg holen wir uns vielleicht neue Problemthemen in unsere Gelände", sagt DHV-Geschäftsführer Robin Frieß. Es geht um Fragen der Sicherheit, Fragen der Akzeptanz in der Bevölkerung, mögliche Beschwerden über tief fliegende Piloten mit einem trotz Elektro noch hörbarem Antrieb. 

Auch Negativ-Schlagzeilen wie die des Greenpeace-Aktivisten, der im Juni mit einem Elektro-Motorschirm in die Allianz-Arena stürzte, belasten die Diskussion. Will man der in manchen Regionen eh schon gestressten Gleitschirmszene ein neues Konfliktpotenzial zumuten?

Nicht zu guter Letzt geht es auch ums Geld. Bisher schon hat der DHV über die Jahre, ohne Personalkosten, einen mittleren fünfstelligen Betrag für grundlegende Vorarbeiten des Erprobungsprogramms investiert. Für eine flächendeckende Realisierung der E-Aufstiegs-Startmöglichkeiten wäre nochmals ein viel höherer Einsatz nötig. Bestehende Startplätze ließen sich nicht einfach handstreichartig gesammelt für die neue Startart freigeben. Vielmehr müsste für jeden Startplatz einzeln in Absprache mit den jeweils zuständigen Luftfahrtämtern der Länder die Zulassung erweitert werden – samt neuer Flugbetriebsordnungen etc. 

DHV-Mitgliederumfrage: Bei welchen Kosten
wäre der E-Aufstieg für Dich interessant?
Ob sich dieser Aufwand lohnt? Und sollte der DHV die Kosten dafür einfach aus den Beiträgen aller Mitglieder finanzieren, wenn am Ende vielleicht doch nur ein kleinerer Pilotenkreis es sich leisten wollen würde, per E-Aufstiegshilfe in die Luft zu gehen? 

Immerhin hatten im Jahr 2018, im Rahmen einer großen DHV-Mitgliederbefragung, 60 Prozent der Befragten angegeben, prinzipiell am Fliegen mit E-Aufstieg interessiert zu sein. Allerdings zeigten die Antworten auch: Das Interesse hinge am Ende stark von den Kosten ab (s. Grafik rechts, Quelle: DHV-Info 217 (pdf), S. 24ff.).

Antworten auf all die ungeklärten Frage stehen noch aus. Eine möglicherweise abschließende Diskussion samt Entscheidung rückt aber näher. Anfang kommender Woche wird der DHV noch einmal mit dem Bundesverkehrsministerium und dem Luftfahrtbundesamt den Rahmen für das ob und wie eines Neustarts des E-Aufstieg-Erprobungsprogramms beraten. Am 2. Oktober steht das Thema dann auf der Agenda der nächsten Kommissionssitzung des DHV. Dann könnte es schon Hopp oder Topp für die E-Aufstiegshilfe unter den Fittichen des DHV heißen. Das Ergebnis einer möglichen Abstimmung sei  für ihn nicht absehbar, sagt Robin Frieß. Meinungen zum pro und contra der E-Aufstiegshilfe seien im DHV gleichermaßen vertreten.

In Zukunft doch UL?

Sollte sich der DHV gegen eine Erprobung der E-Aufstiegshilfe unter seiner Ägide entscheiden, hieße das nicht zwangsläufig das Ende der Entwicklung. Die leichten E-Motoren mit den Qualitäten einer Aufstiegshilfe ließen sich auch ins Regelwerk der Ultraleichtfliegerei und damit in die Zuständigkeit des DULV einordnen – wo die Motorschirmfliegerei allgemein beheimatet ist. 

Ändern würden sich damit vor allem die rechtlichen Anforderungen an die Piloten. Der Betrieb eines E-Motors als Aufstiegshilfe zum Thermikfliegen wäre ihnen offiziell nur gestattet, wenn sie neben dem "normalen" Pilotenschein zusätzlich einen UL-Schein besäßen. Zudem wäre ihnen das Starten mit Motorhilfe nur auf ausgewiesenen UL-Geländen erlaubt.

Die Hersteller müssten ihre Hoffnungen auf einen potenziell größeren Markt für die E-Aufstiegshilfe unter den bisher motorlosen Piloten dann wohl etwas zurückschrauben.