Alois Rettenbacher hat schon viele verschiedene Rettungsschirme selbst ausprobiert. Was hat er dabei erfahren und gelernt?
Alois Rettenbacher. // Quelle: privat |
Alois Rettenbacher, damals 27 und gerade mal zwei Jahre im Besitz des Flugscheins, wollte herausfinden, welche Bauart von Rettung ihm wohl am besten taugt. Zuvor war er in Gesprächen mit anderen Fliegern nur auf viel Halbwissen gestoßen, dass ihm bei seiner Entscheidung nicht so recht weiterhalf.
Sein Video „Retter-Problematik“ erregte damals – zumindest in der deutschsprachigen Gleitschirmszene – einiges an Aufmerksamkeit. Es führte vielen Piloten vor Augen, dass man das Thema Retter vielleicht nicht gar so stiefmütterlich behandeln, sondern dass man sich stärker damit auseinandersetzen sollte.
Alois zeigte unter anderem: Rundkappen können heftig pendeln, Kreuzkappen eine unerwartet starke Vorwärtsfahrt entwickeln (was bei ihm in einer ungeplanten Dachlandung endete), Rogallos vertwisten gerne und tendieren zur Scherenstellung, etc.
Diesem ersten Retter-Video ließ Alois über die Jahre noch einige weitere folgen. Und so dürfen wir ihm heute dankbar sein, in der Szene einiges an Diskussionen und Nachdenken über Notschirme angefacht zu haben.
Das Thema Retter ist damit aber noch lange nicht durch. Für die meisten Gleitschirmflieger gilt immer noch der Satz: „Aus den Augen, aus dem Sinn.“ Der Retter ist für viele ein nötiger, aber trotzdem irgendwie unliebsamer und deshalb gedanklich verdrängter Ballast im Gurtzeug.
Vielleicht ändert diese 85. Folge von Podz-Glidz das ein wenig. Ich wünsche jedenfalls gute Unterhaltung und viel Erkenntnisgewinn aus dem Rettertalk mit Alois Rettenbacher.
Die Podz-Glidz Folge #85 "Rettertalk" mit Alois Rettenbacher ist auf Soundcloud zu hören. Du kannst das Audio über das Pfeilsymbol neben dem Button "Share" im Player auch als mp3-Datei herunterladen. Zudem kannst Du Podz-Glidz direkt in Deinem Podcatcher abonnieren: Itunes, Spotify, Google-Podcast, Podcast.de, RSS-Feed etc.
- Playlist mit allen Retter-Videos von Alois Rettenbacher
- Barbarahof - Von Alois Familie betriebenes Hotel direkt an der Bischling-Bahn
- Infos zum Fluggebiet Bischling
- Lu-Glidz-Serie: Retterwissen
- Podz-Glidz #15: Der Rettertester, mit Urs Haari
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6 Kommentare
Servus Lucian und Alois
AntwortenLöschenVielen Dank für dieses Interview. Ich habe noch Ergänzungen zum Thema:
Aufhängen an der Retteraufhängung. Wir machen das seit vielen Jahren bei unseren Trainings (2 mal im Jahr). Die Leute sollten sich in voller Montur reinhängen und dann probieren ob sie an Ihre Telefone, Bandschlingen etc noch rankommen. Da lernt der eine oder die andere, wo sie ihre Sachen besser hinpacken.
Zu den TrennMessern: ich habe mal einige bestellt und mit alten Tragegurten getestet. Rausgekommen ist das MysticKnife. Durchschneidet auch Tragegurte, was bei einer Wasserlandung das Leben retten kann. Andere haben teilweise total versagt. Ich habe es am Brustband fixiert, so dass ich jederzeit schnell ran komme. Kann gern mal ein Foto schicken, wenn Du willst.
Ansonsten kann ich alles, was Ihr besprochen habt nur unterstreichen.
Viele Grüße
Thomas
Bodenlos.de
Lieber Thomas, kannst mir gerne mal ein Foto schicken. Bin immer an guten Lösungen interessiert. Auch klasse, dass ihr die Retteraufhängungsthematik bei den Trainings schon berücksichtigt.
LöschenHallo, ein sehr informativer Beitrag. Aufgrund der Videos von Alois und deiner Retterproblematik Serie (euch beiden vielen Dank!) habe ich mich Anfang des Jahres für einen Dreiecks-Retter entschieden, der auf Wunsch eine steuerbare Vorwärtsfahrt generiert, gekoppelt mit Trennkarabinern. Dazu hätte ich eine Frage:
AntwortenLöschenDie erste potentielle Steuerungsmöglichkeit (bevor ich dann vielleicht noch die Steuerungsmöglichkeit an der Rettung aktivieren kann) ist möglicherweise, welche Seite (links oder rechts) ich zuerst trenne, da die Kraft des Hauptschirms dann nur noch auf einer Seite angreift. Habt ihr dazu irgendwelche Erfahrungen gemacht oder sind euch welche bekannt, die man im Sinne einer Wahrscheinlichkeit oder Regel weitergeben könnte (z.B. bergseitigen Karabiner zuerst trennen, um vom Berg weg zu kommen)?
Dann hätte ich noch den Kommentar, das einige wesentliche Aspekte, die ihr in euren Beiträgen herausgearbeitet habt (nur als Beispiel: Sinkgeschwindigkeit gilt für Meereshöhe) so sowohl in der Ausbildung als auch auf den Sicherheitsseiten des DHV besser präsentiert werden könnten. Es gibt Beiträge mit Einzel-Aspekten, aber keinen, wo diese ganzen Erkenntnisse mal konzentriert zusammengefasst werden. Obwohl ich die Arbeit des DHV eigentlich gut finde, sehe ich da noch Verbesserungspotential. Mir waren einige Punkte nach meiner Ausbildung (8 Jahre her) zumindest nicht bekannt.
Zum Schluss noch ein persönliche Erfahrung: Obwohl die Rettung vom Volumen her passte, der Kompatibilitätstest vollkommen in Ordnung war, das Retterwurftraining in der Halle auch funktionierte, ging der Retter auf dem G-force Trainer entweder nicht oder nur mit äußerster Mühe heraus. An einen kraftvollen Wurf in einem Zug wäre gar nicht zu denken gewesen. Es handelte sich um einen Sitzgurt ohne Sitzbrett, wo ich vermutlich wegen meines Körperbaus (sehr schmal für meine Größe) zu stark auf das Retterfach gedrückt habe. Auch die Zugrichtung war nicht optimal (seitlich hinten anstatt seitlich). Aus diesem Grund habe ich das Gurtzeug nochmal gewechselt. Schlussfolgerung: Auch der Kompatibilitätstest stellt nicht zu 100% sicher, das das Ganze in der Praxis unter potentiell hoher G-Belastung tatsächlich funktioniert.
Bernd, inwieweit einseitiges Aushängen schon eine gewisse Form der Steuerbarkeit ergibt, weiß ich schlichtweg nicht. Wie Alois im Podcast des öfteren anmerkt: Man müsste vieles einfach mal ausprobieren. Ich könnte mir allerdings vorstellen, dass man insgesamt noch mehr Kontrolle behält, wenn man den Schirm erst einmal nicht einseitig aushängt. Man könnte z.B. auch mit einem nicht symmetrischen B-Stall steuernd in das System eingreifen. Wie gut das alles funktioniert, müsste freilich auch wieder getestet werden. Und das könnte bei jeder Schirm / Gurtzeug / Retterkombi nochmals anders sein.
LöschenWas das Ziehen des Retters im G-Force-Trainer betrifft: Da würden sicher viele Piloten ein böses Erwachen erleben. Gerade bei älteren Gurtzeugen mit Tube-Containern, die nur mit einer bestimmten Zugrichtung gut funktionieren, kann die Retterauslösung bei 4G wirklich schwer bis unmöglich werden (wenn man dann noch im Stress nur ein bisschen falsch zieht).
In unserem Verein (bodenlos) wird bei jedem Rettertraining auch das "Hängen am Retter" in einer zweiten Reihe durchgeführt. Da du das noch nie gesehen hast, könntest du ggf. beim nächsten mal vorbei schauen. Wir haben auch ein System, welches das Abkippen im Gurtzeug simuliert, indem eine oder beide Aufhängungen an den Ringen per Fernbedienung um ca.10-20cm verkürzt und ein Abkippen, bzw Störung simuliert.
AntwortenLöschenErik Schaber
Danke für den interessanten Podcast zum Thema Retter!
AntwortenLöschenSchade, dass unsere DIAMONDcross nicht getestet wurde. Gibt es hierfür einen Grund? Wir verkaufen die DC sehr gut, da wäre ein Vergleich mit Rogallos vielleicht für den ein oder anderen Piloten interessant. Bauartbedingt hat diese Kreuzkappe gegenüber den Rogallos einige Vorteile. Näheres unter:
https://bit.ly/3OtQFh6
Da gibt es auch einige informative Videos von der umfangreichen Praxiserprobung zu sehen.
Wer bei Verwendung dieses Retters die Steuerbarkeit nicht nutzt, hat keine Nachteile gegenüber einer nicht steuerbaren Kreuzkappe. Durch den dynamischen Auftrieb vermindert die Vorwärtsfahrt von maximal 15 km/h die vertikale Sinkgeschwindigkeit wesentlich im Vergleich zu gleich großen Kappen ohne Vorwärtsfahrt. Wegen der Möglichkeit des Abrollens verringert die die Vorwärtsfahrt die Verletzungsgefahr in der Regel, wenn man nicht gerade gegen den Hang landet. Ungesteuert kann man sich bei einer Notöffnung den Landeplatz ohnehin nicht aussuchen.
Zum Thema Gleitschirm trennen oder nicht halte ich eine generelle Empfehlung zum Abtrennen für absolut sinnvoll, da sich durch die Wechselwirkung zwischen Retter und Gleitschirm (Scherenstellung, Pendeln) die Sinkgeschwindigkeit in der Regel substanziell erhöht. Eine Downplane Situation durch den Gleitschirm zeigt z.B. folgendes Video:
https://youtu.be/HEZWd0UsXJg
Es hat sich auch gezeigt, dass ein abgetrennter Gleitschirm sehr schnell kollabiert und sich seine Bergung unproblematisch gestaltet. Beschädigungen sind bei der Landung eines unbelasteten Gleitschirm eher die Ausnahme.
Mit einem Paralock Trennkarabiner gestaltet sich das Abtrennen des Gleitschirms problemlos und kann in vielen Gefahrensituationen helfen. Allein durch seine Dauerschwingfestigkeit hat der Paralock im Vergleich zu konventionellen Karabinern eine positive Risikobilanz, und das längere Austauschintervall macht einen Teil seiner Mehrkosten wett.
Viele Grüße
Thomas Finsterwalder
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