2023 wird es kein großes Testival in Kössen geben. Die Begründungen für die Absage lassen eine Rückkehr des Formats fraglich erscheinen. 

SPT-Impression von 2022: Geht es als das letzte
Super Paragliding Testival in die Geschichte ein?
// Quelle: Abgeflogen, Youtube-Screenshot 

Das Super Paragliding Testival (SPT) gehörte seit Jahren neben dem Coupe Icare und dem Stubai Cup zu den wichtigsten Groß-Events der Gleitschirmbranche. Nirgendwo sonst konnte man zur sommerlichen Thermikzeit so ausgiebig die Schirme fast aller Hersteller an einem Ort testen und bewundern. 

Im vergangenen Jahr fand das Testival bereits zum zwölften Mal statt. Nach zwei Jahren Zwangspause wegen Corona erlebte es einen überwältigenden Zuspruch – mit rund 5000 Starts innerhalb von drei Tagen und einem Ausstellerrekord am Boden.

Auch für dieses Jahr dürften Hersteller wie Piloten schon mit großer Vorfreude auf den nächsten Testivaltermin Mitte Juni geschaut haben. Doch daraus wird nichts mehr. Lu-Glidz liegt eine Email von Chef-Organisator Sepp Himberger an seine "lieben Freunde und Geschäftspartner" vor. Darin heißt es:
 
"Nach sorgfältiger Abwägung aller aktuellen Unwägbarkeiten rechtlicher, organisatorischer und finanzieller Art sind wir zu dem Entschluss gekommen, im Jahr 2023 kein Super Paragliding Testival zu organisieren." 

Mit anderen Worten: Das SPT ist abgesagt. 


Eine ganze Reihe von Gründen

Himberger führt in seiner Email gleich etliche Punkte an, die zu dieser Entscheidung beigetragen haben. Im Folgenden eine sinngemäße Zusammenfassung:
  • Die wachsende Popularität des SPT hat das Event räumlich und sicherheitstechnisch an seine Grenzen gebracht. Eine strenge Begrenzung der Teilnehmer und Besucher wäre künftig unumgänglich.
  • Die in vielen Branchen verbreitete Personalknappheit macht es schwer, für Planung und Durchführung des SPT genügend erfahrene Mitarbeiter und Aushilfen zu finden.
  • Für die Genehmigung der Ausstellerstände im Außenbereich sind strengere behördliche Auflagen zu erwarten. 
  • Das österreichische Luftfahrtgesetz schreibt für das gewerbliche Vermieten von Luftfahrzeugen das Einholen einer offiziellen Bewilligung vor. Laut einer Feststellung der Obersten Luftfahrtbehörde Österreichs gilt das auch für den Verleih von Demo-Gleitschirmen. Eine solche Bewilligung würde viele bürokratische Schritte und neue Haftungsbelastungen (Kosten) für Aussteller und Veranstalter mit sich bringen.
  • Einige Hersteller haben, entgegen der Absprachen, in der Vergangenheit ihre Schirme an Piloten auch ohne Vorlage des nötigen Versicherungsnachweises ausgegeben. Das damit verbundene Haftungsrisiko ist auch für den Veranstalter sehr problematisch.
  • Obwohl das SPT für die Region ein großer Wirtschaftsfaktor ist, gab es 2022 weniger öffentliche Wertschätzung (sprich: Fördergelder) dafür.
Am Ende fasst Himberger zusammen: All diese Umstände, in Verbindung mit der allgemeinen Kostensteigerung, müssten bei der Organisation eines nächsten Super Paragliding Testivals berücksichtigt werden. Streng begrenzte Teilnahme mit höheren Standgebühren für Aussteller und sogar Eintrittspreisen für Besucher wären unumgänglich! Zweifellos würde dies den Charakter des Events stark verändern, schreibt er. 

Es folgt der oben zitierte Entschluss, in 2023 kein Testival zu organisieren.


Stehen Testivals generell vor dem Aus?

Die Summe der aufgeführten Gründe stellt freilich auch in Zweifel, ob ein Super Paragliding Testival in seiner bisherigen Form überhaupt eine Zukunft hat. Darüber werden nun in der Szene sicher noch einige Diskussionen geführt werden.

Einer der Punkte ist von besonderer Tragweite: Wenn gemäß des österreichischen Luftfahrtgesetzes für den Verleih von Demo-Gleitschirmen die gleichen Bewilligungserfordernisse gelten wie für die gewerbliche Vermietung eines Luftfahrzeugs, dann dürfte das auch andere Testivals bzw. die dort präsenten Aussteller vor ähnliche Fragen und Probleme stellen. 

Derzeit verlangen die Luftfahrtbehörden in Österreich, dass für jedes Luftfahrzeug einzeln eine Bewilligung eingeholt werden muss, bevor es "vermietet" werden kann. Für eine solche Bewilligung stellen die Behörden mehr als 350 Euro in Rechnung – pro Gerät. Für einen Hersteller, der mit zahlreichen Demo-Schirmen zu einem Testival fährt, kämen da völlig inakzeptable Summen zusammen.

Würden die Behörden bei dem Rechtsverständnis bleiben, für den Verleih von Demo-Gleitschirmen keine Ausnahmen von der Bewilligungspflicht gelten zu lassen, und würden sie Verstöße gegen die Bewilligungspflicht auch ahnden, dann könnte das sogar de facto das Aus für jegliche Testival-Formate auf österreichischem Boden bedeuten – zumindest in ihrer bisherigen, noch weitgehend unbürokratischen und für die Teilnehmer kostenfreien Form.