Mitte Januar hat die Schweizer Nationalbank mit einem Schlag ihre Währungspolitik geändert. Sie hält den Wert des Schweizer Franken gegenüber dem Euro nicht mehr durch Stützungskäufe auf einem künstlich niedrigen Niveau. Von einem Tag auf den anderen kam es zu einer Aufwertung des Franken um rund 20 Prozent. Der Wechselkurs (SFR zu EUR) liegt jetzt bei etwa 1 zu 1 statt zuvor 1,2 zu 1. Der Höhenflug des Schweizer Franken hat auch Auswirkungen auf die Gleitschirmbranche und das Fliegerleben. Dieser Post zeigt einige der Entwicklungen auf. Zudem erklärt Advance-Marketingleiter Simon Campiche im Interview, wie der Schweizer Traditionshersteller auf die neue Lage reagieren will.
Die Aufwertung des Schweizer Franken hat Licht- und Schattenseiten. Piloten aus der EU, die gerne mal in die Schweiz zum Fliegen fahren, dürften sich das jetzt etwas genauer überlegen. Schon bisher waren die Preise von Bergbahnen, Gastronomie und Hotelerie in der Schweiz höher als in umliegenden Ländern. Durch die Aufwertung des Franken ist die Schweiz nochmals spürbar teurer geworden. Als Gleitschirmreiseziel verliert sie damit an Attraktivität.
Schweizer Piloten hingegen können sich freuen. Ihre Währung ist mehr wert, wodurch sie nun nicht nur günstiger reisen, sondern auch günstiger einkaufen können. Und das gilt nicht nur im grenznahen Ausland. Auch in der Schweiz fallen die Preise, vor allem für Importprodukte. Die Schweizer Vertretung der französischen Miniwing-Marke Littlecloud verkündete beispielsweise nur einen Tag nach dem Überraschungscoup der Nationalbank: "LittleCloud Schweiz hat die Preise schon angepasst! Die Preise sind jetzt deutlich günstiger, das ist der Moment zum Wechseln oder für Neueinsteiger!" Auch andere internationale Hersteller dürften auf ein willkommenes Zusatzgeschäft bei den Eidgenossen hoffen.
Schweizer Firmen der Gleitschirmbranche, die zum Teil stark auf Export ausgerichtet sind, haben es nun freilich schwerer. Ihre Produkte dürften im EU-Raum zwangsläufig etwas teurer werden. Die Einschätzung der Lage und Reaktion auf die Situation ist aber durchaus unterschiedlich, wie folgende drei Beispiele zeigen:
Die Flugsau GmbH ist ein Hersteller u.a. von Leichtrucksäcken und Schnellpacksäcken "Swiss Made". An der Preisschraube drehen will Verkaufsleiter André Bernhard nicht. Er nimmt einen möglichen Rückgang im Export in Kauf. "Da wir schon immer darauf gesetzt haben, in der Schweiz zu produzieren, und alles was wir erwirtschaften in Knowhow und Spezialmaschinen zu investieren und dabei klein zu bleiben, betrifft uns die Krise wenig", sagt er. "Unsere Kundschaft im In- und Ausland bekommt bei uns das individuelle Produkt mit dem nötigen Service, und dies wird immer seinen Preis haben."
Den Fluginstrumentehersteller Flytec trifft die Franken-Aufwertung mitten in einer Zeit des eigenen Umbruchs. Derzeit wird die gesamte, komplett in der Schweiz entwickelte und gefertigte Produktpalette neu aufgestellt. "Als Schweizer Firma führen wir unsere Buchhaltung selbstverständlich in Schweizer Franken, das heißt, die Einnahmen wurden durch den Kurseinbruch vermindert", sagt Flytec-Geschäftsführer Jörg Ewald. Dennoch wolle er die erst im Dezember gesenkten Euro-Preise der bisherigen Serien wenn möglich so belassen wie sie sind, die Schweizer Preise sollen etwas sinken. "Grundsätzlich können und wollen wir uns aber auf keinen Preiskampf einlassen. Längerfristig gibt es bei einem Preiskampf in Nischenmärkten wie unserem nämlich rundum nur Verlierer", so Ewald. Sein Plan ist es, künftig noch stärker Qualität und Service als Kaufargumente für Flytec-Produkte herauszustellen.
Deutlich komplexer stellt sich die Lage für Advance dar. Denn der Thuner Gleitschirmhersteller hat für seine Preisfindung mit der Entwicklung und Vertrieb in der Schweiz, Produktion in Vietnam und dem Hauptmarkt Europa gleich drei Währungen zur berücksichtigen. Den Trend für 2015 beschreibt Marketingleiter Simon Campiche so: Advance-Produkte werden im Euro-Raum etwas teurer, in der Schweiz etwas günstiger. Der Preisaufschlag in Euro sei allerdings auch durch einen stärkeren Dollar und gestiegene Preise in Asien bedingt, sagt er im nachfolgenden Interview mit lu-glidz.
Wie groß war der Schreck, als die Nachricht mit der Freigabe des Franken kam und damit die Aufwertung gegenüber dem Euro?
Simon Campiche: Als Schweizer Unternehmen mit 80 Prozent Exportanteil ist so etwas natürlich ein Schreck! Als uns diese Hiobsbotschaft erreichte, waren wir gerade damit beschäftigt, wie wir die Dollar-Aufwertung gegenüber dem Euro abfedern können. Das waren immerhin auch fast zwölf Prozent in den letzten sechs Monaten. Die trifft uns auch voll. Aber wir sehen das alles gleichzeitig auch als Chance, weil wir so noch besser und effizienter werden müssen. Das wird uns stärken und auch in unseren Produkten zum Ausdruck kommen.
Advance-Produkte zählten bisher schon zu den Premium-Produkten im Markt, auch was den Preis betrifft. Durch die Aufwertung des Schweizer Franken wird das auf dem Papier nun noch verstärkt. Wie werdet ihr darauf reagieren?
Simon Campiche: Wir müssen schon aufgrund der Euro Schwäche beziehungsweise der Stärke des US-Dollars in 2015 eine geringfügige generelle Preiserhöhung vornehmen. Denn die dadurch gestiegenen Produktions- und Materialkosten können wir nicht vollumfänglich selber tragen. Das wird vermutlich anderen Gleitschirmherstellern gleich ergehen, das betrifft also alle. In früheren Jahren hat sich ja der Dollar lange gegenüber dem Euro eher abgeschwächt. Das hat jeweils gerade die Teuerung in Asien kompensiert. Nun läuft aber beides in die gleiche Richtung. Die Preisanpassung wurde unerlässlich. Was die Stärke des Schweizer Franken angeht, ist das unser Problem als Schweizer Hersteller. Das können und wollen wir nicht auf die ganze Welt abwälzen. Deshalb müssen wir da andere Lösungen suchen als eine weitere Preiserhöhung.
Advance ist ein Schweizer Unternehmen, produziert allerdings in Vietnam und verkauft viel außerhalb der Schweiz. Beruht eure kaufmännische Rechnung auf dem Schweizer Franken, oder rechnet ihr eh grundsätzlich in Euro oder Dollar?
Simon Campiche: Wir haben in der Tat eine komplexe Kosten- und Ertragsstruktur in den drei Währungen Schweizer Franken, Euro und Dollar. Schlussendlich haben wir einen hohen Fixkostenanteil in Schweizer Franken, während 80 Prozent der Einnahmen in Euro kommen.
Im Euro-Raum werden Advance-Schirme also etwas teurer. Wie aber wird eure Preispolitik unterm Strich in der Schweiz aussehen?
Simon Campiche: Klar ist, dass wir unsere Preise in der Schweiz generell senken müssen, damit wir unsere Flugschulen im Heimmarkt in einer eh schon schwierigen Situation bestmöglich unterstützen können. Das tut uns zusätzlich weh, aber nur so können wir den Schweizer Markt und unsere Partner stärken.
Andere Marken von außerhalb der Schweiz können nun auf jeden Fall günstiger werden für die Schweizer. Wie wollt ihr auf diese zwangsläufig wachsende Konkurrenz reagieren?
Simon Campiche: Da wir die Preise in der Schweiz an den Kurs vom Franken zum Euro koppeln, werden unsere Produkte in der Schweiz billiger. Das Problem sind ja nicht nur die anderen Marken in der Schweiz, sondern die Einkäufe der Schweizer im nahen Ausland. Wenn die Preise in der Schweiz nicht sinken, kauft niemand mehr da ein. Wir müssen sicherstellen, dass die Schweizer Flugschulen konkurrenzfähig bleiben gegenüber denjenigen aus dem umliegenden Euro Raum.
Gibt es also in der Schweiz bald Gleitschirmpreise eins zu eins wie in der EU?
Simon Campiche: Es gibt noch immer viele Schweizer Piloten, die eine qualitativ hochstehende Dienstleistung vor Ort schätzen und deshalb auch bereit sind, in der Schweiz einen leicht höheren Preis dafür zu bezahlen. Das ist auch gut so. Schliesslich ist hier alles teurer und auch die Löhne sind höher. Die Gleitschirmbranche in der Schweiz darf ihre Preise nicht auf die paar Schnäppchenjäger ausrichten, die mehrwertsteuerfrei im nahen Ausland einkaufen und dann den Schirm über die Grenze nach Hause schmuggeln. Sonst geht die ganze Branche in der Schweiz zugrunde.
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