Wochenlang Hochdruckwetter und trotzdem gute und hochreichende Thermik? Für manche Piloten klingt das nach einem Widerspruch. Doch warum sieht die Realität anders aus?

Die Großwetterlage des Tages, an dem Andreas Lieder 375 km
quer über Deutschland flog. Der Hochdruck über Mitteleuropa
war nur schwach ausgeprägt. // Quelle: wetterzentrale.de
Kürzlich erreichte mich eine Email von Tim mit folgender Frage:

"Die letzten Wochen haben ja unglaubliches Flugwetter in unseren Breiten beschert mit absurd hohen Basen. Klar, es war sehr trocken, daher haben sich die Cumuli erst in großer Höhe gebildet, aber was mich überrascht, ist, dass es thermisch überhaupt so gut ging. Ich hätte eigentlich erwartet, dass die Atmosphäre bei so lang anhaltender Hitze schnell immer stabiler würde und die Thermik stumpfer, bis sie fast ganz abstirbt. Hätte nicht außerdem eine Absinkinversion für sinkende Basishöhen sorgen und die Cumulusbildung unterdrücken sollen?"

Grundsätzlich hat Tim Recht mit seiner Einschätzung. In einem Hochdruckgebiet haben wir sinkende Luftmassen, die sich beim Absinken zwangsläufig erwärmen und somit eine klassische Absinkinversion bilden. Damit sich allerdings eine hartnäckige Inversion formen kann, müssten Luftmassen über einem Ort etwas länger verweilen, ohne ausgetauscht zu werden. Man spricht dann von einer alternden Luftmasse.

Die Großwetterlage dieses Sommers ist für Mitteleuropa nördlich der Alpen eine andere. Die Kerne der großen Hochdruckgebiete, die derzeit ständig die Tiefs von uns fernhalten, sitzen nicht über Deutschland, sondern mal über dem Ostatlantik, mal Großbritannien, gerne auch Skandinavien und Russland. Deutschland und der Alpenraum liegen dann in der Regel nur im Randgebiet des Hochdrucks. Das heißt, der Luftdruck ist gar nicht so hoch, häufig sogar unter 1020 hPa. Die Absinkbewegungen fallen moderat aus, und die entsprechende Inversion ist nicht so erdrückend.

In den Randlagen eines Hochs findet zudem, vor allem in der Höhe, immer noch  ein stärkerer Luftmassenwechsel statt. Gut erkennbar wird das, wenn man sich z.B. auf Windy einmal die Bodenwindprognosen und dann die Windprognosen auf 4000 oder 5000 Meter anschaut. Dort kann man sehen, dass windschwache Zonen am Boden nicht unbedingt überall mit windschwachen Bereichen in der Höhe korrelieren. Teilweise gibt es in der Höhe sogar eine recht kräftige Strömung, deren Turbulenzen eine geordnete Absinkbewegung unterbinden.


Der Ofen ist "richtig an"

Als dritter, wichtiger Faktor kommt die enorme Trockenheit hinzu. Die Oberschichten der Böden sind so ausgedörrt, dass die Energie der Sonne viel weniger als üblich erst einmal in die Erwärmung des Bodenwassers gesteckt wird (latente Wärme). Stattdessen heizt sich der Boden selbst schnell stark auf und wirkt als entsprechend potente Wärmeplatte für die darüber liegende Luft. Der Ofen ist also "richtig an", und das bewirkt, dass trotz schon warmer Luftmassen von unten raus genügend zusätzliche Wärme nachgeliefert wird, um für hochreichende Konvektion zu sorgen.

An manchen Standorten (mit leicht gealterter Luftmasse), wird es vielleicht etwas dauern, bis die Thermik richtig durchzieht. Sie mus erst die bodennahe Inversion knacken, die des nachts durch Ausstrahlung entstanden ist. Doch Konvektion bedeutet, dass die Luft nicht nur aufsteigt, sondern daneben auch nach unten gelangt (Abwinde). Aufsteigende Luft kühlt sich trockenadiabatisch mit 1°C pro 100 Meter ab. Absinkende Luft erwärmt sich allerdings ebenso trockenadiabatisch mit 1°/100m. Diese durchmischende Umwälzbewegung führt dazu, dass sich im Tagesverlauf in der thermisch durchmischten Grenzschicht ein relativ gleichmäßiger, guter Temperaturgradient ausbildet. Vorhandene, schwache Inversionen werden dabei einfach weg gemischt.

Der hoch reichende Durchmischungsprozess läuft übrigens den ganzen Tag lang (solange die Sonne scheint). Deshalb wird die Thermik in diesen Tagen zum Nachmittag hin in der Regel immer besser, die Basen höher – weil sich dann ein durchgehend guter Gradient einstellt. Zum Abend hin kommt dann noch ein weiterer Effekt zum Tragen. 

In der Hitze und Trockenheit des Tages versuchen die meisten Pflanzen Wasser zu sparen. Sie verschließen ihre Blattöffnungen, um die Verdunstung zu reduzieren. Wenn die Sonne nicht mehr so knallt, öffnen sie diese wieder. Die unteren Atmosphärenschichten bekommen dadurch einen Feuchtigkeitsschub. Und da feuchte Luft etwas leichter ist als trockene, wird sie bereitwillig und großflächig aufsteigen. 

Dieser Effekt ist dann vor allem über Wäldern oder entlang von Flusstälern zu spüren. Bei guter Linienwahl wird man am Abend über etwas feuchteren Gebieten noch "magische Luft" finden, die einen schier bis Sonnenuntergang zu tragen vermag.