Wer keine großen Strecken fliegen und dokumentieren möchte, braucht kein teures GPS-Gerät. Worauf man bei einfachen Varios achten sollte. Eine Einführung 

[Hinweis: Dieser Text ist in ähnlicher Fassung zuvor schon im DHV-Info 212, S 64 ff. erschienen]

Fürs Thermikfliegen reicht ein simples Helmvario wie das
Bräuniger bzw. Flytec Sonic. // Quelle: Lu-Glidz
Bei Fluganfängern kommt in der Regel nach dem ersten Thermikkreis der Wunsch auf: Ich möchte genauer erfahren, wo und wie stark die Luftmassen steigen, um darin erfolgreich Höhe gewinnen zu können. Zwar kann man Thermik auch nur mit Körpergefühl, salopp gesagt dem „Popometer“, erspüren und erfolgreich nutzen. Doch deutlich einfacher geht das mit einer technischen Hilfe, dem Variometer, kurz Vario genannt. Dieser Sensor misst, ob ein Pilot im Flug steigt oder sinkt, und teilt das auch entsprechend mit.

Alle Varios am Markt produzieren Piepstöne wenn es steigt, wobei in der Regel sowohl die Tonhöhe als auch die Wiederholfrequenz der Piepser mit den Steigwerten zunehmen. Manche Geräte können auch ein charakteristisches Brummen von sich geben, wenn man sinkt (Sinkton); und einige zeigen die jeweiligen Steig- und Sinkwerte sowie die aktuelle Flughöhe auch in Zahlen auf einem Display an. Das wichtigste im Flug ist allerdings das hörbare Feedback des Piepsens. Danach richtet man sich, um das steigträchtigsten Zonen eines Bartes bestmöglich zentrieren zu können.


Flymaster Vario LS 
Die technischen Grundlagen sind bei allen Modellen die gleichen. Varios enthalten jeweils einen Sensor, der den Luftdruck misst und dabei schon feinste Unterschiede erkennt. Der Luftdruck nimmt bekanntlich mit der Höhe ab, ungefähr um ein Hectopascal alle zehn Meter. Die sogenannten Druckdosen der Varios können den Druck so fein messen, dass sich damit Höhendifferenzen von 20 Zentimetern auseinander halten lassen. Einige Gerätehersteller rühmen sich sogar, eine besonders rauscharme Messelektronik einzusetzen, die auf weniger als zehn Zentimeter genaue Signale liefert. Solche Feinheiten sind allerdings für das klassische Thermikfliegen selten entscheidend. Ein Vario ist immer nur so gut wie der Pilot, der die Töne interpretiert!

Variometer gibt es in den verschiedensten Ausführungen und Preisklassen – zwischen 50 und fast 1000 Euro. Wer keine vorprogrammierten Strecken abfliegen will, wer seine Flüge nicht auf XC-Onlineseiten dokumentieren oder gar an Wettbewerben teilnehmen will, der kann getrost auf die teuren, hochintegrierten Flugcomputer mit GPS-Chips und ausgefeilter Software verzichten. Einfache Varios, die allein als Thermik- und möglicherweise noch Steigwert- und Flughöhenanzeiger dienen, sind heute typischerweise für unter 200 Euro zu haben.


Display liefert wichtige Infos

Flytec Element Alto
Bei den einfachen Varios lassen sich grundsätzlich zwei Klassen unterscheiden: Geräte mit und ohne Display. Piepsen können beide, sodass sie im reinen Thermikflug ihre Funktion genauso gut erfüllen. Dennoch bringt es Vorteile, im Flug auch eine Anzeige am Vario zu haben. Darauf kann man unter anderem ablesen, in welcher Höhe man sich befindet. Das ist wichtig, um beispielsweise sichergehen zu können, nicht in für Gleitschirmflieger gesperrte Lufträume aufzusteigen.

Viele Piloten, gerade auch am Anfang ihrer Thermikfliegerkarriere, wollen gerne wissen, wie schnell sie tatsächlich in der Thermik steigen. Sind es nun 2 oder 4 Meter pro Sekunde? Wie hoch war das maximale Steigen? „Ich hatte 5 Meter pro Sekunde integriert!“ Wer mit solchen Aussagen seinen Kumpels imponieren will, kommt um ein Vario mit entsprechender Anzeige und Flugdatenspeicher nicht drum herum.

Syride Sys Alti
Ein weiterer Vorteil von Varios mit Display liegt darin, dass sie nicht nur das momentane Steigen per Piepton ausgeben, sondern auch einen sogenannten integrierten Vario-Wert liefern können. Dahinter verbirgt sich das über die letzten 10 oder 20 Sekunden gemittelte Steigen, wobei die Integrationszeit in der Regel einstellbar ist. 20 Sekunden sind hier ein guter Wert, weil das etwa der Zeit entspricht, die man durchschnittlich für einen Thermikkreis benötigt. So kann man am integrierten Steigen erkennen, ob ein zerrissener Bart netto immer noch einen Höhengewinn pro Thermikkreis bringt.

Wer ein Vario mit Display verwendet, muss sich allerdings Gedanken darüber machen, wo und wie er das Gerät am besten in seinem Blickfeld befestigt. Die Klassiker sind: mit einem breiten Band aufs Bein gebunden oder auf ein Cockpit geklettet. Kleinere Vertreter wie das Syride Sys Alti und das Micro Alti Plus von Fairhaven können auch gut an einen Tragegurt geschnallt werden.


Klein aber oho

Fairhaven Micro Alti Plus
Varios ohne Display sind deutlich kleiner und leichter. Damit können sie gut direkt am Helm befestigt werden oder auf einem Klettstreifen am Schultergurt des Gurtzeuges. Grundsätzlich sollte man bei diesen Varios darauf achten, die Geräte möglichst in der Nähe des Kopfes zu platzieren, damit das Piepen auch bei stärkerem Fahrtwind gut hörbar bleibt. Gerade die kleinen Varios haben häufig nicht so potente Lautsprecher oder Piezo-Pieper. Manche sind im Flug nur schlecht wahrnehmbar, wenn man sie auf dem Cockpit montiert.

Viele Piloten nutzen ein kleines Vario als Backup-Gerät, das immer dabei ist und schnell eingeschaltet werden kann, wenn ein „großes“ Instrument einmal versagt. Wer gerne auf Hike-and-Fly setzt, wird freilich auch das geringe Gewicht und Packmaß dieser Vario-Varianten zu schätzen wissen, um sie als einziges Mini-Instrument mit auf den Berg zu tragen.

SkyBean Vario
Bei den Mini-Varios sind zwei Arten der Energieversorgung zu unterscheiden. Es gibt batterie- oder akku-betriebene Geräte und solche mit einer Solarzelle. Wer auf die solare Lösung setzt, muss in der Regel etwas tiefer in den Geldbeutel greifen, wird sich aber so gut wie nie mehr Gedanken um die Einsatzfähigkeit machen müssen. Gerade für Backup-Lösungen ist das sinnvoll.

Die meisten batteriebetriebenen Mini-Varios sind mit Knopfzellen bestückt, deren Energiespeicher typischerweise für mehr als 100 Stunden ausreicht und jahrelang halten kann. Ausnahmen stellen das Bluefly-Vario, eine Bastellösung eines australischen Entwicklers, und das Fairhaven Micro Vario dar. Deren LiPo-Akkus werden über einen USB-Anschluss geladen.

Bluefly Vario
Das Bluefly-Vario piepst übrigens nicht nur, sondern kann seine Messdaten auch per Bluetooth-Funk an ein Smartphone mit entsprechender Flugsoftware senden. Wegen des erhöhten Strombedarfes der Bluetooth-Verbindung muss das Vario allerdings schon nach einem langen Flugtag wieder aufgeladen werden. Dafür bietet es freilich die Möglichkeit, in Kombination mit einem eh vorhandenen Smartphone samt passender App ein potentes Fluginstrument für kleines Geld zu bilden. (Hinweis: Die in manchen Smartphones eingebauten Luftdruck-Sensoren sind zu träge und ungenau, um sie allein als sensibles Vario fürs Thermikfliegen zu nutzen. Als reine Höhenanzeige taugen sie aber allemal.)


Eine Frage der Ansprache

Skytraxx Tweety
Jedes elektronische Messgerät besitzt ein Grundrauschen. Das gilt auch für Varios. Um hier keine falschen Piepser auszugeben, erheben die Geräte viele Messwerte pro Sekunde und bilden daraus einen gleitenden Mittelwert. Zeigt dieser Steigen oberhalb eines bestimmten Schwellenwertes an, piepst das Vario. Allerdings führt die Verrechnung der Messwerte dazu, dass das Vario etwas verzögert anspricht. Diese Dämpfung bedeutet: Wer in eine Thermik einfliegt, wird das häufig schon am Körper spüren (man wird ins Gurtzeug gedrückt), bevor das Vario den Vorgang bestätigt.

Syride Sys One
Manche Variohersteller werben damit, dass ihre Geräte eine besonders geringe Dämpfung besitzen. Das ist allerdings nicht zwangsläufig von Vorteil. Bei einer schnellen Ansprache reagiert das Vario auch schon auf kurze Heber, die für den Piloten gar nicht weiter nutzbar sind. Die Piepser könnten einen dennoch dazu verleiten, in diesen vermeintlichen Bart einzudrehen. Das bringt Unruhe in den Flug, die letztendlich sogar kontraproduktiv sein kann.

Sehr empfindliche, „schnelle“ Varios bringen am ehesten jenen Piloten Vorteile, die schon viel Thermikerfahrung besitzen und einen sehr ruhigen Kurbelstil pflegen. Sie werden die feinen Zusatzinformationen eines gering gedämpften Varios zu deuten und zu nutzen wissen. Wer hingegen noch eher grobmotorisch durch die Bärte pflügt, wird allein mit jeder Schaukelei bei der Kurveneinleitung sein Vario anschlagen lassen und sich so gewissermaßen selbst betrügen. Hier hilft eine verzögerte Ansprache, echte Bärte von Scheinbärten zu unterscheiden.


Guter Sound gefällig? 

Fairhaven Micro Vario
Wer nun vor der Entscheidung steht, welches Mini-Vario angesichts des breiten Marktangebotes das passende wäre, sollte nicht nur auf technische Grunddaten achten. Es empfiehlt sich, wenn möglich, den Klang verschiedener Geräte zu vergleichen. Das Piepen der Geräte fällt sehr unterschiedlich aus und reicht von einem angenehm sonoren Klang bis zum arg blechernen Fiepen. Letzteres wird man als Backup im Notfall zwar ertragen, aber nicht unbedingt bei langen Flügen hören wollen.

Wichtig ist auch eine Lautstärke, die in mehreren Stufen verstellbar ist, um sie an die unterschiedlichen Anbaupositionen des Varios anpassen zu können. Piloten mit Schwerhörigkeit sei wiederum empfohlen, ein Vario zu wählen, an das man einen externen, direkt im Helm platzierbaren Lautsprecher anschließen kann. Serienmäßig bieten das die Geräte des britischen Herstellers Fairhaven. Auf Anfrage liefert auch der Hersteller des LeBipBip+ ein entsprechendes Upgrade.


Die Sache mit dem Sinkton

Stodeus LeBipBip+
Die meisten Varios können nicht nur das Steigen mit Tönen anzeigen, sondern auch das Sinken. Typischerweise setzt der Sinkton ab einer bestimmten, bei vielen Modellen auch einstellbaren Schwelle ein, z.B. -3 m/s. Doch was bringt einem das? Die meisten Piloten, vor allem die weniger erfahrenen, werden den brummenden Sinkton vor allem als Ärgernis erleben – weil sie nicht wissen, wie sie darauf reagieren sollen. Zumal das Brummen zusätzlichen Stress verbreitet. Wer sich hier wiederfindet, darf den Sinkton ruhig abstellen!

XC Tracer mini
Auch sonst ist es ratsam, die Sinktonschwelle nicht zu hoch anzusetzen. -3 m/s ist da ein guter Richtwert. Wenn der Sinkton ertönt, sollte der Pilot das als Aufforderung verstehen: Bremsen ganz freigeben (vielleicht ist der Schirm im Sackflug), Beschleuniger treten (um schneller aus dem Sinkbereich zu kommen) und zudem vielleicht den Flugpfad um 45 Grad nach rechts oder links verlagern, um seitlich aus der Sinkzone hinter einer Thermik auszubüxen (Tipp: Je stärker es sinkt, desto größer wählt man die Abweichung vom aktuellen Kurs.)

Renschler Solario

Was bringen Nullschieber-Töne?

Manche Varios bieten die Option, bei einem sehr geringen Sinken zwischen 0 und -0,5 m/s besondere Nullschieber-Töne auszugeben. Sie zeigen an, dass die Luftmassen um einen herum schon steigen, wobei das Eigensinken des Schirmes noch nicht ganz kompensiert wird. Auf diese Weise kann man eine nahe Thermik früher erkennen und steigträchtigen Linien in der Luft besser folgen.

Wirklich nutzbar sind solche Möglichkeiten am ehesten für Piloten, die schon mehr Erfahrung im „Lesen der Luft“ mitbringen. Gerade Flachland-Streckenflieger, die sich häufiger in Nullschieberzonen kreisend über die Landschaft versetzen lassen, werden davon profitieren. Für Thermikanfänger können die Nullschieberpiepser hingegen schnell etwas zuviel an Information liefern.

[Bildquellen: jeweils die genannten Hersteller]



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