Jedes Jahr veröffentlicht der DHV die Unfallzahlen des Vorjahres, darunter auch Todesfälle. Noch erhellender wird der Blick auf die Ursachen, wenn man größere Zeiträume betrachtet.
Klapper sind die häufigste Ursache von tödlichen Abstürzen. Das hier gezeigte Beispiel ging allerdings glimpflich aus. Es stammt aus einem Sicherheitstraining. |
Der deutsche Gleitschirm-Pilot Tim-Patrick Meyer hat im Paraglidingforum eine interessante Statistik veröffentlicht. Er nahm alle Berichte des DHV zu tödlich verlaufenen Unfällen aus den Jahren 2007 bis 2019 und gliederte die insgesamt 117 verzeichneten Todesfälle nach deren Hauptursachen. Die wichtigsten Erkenntnisse:
- 36 Prozent aller tödlichen Unfälle basierten auf Klappern.
- 14 Prozent wurden durch Strömungsabriss und Trudeln des Flügels verursacht (ohne vorhergehende Klapper)
- die restlichen 50 Prozent hatten eine Vielzahl von Auslösern, angeführt von fehlgeschlagenen Acro-Manövern (9%), Hindernis-Kollisionen (7%) und nicht geschlossenen Beingurten (7%).
Interessant sind diese Daten, weil sie unter anderem unterstreichen, warum Sicherheitstrainings so wertvoll sind. Denn dort werden angemessene Reaktionen auf Klapper, aber auch das Erkennen von Srömungsabriss und Trudeln eines Flügels und das passende Verhalten geübt – also genau jene Vorfälle, die statistisch betrachtet ein besonders hohes Risiko bergen. Auch Acro-Manöver lassen sich am besten und sichersten über Wasser trainieren.
Hier noch die Statistik im Detail (Quelle: Tim-Patrick Meyer, basierend auf Daten des DHV):
11 comments
Ich meine mich zu erinnern, dass der DHV mittlerweile davon ausgeht, dass deutlich mehr der Unfälle auf Strömungsabrisse zurückzuführen sind. Bzw. auf Überreaktionen auf Klapper. Die Personen nennen dann zwar den Klapper als Auslöser, aber in Wirklichkeit ist das darauf folgende unkontrollierte Stallen und schießen lassen der eigentliche Übeltäter. Der Schluss ist aber natürlich der gleiche: Sicherheitstrainings machen Sinn, weil beide Situationen dort trainiert werden ;).
AntwortenLöschenLiebe Grüße,
Timon Weber, Villach
Ich meine mich zu erinnern, dass der DHV mittlerweile davon ausgeht, dass deutlich mehr der Unfälle auf Strömungsabrisse zurückzuführen sind. Bzw. auf Überreaktionen auf Klapper. Die Personen nennen dann zwar den Klapper als Auslöser, aber in Wirklichkeit ist das darauf folgende unkontrollierte Stallen und schießen lassen der eigentliche Übeltäter. Der Schluss ist aber natürlich der gleiche: Sicherheitstrainings machen Sinn, weil beide Situationen dort trainiert werden ;).
AntwortenLöschenLiebe Grüße,
Timon Weber, Villach
Ja, bei 23 von insgesamt 42 Klapper-Unfällen ist in der Beschreibung von Folgezuständen die Rede: Autorotation (12), Strömungsabriss/Kaskade (9), Sturz in's Segel (2). Vielleicht sind's sogar mehr, da womöglich nicht alle Unfall-Beschreibungen dies explizit erwähnen (sondern nur von "Klappern" sprechen).
AntwortenLöscheninteressant wäre jetzt noch die Schirmklassen mit in die Statistik einfließen zu lassen.
AntwortenLöschenWieso sollte man ausgerechnet auf die Schirmklassen eingehen? Das ist nur einer von vielen und ganz sicher nicht der relevanteste Einflussfaktor. Da sollte man eher erfassen, wie viele der Piloten regelmäßige Sicherheitstrainings machten, sich in Meteo weiterbildeten, wie alt sie waren, wie erfahren, ob sie bei angemessenen Bedingungen starteten, durch private Probleme abgelenkt waren usw.
AntwortenLöschenNatürlich sind diese Faktoren schwierig zu erfassen. Dann aber ausgerechnet die Schirmklasse als Erklärungsversuch heranzuziehen - nur weil diese leicht zu erfassen ist - macht keinen Sinn. Leider hat der DHV mit seiner ewigen Leier bereits in vielen Fliegerköpfen verankert, dass das (Un-)heil im Material zu suchen ist.
Ich finde es daher GUT, dass diese Statistik diesem Unsinn nicht folgt.
Nur bei 86 von allen 117 Unfällen (74%), ist die Schirmklasse in den Unfallberichten und -beschreibungen überhaupt genannt. Bei den Klapperunfällen ist die Quote mit 38 Nennungen der Schirmklasse von 42 Unfällen (90%) besser, daher hier die Ergebnisse dazu:
AntwortenLöschenEN-A/LTF 1: 5 Unfälle (13%)
EN-B/LTF 1-2: 18 Unfälle (47%)
EN-C/LTF 2: 10 Unfälle (26%)
EN-D/LTF 2-3: 4 Unfälle (11%)
Wettkampf/LFT 3: 1 Unfall (3%)
Man müsste das nun in Relation setzen zu den Anteilen der Schirmklassen an der Gesamtheit aller Gleitschirmpiloten in Deutschland. Dazu kenne ich keine genauen Zahlen (in der Mitgliederumfrage von 2018 waren Mehrfachnennungen möglich, was den Vergleich verzerrt).
Ich glaube man kann tendenziell aber sagen, dass A-Schirme bei den tödlichen Klapperunfällen unterrepräsentiert sind, während C- und D-Schirme überrepräsentiert sind. Das heißt für mich aber nicht, dass die Schuld im Material zu suchen ist. Ich halte es eher für ein Indiz dafür, dass Schirm und Pilot in den Klassen oberhalb EN-B öfter mal nicht zusammenpassen.
Tim-Patrick, wenn man nur die ANZAHL der Piloten betrachtet, welche die jeweilige Schirmklasse fliegen, könnten C- und D-Schirme zwar eventuell überpräsent sein. Dieser Ansatz ist aber nicht richtig. Man müsste auch die Flugstunden berücksichtigen, die jeweils geflogen werden. Der durchschnittliche C-/D-Pilot hat vermutlich fünf bis zehn mal mehr Airtime als der durchschnittliche A-/B-Pilot. Es ist einfach nicht sinnvoll, das Material hier wieder ins Spiel zu bringen.
AntwortenLöschenUnd wenn schon Material, warum dann ausgerechnet nur den Schirm? Ich denke bei etlichen Unfällen hat das Gurtzeug, das Fluginstrument, die Jacke oder die Sonnenbrille eine größere Rolle gespielt. Diese Denke "ich muss nur den richtigen Schirm fliegen, dann bin ich sicher" ist aus meiner Sicht ebenso weit verbreitet wie gefährlich. Deshalb finde ich es schade, dass Du diese Daten noch nachgeliefert hast. Die meisten Piloten werden nun leider wieder in ihr übliches, falsches Denkschema verfallen...
Nochmal in aller Deutlichkeit: Wenn man die geflogenen Stunden betrachtet, sind A-Schirme deutlich überpräsent. Aber da jetzt ableiten zu wollen, dass A-Schirme gefährlicher als Wettkampfschirme sind, wäre etwas verwegen.
AntwortenLöschenP.S.: habe im vorhergehenden Posting den Namen vergessen, war auch von mir...
Hallo Jörg,
AntwortenLöschenich stimme Dir natürlich zu, dass es unzählige Faktoren gibt, die Einfluss auf einen Unfall haben können. Den Schirm (als unser zentrales Fluggerät) davon kategorisch auszuklammern, halte ich aber auch nicht für richtig. Vor allem aber gibt es zu all den anderen Faktoren eben nur wenig statistisch verwertbare Informationen.
Dein Argument, dass man bei einer Betrachtung der Schirmklassen die Flugstunden berücksichtigen müsste, finde ich nachvollziehbar, denn es erscheint mir einleuchtend, dass die Unfallwahrscheinlichkeit steigt, je mehr Zeit man dem Risiko des Fliegens ausgesetzt ist. Man kann aber auch argumentieren, dass mehr Airtime mehr Kontrolle und Sicherheit bedeutet und somit die Unfallwahrscheinlichkeit reduziert. Ich denke, dass beides stimmt und sich das nicht gegenseitig ausschließt. In jedem Fall aber sind mir auch zur durchschnittlichen Airtime nach Schirmklasse keine Informationen bekannt, die man auswerten könnte.
Viele Grüße
Tim
Frank Stadler, Nürnberg
AntwortenLöschenZitat Lu-Glidz:
"Interessant sind diese Daten, weil sie unter anderem unterstreichen, warum Sicherheitstrainings so wertvoll sind."
Etwas provokativ aber ist doch gut möglich, dass die Verunglückten an ein oder mehrere Sicherheitstrainings teilgenommen haben und aus diesem Grund sich mehr zutrauen. Vor allem an Tagen fliegen an denen die Anforderungen größer sind. Das hätten Sie vielleicht nicht getan, wenn sie kein Sicherheitstraining gehabt hätten.
Sorry - aber die Statistik sagt so gut wie nichts aus. Der einzige Mehrwert bei den Unfallstatistiken des DHVs ist der Unterhaltungswert.
@Frank Stadler: Unfalltote für im Wesentlichen unterhaltsam zu halten, ist trumpsch. In der Sache ergehen Sie sich in mehrwertfreie Spekulationen. Wesentlich ist
AntwortenLöschen1. eine klare Erkenntnis zu schaffen, dass wir einen prinzipiell risikobehafteten Sport betreiben, der entsprechende Fähigkeiten, Kenntnisse und qualifizierte Selbsteinschätzung verlangt,
2. deshalb auch aus den Fehlern anderer zu lernen und sich mit dem eigenen möglichen Verhalten in ähnlichen Situationen auseinanderzusetzen, weil manche Fehleinschätzung und falsche Reaktion final sanktioniert wird,
3. den Sport individuell so zu betreiben, dass objektiv bestehende Risiken weitestgehend vermieden werden, u.a. um gesellschaftliche Achtung und Akzeptanz für unseren Sport zu erhalten.
Jeder Flugsporttote ist einer zuviel, insbesondere, wenn daraus nichts gelernt wird. Und der DHV macht gerade in diesem Punkt eine sehr gute Arbeit, jeden Fall aufzuarbeiten, die wesentlichten Ursachen zu benennen und mit Veröffentlichung der Erkenntnisse zu größerer Sicherheit von Sportlern und Gerät beizutragen.
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