Eine statistische Auswertung von Tausenden von Flügen zeigt: Ein Durchschnittspilot braucht rund 25 Sekunden für einen Thermikkreis. Erfahrene Piloten kurbeln häufig enger.
// Quelle: M. Morlet, Cross Country Magazine, bearbeitet |
Der französische XC-Pilot Martin Morlet ist der Entwickler der interessanten App XC-Analytics (Lu-Glidz berichtete). Darüber kann man viele technische Details von Flügen statistisch analysieren. Beispielsweise: Wie eng kreise ich eigentlich in der Thermik?
Martin Morlet hat mit dieser Fragestellung mal rund 100.000 Flüge aus der Datenbank des französischen XC-Online-Contests untersucht. Heraus kam eine Grafik, die die prozentuale Verteilung der Piloten wiedergibt: Welcher Anteil schließt seine Thermikkreise eher schnell oder lässt sich dafür einiges an Zeit?
Den Ergebnissen nach benötigt ein Pilot im Durchschnitt rund 25-26 Sekunden für einen Thermikkreis. Aber der Durchschnitt muss nicht zwangsläufig bedeuten, dass in diesem Bereich das Optimum liegt. Interessant ist da die Frage: Wie machen es die "besseren" Piloten?
Morlet hat für die aktuelle Ausgabe 215 des Cross Country Magazine einen Artikel über seine Erkenntnisse geschrieben. Im Beitrag ist noch eine weitere Grafik enthalten: Sie zeigt, dass die typische Thermikkreisdauer der ausgewerteten Flüge mit steigender XC-Distanz fast linear abnimmt. Bei Flügen bis 50 km brauchen die Piloten im Durchschnitt noch über 25 Sekunden pro Thermikkreis. Für Distanzen von 180 km und mehr sinkt dieser Wert schon auf unter 23 Sekunden. Morlet sieht in der XC-Distanz einen guten Indikator für die durchschnittliche Erfahrung der Piloten.
Morlet weist auch darauf hin, dass die erfolgreichsten französischen XC-Piloten sogar nur rund 20 Sekunden oder weniger für einen Kreis benötigen. Anders gesagt: Sie kurbeln um einiges enger als der Durchschnitt.
Kelly Farina geht in seinem lesenswerten Buch Paragleiten wie ein Meister sogar noch weiter. Er empfiehlt darin die von ihm so benannte 4/90-Regel. Für jedes Viertel eines Thermikkreises (also 90 Grad) sollte man idealerweise nur 4 Sekunden benötigen. Ein Vollkreis dauert dann 16 Sekunden.
Nimmt man Morlets XC-Analysen als repräsentativ an, setzt aber gerade mal ein Prozent der Piloten Farinas Empfehlung in die Tat um.
13 Kommentare
Schöne Auswertung! Ich glaube gerne, dass erfahrene/gute Piloten schneller und enger drehen. Ein Aspekt fehlt mir aber trotzdem: Eine bestimmte Kreisvollendungszeit bedeutet nicht einen bestimmten Kreisradius, weil auch die Bahngeschwindigkeit eingeht.
AntwortenLöschenSchade, dass die Kreisvollendungszeit ausgewertet wurde und nicht direkt aus den GPS-Daten der Flüge der Kurbelradius.
Diese Tatsache ist den guten Piloten schon lange klar. Ich rate aber nicht ganz so versierten Piloten von dieser Technik ab. Wer richtig eng kreist muss wissen was er tut. Aus meiner Erfahrung heraus passieren die schlimmsten Unfälle beim Abreisen des Schirms (oder bei großflächigen einseitigen Klappern).
AntwortenLöschenNothing for ungood...
@Thomas. Der Kurbelradius ist auch kein genaues Maß, weil hier der Kreisradius am Piloten und nicht am Auftriebszentrum des Schirms gemessen wird. Langleinige Schirme ergeben dann einen größeren Kurbelradius, auch wenn die Kappen vielleicht den gleichen Kreis beschreiben... Es ist also alles immer nur eine Näherung.
AntwortenLöschenAllerdings hat Martin Morlet auch diesen Punkt in seinem XC-Mag-Artikel bedacht. Er schreibt dort, dass die D- und CCC-Schirme, mit denen die besonders erfahrenen Piloten unterwegs sind, beim Kurbeln selbst nicht so viel schneller fliegen als andere Schirme. Den Unterschied beziffert er auf 2-3 km/h. Also irgendwas zwischen 0,5 und unter 1 m/s. Rechnet man mal vereinfacht mit 10m/s für einen normalen Schirm und 11 m/s für einen "schnelleren" Schirm, so macht das im Kreisradius noch keinen extremen Unterschied. Bei einem 20 Sekunden-Kreis kurbelt der langsamere mit einem Kreisdurchmesser von gerundet 64 m, der schnellere mit rund 70 m Durchmesser, also Radius 32 vs. 35.
Die Kreisvollendungszeit ist somit zumindest eine gute Näherung dafür, ob Piloten weiter oder enger drehen.
In der App XC-Analytics kann man sich die Statistik seiner Thermikkreise übrigens auch in Durchmessern bzw. Radius ausgeben lassen.
Da ich die App sowieso mal als Spielerei gekauft hab hab ich da grad nochmal nen paar Flüge durchlaufen lassen... mit dem Ergeniss, dass die meisten meiner Kreise einen Radius von 30m haben, die größeren Kreise (60m) aber oft ein höheres Steigen (was wohl stark von den Bedingungen abhängt). Ausserdem ist mir schon öfter aufgeffallen, dass manchmal in der App manche Grafiken nicht angezeigt werden (z.B. seh ich die Kreiszeit nichtmehr). Wenn viel in der Luft los ist kann man den Kreisradius oft garnicht so frei wählen (da reicht oft schon nur ein anderer auf ähnlicher Höhe, der riesige Kreise fliegt und richtiges Zentrieren unmöglich macht).
AntwortenLöschenSchöne auswertung mit dieser doch sehr geilen App!
AntwortenLöschenLeider ist eine Sache schwer zu berücksichtigen. Das Wetter bzw. der Wind. Bei mehr Wind fliege ich zumindest ellipsen mit längeren Gegenwindradien um so die abdrift zu kompensiren um im Luv der Thermik zu bleiben. Darais resultiert fast zwangsläufig eine längere Kreiseldauer.
Ebenso in Frühlingstagen tiefer einstieg im Mittelgebirge. Dann sind die kreise oft schon halbe Spiralen um nicht aus der kleinflächigen Thermik herauszufallen. Wohingegen in einem Nachmittagsbart in alpinem Gelände bei großflächigen super Steigwerte drin sind bei denen sich sogar die Aussicht genießen lässt. Am gleichen Tag vormittags in einem Leebart sieht das aber auch wieder anders aus.
Daher denke ich man muss sich mit jedem Kreis neu auf die Situation einstellen können.
sehr gut dass das mal wissenschaftlich analysiert wird. also an alle bassanoflieger: DREHT ENGER!!! :D
AntwortenLöschendavor bitte das DHV video vom winkler anschauen um den schirm nicht abzureisen wie mein vorredner matthias wehrle schon gesagt hat :)
lg
diar
Hallo!
AntwortenLöschenDie weiten und sehr weiten Flüge welche mit den CCC Schirmen geflogen werden haben meines Erachtens einen relativ geringen Kurbelanteil im Vergleich zum Gleitanteil! Meine Folgerung daraus ist, das eben nur die stärksten Thermiken gekurbelt werden und starke Thermiken halt am feinsten am Stabilo zu kurbeln sind :-) somit ergibt sich der schnelle Kreis!
LG Bingo
Thank you Lucian, and thank you for your enlightening comments. I can read German, but I won't risk writing it :)
AntwortenLöschen@David: that is true, and we do see that flatlands pilots have a slightly higher circle duration compared to mountain pilots. I could not detail more in the article for the sake of its size, but the constant remains: on average, the better the pilot, the tighter the turn, whatever terrain he's on ! I will be happy to share more details, maybe in another article or post on our blog.
@Kircher: if that were true, then for example, how come that the best flatland pilots turn at 20s per circle, even during flights with an average Vz of +1m/s?
One of the other interesting aspect to consider is the altitude in relation to circle duration. Do we tend to turn tighter closer to the ground because the lifts are narrow at this altitude? And what the average Vz would be in that regard?
There is a lot to say on this subject, it could not all fit in the article, but I think I will try to go further in another one soon.
Happy landings everyone !
Merci Morlet!
AntwortenLöschenEines wird hier vergessen. Es gibt Fluggebiete im Flachland und Mitterlgebirge, die sehr wenig Höhe (max200-300m) und damit auch Recht enge Thermiken bieten. Meist hast genau eine Chance. Wenn du nicht 3 Mal am Tag am Landeplatz stehen willst musst du anfangs einfach saueng und damit schnell drehen. Natürlich versucht man auch hier fährt heraus zu nehmen soweit möglich. Drin bleiben (auch wenige Meter über Baumhöhe)geht hier über alles. Also machst anfangs selten Lehrbuchkreise. In den gängigen Alpenfluggebieten brauchst dir um sowas nichtmal Gedanken machen... Da zieht im Direktvergleich alles den ganzen Tag egal ob du weit oder eng kurvst.
AntwortenLöschen"Nimmt man Morlets XC-Analysen als repräsentativ an, setzt aber gerade mal ein Prozent der Piloten Farinas Empfehlung in die Tat um."
AntwortenLöschenAlso diese Schlussfolgerung ist wohl nicht ganz richtig! Gerade mal ein Prozent setzt diese Empfehlung _dauerhaft_ um ;)
Je nachdem, wie die Daten ausgewertet wurden, fallen ja auch Positionskreise, Warten unter der Wolke auf Kollegen, Suchkreise, Panoramakreise, Ausweichmanöver und was noch alles mit hinein. Das mindert den Durchschnitt, auch wenn jemand ansonsten brav auf 16 Sekunden kreist.
Nichtsdestotrotz kann man wohl getrost den meisten Piloten empfehlen, mal enger zu drehen :)
Interessant wäre kleinere mit größeren Schirmen zu vergleichen bei gleicher einhänge last.
AntwortenLöschenDer größere fliegt langsamer, ob dies ein engerer Kreis gibt ?
Gruß Matthias
Die zusätzliche Schwierigkeit beim eng Kreisen ist meines Erachtens die wesentlich größere Aufschaukelung um die Hochachse (ich bin eingefleischter Engkurbeler); auch weil bei jedem Nachzentieren der Schirm dann wesentlich mehr aufschaukelt. Deswegen ist es umso wichtiger die Flugbahn des Schirms antizipieren zu können und gegebenfalls vorher in die richtige Bahn zu lenken wenn man enger kreisen möchte: Wenn mich nach einem engen 180°-Turn der Kern wieder erwarten würde, bremse ich beidseitig währned der Kruve etwas an um dann im Kern nicht so aufgestellt zu werden beispielsweise.
AntwortenLöschenDeswegen glaube ich, dass vor dem engen Kreisen können ein gutes fotografisches Bild der Thermik vor Augen existieren muss, weil die Störeinflüsse im, und um den Kern zu groß sind um ihn dort längere Zeit halten zu können.
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