Die von Segelfliegern betriebene Website Thermalmap.info ist auch für Gleitschirmflieger ein Geheimtipp. 

Karte der Thermikstärke aus der RASP-Prognose.
// Quelle: Thermalmap.info

Auf der Suche nach guten Meteo-Infos fürs Paragliden lohnt es sich gelegentlich, einen Blick über den Fensterrand beliebter Websites wie z.B. Windy, Meteo-Parapente, Burnair oder XCTherm zu werfen. Segelflieger hegen das gleiche Interesse für die thermischen Bedingungen eines Tages wie Gleitschirmpiloten. Und so sind auch aus der Segelflugszene heraus Webseiten und Meteo-Projekte entstanden, die wertvolle Infos bieten.

Eins der interessantesten, kostenfreien Angebote für den DACH-Raum und darüber hinaus ist das Projekt Thermal Information Map (TIM). Zu finden ist es unter Thermalmap.info.

Betrieben wird die Website von den Segelflugpiloten Richard und Tim Stuhler aus Schwabmünchen. Die beiden haben einiges an Geld, Technik und Programmierzeit dort hinein gesteckt. Das Ergebnis sind u.a. interessante, automatische Analysetools, die man in dieser Form nirgends sonst findet. 

Drei der besonderen Funktionen und ihren Nutzen auch für Gleitschirmflieger will ich hier nur kurz vorstellen, ohne allzu sehr ins Detail der genauen Bedienung zu gehen. Mein Tipp: Einfach selbst ein wenig damit spielen und ausprobieren. Vielleicht ist für den einen oder anderen ein Aha-Moment dabei. Bei Fragen bietet sich ein Blick in die FAQs der Seite an. 


1. RASP-Thermikprognosen

PFD-Anzeige: Quer über Süddeutschland liegt ein Band mit
guten Streckenflugbedingungen. // Quelle: Thermalmap

RASP ist ein freies Thermikprognosemodell, von dem es weltweit etliche regionale Implementierungen  mit unterschiedlicher räumlicher Auflösung gibt. Das RASP-Model von Thermalmap deckt einen großen Bereich Mitteleuropas rund um Deutschland und den Alpenraum ab. Wie alle klassischen RASP-Implementierungen bezieht es seine Grunddaten aus dem GFS-Modell, die dann in einem WRF-Modell feiner aufgelöst weiter modelliert werden.

Das Raster der Rechenpunkte beträgt bei RASP von Thermalmap 3 km. Für Thermikprognosen im Flachland und den Mittelgebirgen ist das in der Regel völlig ausreichend. Für den Alpenraum mit den kleinräumig viel stärker wechselnden Geländehöhen muss man ein paar Abstriche in der Eintreffwahrscheinlichkeit von Thermikhöhen etc. hinnehmen. Doch zum Unterscheiden von guten, mauen oder hammertagsmäßigen Bedingungen ist RASP auch dort sehr dienlich. 

Viele klassische Wetterinfos wie Wind und Regen etc. bekommt man heute auf Meteo-Seiten wie Windy, Meteoblue o.ä. sehr gut aufbereitet. Die RASP-Prognosen bieten sich v.a. als Ergänzung an, um genaueren Einblick in regionale Unterschiede bei Thermikstärke, Basishöhen und der Zerrissenheit der Thermik zu erkennen. Das kann helfen, gute Start- und Flugbereiche für ein XC-Abenteuer auszuwählen.

Einen Mehrwert für den schnellen Überblick bieten hier vor allem die PFD-Karten. PFD steht für Potenzielle Flug Distanz eines Tages. Die absoluten Werte sind dabei weniger relevant, zumal sie sich rechnerisch auf die Leistungsdaten verschiedener Segelflugzeugvarianten beziehen. Anhand der Farbskalierung lässt sich aber gut erkennen, in welchen Regionen an einem Tag jeweils die besseren thermischen Verhältnisse herrschen, um auch weitere Strecken (größere PFD) in Angriff zu nehmen. Legt man, wie oben in der Grafik, auch noch die Windpfeile des Durchschnittswindes im Boundary Layer (BL = thermisch durchmischte Grenzschicht in der wir fliegen) als Overlay darüber, kann man auch gleich die empfehlenswerte Flugrichtung (mit dem Wind) erkennen. Ein guter Start für die eigene Flugplanung.


2. Hotspot-Viewer

Zwei Thermikhotspots bei Zell am See. Die zweite Ziffer (9)
bei der Klassifikation bedeutet: sehr zuverlässig.
// Quelle: Thermalmap

Der Hotspot-Viewer ist ein einzigartiges Angebot von Thermalmap.info. Es zeigt eine (filterbare) Sammlung von häufig erflogenen Hauptthermiken in der Landschaft. Das Besondere dabei ist, wie Thermalmap diese Thermiken überhaupt ermittelt. 

Zum einen werden dafür alle IGC-Dateien ausgewertet, die auf den Server hochgeladen werden (s. Punkt 3: IGC Viewer). Zum anderen greift Thermalmap auf Livetracking-Daten zu, die vom Open Glider Network (OGN) stammen. Auch Flarm-Daten von Gleitschirmpiloten, die von OGN-Bodenstationen erfasst werden, fließen dort mit ein. 

Erkennt der Rechner anhand der Flugspur (Kreisen mit Höhengewinn) eine erflogene Thermik, wird das in der Datenbank registriert. Auf Basis des Thermikversatzes errechnet ein spezieller Algorithmus zudem noch den wahrscheinlichen Auslösepunkt am Boden. Tauchen einzelne nahe Auslösepunkte wiederholt in der Datenbank auf, so werden sie geclustert und gemeinsam als Hotspot auf der Karte dargestellt.

Mit dem Hotspot-Viewer von Thermalmap kann man sich schnell einen Überblick über viel genutzte, wiederkehrende Bärte in einer Flugregion verschaffen. Hilfreich ist dabei auch die sogenannte "Klassifikation" der Thermiken. Bei dem zweistelligen Code gibt die erste Ziffer (zwischen 0 und 9) einen Hinweis zur  typischen Qualität der Thermik (durchschnittliche Stärke und erzielbare Höhe). Die zweite Ziffer gibt an, wie häufig diese Bärte dort auch anzutreffen sind. 0 steht für selten und 9 für so gut wie immer. Letzteres findet man allerdings nur im Gebirge, wo es einige echte Hausbärte gibt, die als fixe Thermikpumpen fast durchgängig funktionieren. Es ist jedenfalls gut zu wissen, wo man danach suchen sollte...

Hinweis: Die im Hotspot-Viewer verzeichneten Bärte sind bislang hauptsächlich aus Flügen von Segelfliegern extrahiert. Diese lassen üblicherweise viele kleinere Thermiken aus und kreisen nur mit ausreichendem Geländeabstand in Hauptthermiken ein. Entsprechend fehlen viele der den Gleitschirmfliegern lokal bekannten, hangnahen Thermiken. Da Segelflieger zudem häufig Standardrouten folgen, gibt es zwischen diesen Hauptachsen immer wieder "weiße Flecken" in der Thermalmap. Dennoch ist es interessant und hilfreich, sich auch des Thermikerfahrungsschatzes der Segelflieger zu bedienen. 


3. IGC-Viewer

Räumlich sehr genaue Analyse des Kurbelverhaltens
in einer Thermik. // Quelle: Thermalmap

Um IGC-Flugdaten auf Karten zu visualisieren, gibt es viele Angebote im Web. Jede XC-Datenbank ist damit ausgestattet. Der IGC-Viewer von Thermalmap bietet aber ein besonderes Feature. Er erkennt die erflogenen Thermiken automatisch und markiert sie mit einem Symbol. Klickt man darauf, öffnet sich ein Kasten mit einer genaueren Analyse dieser Thermik: Unter anderem werden der Höhengewinn, die durchschnittliche Stärke aber auch die Drehrichtung angezeigt. Die Kreisradien werden errechnet und die Durchschnittsdauer eines Kreises ausgegeben. 

Aus solchen Werten kann man viel über den Kurbelstil und die -Effizienz des Piloten erfahren. Zumal die Kreisbahnen auch noch sehr differenziert farblich aufgeschlüsselt werden, so dass man sehr gut erkennen kann, wie sauber man den Bart tatsächlich zentriert hatte. Das erlaubt einige interessante Rückschlüsse bei der Nachbereitung eines Fluges. 

Bei einem künftigen Update ist zudem geplant, im IGC-Viewer auch Daten aus dem RASP-Prognosearchiv einblenden zu können. Das ergäbe dann eine tolle Möglichkeit, Streckenflüge auch mit Blick auf die Meteo-Bedingungen im Nachgang genauer zu analysieren. 


Die Website Thermalmap.info ist ein privat betriebenes Projekt, das nicht nur mit viel Arbeit, sondern auch mit einigen Kosten verbunden ist. Allein der Hochleistungs-Rechner, der für die RASP-Prognosen wie auch die Analyse der OGN-Daten zur Thermikermittlung dient, verbraucht schon eine dreistellige Eurosumme an Strom pro Monat. Richard und Tim Stuhler freuen sich deshalb über freiwillige Spenden der Nutzer.