Das Meteo-Buch von Dennis Pagen ist ein Klassiker. Komplett überarbeitet und farbig illustriert, liefert es einen Schatz wertvoller Infos. 

Zwischen der Neu- und der Erstauflage 
liegen 30 Jahre. // Foto: Lu-Glidz

Dennis Pagen begann schon in den 1970er Jahren mit dem Drachenfliegen. Mittlerweile hat er 50 Jahre an Erfahrung als Pilot von Drachen, Gleitschirm und UL "auf dem Buckel". Von Anfang an hat er sich dabei als sehr guter Beobachter auch mit dem Thema Flugwetter auseinandergesetzt. Und zwar in einer Weise, die deutlich über das klassische Lehrbuchwissen der "großen" Meteorologie hinaus geht.

Wer mit dem Drachen oder Gleitschirm fliegt, begegnet ständig micrometeorologischen Effekten, mit denen sich die große Fliegerei kaum auseinandersetzen muss. Turbulente Strömungen in Geländenähe; Low-Saves an wandernden Wolkenschatten; Soaring zerklüfteter Küsten im Seewind; Thermiken, die aus Dust Devils entstehen; "blaue" Aufwindstraßen (Wolkenstraßen ohne Wolken).

Dennis Pagen beschreibt all diese Phänomene und noch viele mehr in seinem Buch "Understanding the Sky". Die Erstausgabe erschien schon 1992. Und selbst 20 Jahre später, als ich mein erstes Exemplar (s. Foto oben rechts) erstand, wurde das Buch in seiner aus heutiger Sicht altertümlichen Aufmachung mit Hunderten schwarz-weiß Grafiken mit der Anmutung von Handzeichnungen verkauft und in der Szene noch immer hoch geschätzt. Einfach, weil diese Fülle an wertvollen und erfahrungs-geladenen Informationen für Sportpiloten sonst nirgendwo zu finden war.

Es ist dem Cross Country Verlag zu verdanken, das enorm wertvolle Meteo-Wissen Pagens jetzt noch einmal in deutlich ansprechender Weise zugänglich zu machen. Die Neuauflage heißt ebenfalls Understanding the Sky. Inhaltlich entspricht sie weitgehend dem Original – mit hie und da ein paar kleineren Veränderungen und Ergänzungen. 


Wertvolle Neuauflage

Eingängige Grafiken
von Steve Ham // Quelle:
understandingthesky.com

Vor allem optisch macht das Buch nun viel mehr her. Alle Grafiken wurden von Steve Ham als deutlich eingängigere, farbige Illustrationen umgesetzt. Und auch das luftigere, zweispaltige Layout mit moderner Schrift erleichtert das Lesevergnügen.

Dennoch sei hier angemerkt: Eine leichte Lektüre ist das Buch keineswegs. Zum einen muss man bereit  und fähig sein, Englisch zu lesen und zu verstehen. Pagens Stil ist dabei zwar relativ eingängig. Aber die Fülle an Informationen, die er in jedes Kapitel, ja jeden Absatz hineinpackt, will auch durchdacht werden. 

Die Neuausgabe von "Understanding the Sky" lag bei mir über Wochen auf dem Nachttisch. Selbst ich als Meteo-Nerd habe das Buch nur in kleinen Häppchen verschlungen und verdaut. Wie bei einem Multi-Gänge-Menü in einem Edelrestaurant, bei dem man jede einzelne Geschmacksnote herausschmecken will. 

Understanding the Sky stammt aus einer Zeit, als es noch keine hoch-aufgelösten Meteo-Modelle, Sat-Bilder im Fünf-Minuten-Rhythmus, KK7-Thermikkarten und diverse Meteo-Apps fürs Smartphone gab. Pagen war deshalb gezwungen, das Wettergeschehen umso genauer zu beobachten und auch die feinen Zusammenhänge dahinter noch zu verstehen. Das Buch liefert einen enormen Erfahrungsschatz mit den passenden Erklärungen.


Ein Buch mit vielen Aha-Momenten

Seewind im Detail
verstehen. // Quelle:
understandingthesky.com

Als Leser wird man darin immer wieder auf Überraschungen stoßen und seine Aha-Momente haben. Wenn Pagen beispielsweise das Seewind-System erklärt: Wie dieses etwa durch ablandigen überregionalen Wind sogar verstärkt werden kann; und wie der Coriolis-Effekt dafür sorgt, dass der Seewind im Tagesverlauf dreht und schließlich parallel zur Küste weht. So ins Detail gehende Infos dieser Art findet man in keinem anderen mir bekannten Flugmeteo-Buch. Sie können aber helfen, viele relevante Phänomene besser zu verstehen und vielleicht sogar bei den eigenen Flügen dann vorausschauend auszunutzen.

Understanding the Sky würde ich gerade deshalb freilich nicht gleich einem Fluganfänger empfehlen. Den großen Wert dieses Buches wird man erst zu schätzen wissen, wenn man Pagens Erklärungen schon auf eine Reihe eigener Erlebnisse und Erfahrungen übertragen und anwenden kann. Dann lohnt es sich, das Buch auch später immer wieder mal zur Hand zu nehmen und einzelne Kapitel daraus erneut zu studieren. Manchmal sind es nur Halbsätze darin, die einem auf Basis eigener Erlebnisse mit einem Mal geradezu wie eine Erleuchtung erscheinen. 

Was fehlt ist ein Kapitel, das auf die oben genannten modernen Möglichkeiten des Zugriffs auf Meteo-Informationen eingeht. Ich hätte gerne gelesen, wie sich aus Pagens Sicht sein Wissen mit Angeboten wie Windy, Thermikprognosen, Sat-Bilder und Regen-Radar in der Praxis kombinieren und ergänzen ließe. Oder eben der Hinweis, wo die Grenzen der Simulation liegen. Denn am Ende ist auch heute noch immer die genaue Beobachtung auf Basis eines guten Theorie-Fundaments gefragt, um das Flugwetter in all seinen Facetten zu verstehen. 

Zu letzterem bietet Understanding the Sky eine Fülle von Anregungen wie kein zweites Meteo-Buch für Luftsportler. 


Buchcover

Understanding the Sky ist im Verlag Cross Country International erschienen. Das Buch (in englischer Sprache) umfasst 316 Seiten und ist ansprechend mit farbigen Grafiken illustriert. Es kostet 40 Euro und kann über den Shop von Cross Country bestellt werden. ISBN
978-1-8380173-7-8