Das Meteo-Buch von Dennis Pagen ist ein Klassiker. Komplett überarbeitet und farbig illustriert, liefert es einen Schatz wertvoller Infos.
Zwischen der Neu- und der Erstauflage liegen 30 Jahre. // Foto: Lu-Glidz |
Wer mit dem Drachen oder Gleitschirm fliegt, begegnet ständig micrometeorologischen Effekten, mit denen sich die große Fliegerei kaum auseinandersetzen muss. Turbulente Strömungen in Geländenähe; Low-Saves an wandernden Wolkenschatten; Soaring zerklüfteter Küsten im Seewind; Thermiken, die aus Dust Devils entstehen; "blaue" Aufwindstraßen (Wolkenstraßen ohne Wolken).
Dennis Pagen beschreibt all diese Phänomene und noch viele mehr in seinem Buch "Understanding the Sky". Die Erstausgabe erschien schon 1992. Und selbst 20 Jahre später, als ich mein erstes Exemplar (s. Foto oben rechts) erstand, wurde das Buch in seiner aus heutiger Sicht altertümlichen Aufmachung mit Hunderten schwarz-weiß Grafiken mit der Anmutung von Handzeichnungen verkauft und in der Szene noch immer hoch geschätzt. Einfach, weil diese Fülle an wertvollen und erfahrungs-geladenen Informationen für Sportpiloten sonst nirgendwo zu finden war.
Es ist dem Cross Country Verlag zu verdanken, das enorm wertvolle Meteo-Wissen Pagens jetzt noch einmal in deutlich ansprechender Weise zugänglich zu machen. Die Neuauflage heißt ebenfalls Understanding the Sky. Inhaltlich entspricht sie weitgehend dem Original – mit hie und da ein paar kleineren Veränderungen und Ergänzungen.
Wertvolle Neuauflage
Eingängige Grafiken von Steve Ham // Quelle: understandingthesky.com |
Dennoch sei hier angemerkt: Eine leichte Lektüre ist das Buch keineswegs. Zum einen muss man bereit und fähig sein, Englisch zu lesen und zu verstehen. Pagens Stil ist dabei zwar relativ eingängig. Aber die Fülle an Informationen, die er in jedes Kapitel, ja jeden Absatz hineinpackt, will auch durchdacht werden.
Die Neuausgabe von "Understanding the Sky" lag bei mir über Wochen auf dem Nachttisch. Selbst ich als Meteo-Nerd habe das Buch nur in kleinen Häppchen verschlungen und verdaut. Wie bei einem Multi-Gänge-Menü in einem Edelrestaurant, bei dem man jede einzelne Geschmacksnote herausschmecken will.
Understanding the Sky stammt aus einer Zeit, als es noch keine hoch-aufgelösten Meteo-Modelle, Sat-Bilder im Fünf-Minuten-Rhythmus, KK7-Thermikkarten und diverse Meteo-Apps fürs Smartphone gab. Pagen war deshalb gezwungen, das Wettergeschehen umso genauer zu beobachten und auch die feinen Zusammenhänge dahinter noch zu verstehen. Das Buch liefert einen enormen Erfahrungsschatz mit den passenden Erklärungen.
Ein Buch mit vielen Aha-Momenten
Seewind im Detail verstehen. // Quelle: understandingthesky.com |
Understanding the Sky würde ich gerade deshalb freilich nicht gleich einem Fluganfänger empfehlen. Den großen Wert dieses Buches wird man erst zu schätzen wissen, wenn man Pagens Erklärungen schon auf eine Reihe eigener Erlebnisse und Erfahrungen übertragen und anwenden kann. Dann lohnt es sich, das Buch auch später immer wieder mal zur Hand zu nehmen und einzelne Kapitel daraus erneut zu studieren. Manchmal sind es nur Halbsätze darin, die einem auf Basis eigener Erlebnisse mit einem Mal geradezu wie eine Erleuchtung erscheinen.
Was fehlt ist ein Kapitel, das auf die oben genannten modernen Möglichkeiten des Zugriffs auf Meteo-Informationen eingeht. Ich hätte gerne gelesen, wie sich aus Pagens Sicht sein Wissen mit Angeboten wie Windy, Thermikprognosen, Sat-Bilder und Regen-Radar in der Praxis kombinieren und ergänzen ließe. Oder eben der Hinweis, wo die Grenzen der Simulation liegen. Denn am Ende ist auch heute noch immer die genaue Beobachtung auf Basis eines guten Theorie-Fundaments gefragt, um das Flugwetter in all seinen Facetten zu verstehen.
Zu letzterem bietet Understanding the Sky eine Fülle von Anregungen wie kein zweites Meteo-Buch für Luftsportler.
Buchcover |
3 Kommentare
Lohnt sich der Kauf auch wenn man das Gesamtwerk Paragliding - Band 1: Meteorologie von Pappilion schon hat?
AntwortenLöschenJa. Pagens Buch liefert noch einmal einen ganz anderen Zugang zum Wetter.
LöschenHallo, ich hab mir das Buch aufgrund deiner Rezension gekauft und bin echt begeistert. Die Klarheit in der Pagen die Zusammenhänge beschreibt ist wirklich erleuchtend. Nur muss man gelegentlich mit seiner teils blumigen und enthusiastischen Sprache zurecht kommen (es macht Spaß sich da reinzulesen). Allein die Struktur des Buches ist super: Er startet mit der den Eigenschaften und Messgrößen von Luft, gefolgt von den Möglichkeiten der Veränderung dieser Eigenschaften und baut dann Kapitel für Kapitel aufeinander basierend die komplexeren Wetterzusammenhänge auf. Die sehr ansprechenden Graphiken und Illustrationen lockern die geballte Information gut auf und helfen beim tieferen Verstehen. Einen Wermutstropfen gibt es jedoch. Pagen hat sich entschlossen es allen recht zu machen und verwendet im Buch das beide Einheitensysteme - das imperiale und das metrische System (letzteres im Fließtext dahinter in Klammer). Ich hielt das zunächst für eine gute Idee, merke aber zunehmend wie sehr mich das nervt. Es macht mir einfachen einen Knoten im Kopf, wenn Kühlraten mal in •C/200m und mal in •C/300m angegeben werden und Graphiken dann nur Fahrenheit und Füße zu finden sind. Wenn er den ganzen Quatsch mit Füßen, Inches, Steine und Pfunde weglassen würde und ein rein metrisches Buch rausbrächte, würde ich sogar drei davon kaufen. Eins würde ich an einen guten Freund verschenken und zwei behalten, weil eins mit Sicherheit zerlesen wird. Trotzdem ein super Buch das man unbedingt weiterempfehlen kann. Viele Grüße,
AntwortenLöschenJan Porada
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