Gurtzeuge mit langem aerodynamischen Heck sollten auch bei Hike-and-Fly-Rennen Einzug halten. Jetzt werden die X-Alps zum Show-Stopper
Gurtzeuge wie das Neo Moon Light dürfen wegen eines zu langen langen Bürzels nicht bei den kommenden X-Alps geflogen werden. // Foto: Neo |
Jüngst waren beim X-Pyr-Rennen bereits Maxime Pinot mit dem Neo Moon Light sowie Pierre Remy mit dem Supair ALP am Start. Die Premiere geriet am Ende nicht ganz zur erwarteten Marketing-Show, weil Pinot das Rennen wegen Knieproblemen früh aufgeben musste und Remy am Ende "nur" Vierter wurde. Dennoch hatte die Hike-and-Fly Rennszene den möglichen neuen Trend schon aufmerksam registriert.
Es drängte sich die Frage auf: Wie viele Piloten werden wohl 2025 bei den nächsten X-Alps bereits in diesen oder ähnlichen Rennzigarren sitzen? Kommt es bei den Renn-Leichtgurtzeugen fürs Hike-and-Fly gar zu einem ähnlichen Wettlauf der Gurtzeugentwickler wie schon im Dunstkreis von PWC-Rennen auf Topniveau, wo mittlerweile alle dort vertretenen Marken, aber auch so gut wie alle Piloten beim wer-hat-das-längste Spiel mitmachen?
Die Antworten lauten erst einmal: keiner und nein. Denn es gibt einen gewichtigen Show-Stopper. Die Organisatoren der Redbull X-Alps haben für das nächste Rennen das Reglement überarbeitet und neue Vorgaben speziell für die Gurtzeuge eingeführt. Die neue Regel 4.2 lautet:
"Harnesses must not exceed a length of 70% of the body length in the front and back combined. e.g. 180cm tall athlete: Maximum of 126 cm length in front of the tip of the feet measured at the foremost position of the foot plate in the direction of flight and after the harness measured at the back bottom neck to the rearmost point of the tail.
It must be possible to get the feet in and out of the harness from the normal flying position within two seconds and without using the hands.
The required life jacket must be able to be worn in the normal flight condition of the harness, according to the lifejacket manufacturer's instructions. No attachments at the harness may be allowed to be used that could result in the athlete being endangered if the lifejacket is deployed and when not deployed."
Sicherheitsbedenken
Was sich etwas kompliziert und technisch liest, mündet letztendlich in mehrere Ausschlusskriterien für typische Bauformen der staudruckgefüllten Gurtzeuge im Submarine-Stil. In der Praxis ergibt sich daraus: Keine extrem langen Bürzel am Heck, keine weit vorstehenden Lufteinlässe an der Front, keine von Hand zu bedienenden Verschlussmechanismen für den Beinsack (z.B. Reißverschlüsse) und keine aerodynamischen Verschalungen für den Oberkörper (die das Tragen von Schwimmwesten behindern).
X-Alps-Director Ferdinand Vogel begründet diese Regel mit Sicherheitsbedenken. Hauptfokus liegt auf den langen Bürzeln, weil gerade diese ein zusätzliches Risiko darstellen. Zum Beispiel: Wenn Piloten noch am Boden auf so ein Bürzel treten, könnten sie an steilen, vielleicht sogar noch schneebedeckten Startplätzen leicht ausrutschen und sich verletzen. Im Flug können die Bürzel zum Problem werden, wenn ein Pilot nach Kappenstörungen seinen Schirm stallt und ins Fly-back geht, um Verhänger zu lösen. Überlange Stoff-Fluken werden dann nach vorne geweht und können dem Piloten die Sicht nehmen.
Etliche PWC-Piloten haben mit ihren Submarines & Co schon derlei Erfahrungen gemacht, was auch in dieser Szene zu Sicherheitsdiskussionen geführt hat, ob man nicht die Bauformen der Gurtzeuge stärker reglementieren sollte – bisher noch ohne Ergebnis.
Regeln als Vorbild?
Die X-Alps-Organisation, die weniger Rücksicht auf Interessen von Herstellern nehmen muss, prescht jetzt voran – zumindest für den eigenen Wettbewerb. Eine Überlegung dahinter: Würden sehr viele Athleten mit derlei Gurtzeugen teilnehmen, wären die möglichen Leistungsvorteile im Rennen gleich wieder ausgeglichen. Unterm Strich bliebe nur das höhere Risiko für alle. Das könnte dann nicht mehr als sinnvolle Innovation gesehen werden.
Nun steht die Frage im Raum, was daraus für die allgemeine Entwicklung von ultraleichten Renngurtzeugen folgt. Die X-Alps gelten seit Jahren als prägend für die gesamte Hike-and-Fly Rennszene und den weitgreifenden Trend zu Leichtausrüstungen. Werden nun auch andere Wettbewerbe dem Beispiel folgen und solche oder ähnliche technische Vorgaben für die einsetzbaren Gurtzeuge machen? Haben Supair und Neo viel Entwicklerschweiß und auch Geld in Produkte investiert, deren Marktpotenzial noch vor dem eigentlichen Verkaufsstart einen starken Dämpfer durch so eine "Lex Bürzel" bekommt?
Deine Meinung ist gefragt: Stellen Gurtzeuge im Submarine-Stil ein zu großes Risiko für Hike-and-Fly oder sogar ganz allgemein für Wettbewerbe dar? Tun die X-Alps mit der neuen Gurtzeug-Regel der Gleitschirmszene einen Gefallen? Schreibe Deine Sichtweise unter Nennung Deines Namens in die Kommentare. (Anonyme Kommentare werden nicht freigeschaltet)
4 Kommentare
Ich kenne Ferdi und er hat vor Jahren schon gesagt, wenn das mit den unförmigen Submarines so weiter geht, hört er auf Gleitschirmwettkampf zu fliegen. Verstehe ich.
AntwortenLöschenLeichte Aerodynamische Gurtzeuge sind aber in meinen Augen ein Gewinn an Leistung und Flugspaß. Das man schnell und gut rein und vor allem rauskommen sollte ist eh gut.
Die 70% Längenregel wird es für Hersteller schwer machen. Ich fände eine maximale Länge z.B: 2m besser. Das würde den nachteil in Gleitzahl der kleineren leichteren Piloten die Schirme mit weniger Leistung haben etwas reduzieren.
Vorweg: Ich fliege sehr viel, jedoch nicht in Wettbewerben und erst recht nicht in H&F Wettbewerben. Dennoch halte ich das für ein sehr gutes Signal. Meines Erachtens wären auch weitere Vorgaben, welche die Sicherheit erhöhen (bessere Protektoren, etc.) wünschenswert. Sofern diese Vorgaben für alle gelten ergeben sich keine Nachteile und nur Vorteile.
AntwortenLöschenEin weiterer positiver Aspekt ist auch, dass Red Bull, welche nicht unbedingt für Sicherheit steht hier ein Zeichen setzt. Sinnvoll wäre es auch, wenn sie beim nächsten mal keine Helikopter und stattdessen nur Drohnen einsetzten würden. Das spart Kosten und trägt ebenfalls zur Sicherheit der Piloten bei.
Andreas Reinhardt
Gut. Die Dinger gehören in einen Windkanal und ins Labor, wer der Aerodynamik jeglichen Spaß und Komfort opfern will, soll einfach gleich Hängegleiter- oder Segelfliegen gehen - die sind wenigstens per Design auf sowas ausgerichtet, statt wie eine heutige Gleitschirm-Wettkampfausrüstung nachträglich zu etwas umgebaut worden zu sein, das ein normaler Schirm nie sein wollte, konnte und sollte. Mittelfristig braucht auch die klassische Wettkampf-Szene ein Formel-X-System, das Piloten dafür schützt, jeden Müll mitmachen zu müssen, um konkurrenzfähig zu bleiben.
AntwortenLöschenFür mich war der "Zwang" zum Submarine zwar nicht alleiniger Grund, aber zumindest der Anlass vor über einem Jahr, nach 15 Jahren das Wettkampffliegen erst einmal zu pausieren. Mir wurde das langsam zu technisch. Spätestens als man plötzlich Headup-Displays in der Sonnenbrille brauchte, da man die Instrumente nicht mehr lesen konnte und im Sommer stundenlang eine fliegende Sauna genießen durfte. Nichts für mich und auch fast alle anderen Comp- und XC-Piloten stöhnen über die vielen Nachteile. Ich finde es gut, dass Ferdi seine Position für einen ersten Schritt in diese Richtung nutzt. Mal sehen, ob sich da noch mehr tut.
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