Im Frühjahr 2015 startete der Schweizer Koni Schafroth eine Crowdfunding-Kampagne (lu-glidz berichtete). Sein Versprechen: Ein neues Variometer namens XC Tracer zu entwickeln, das dank zusätzlicher Sensoren schneller und genauer reagieren sollte als alle bekannten Varios auf dem Markt. Zudem sollte es einen GPS-Chip enthalten, igc-Files aufzeichnen und seine Daten live per Bluetooth an Smartphone-Apps wie FlyMe oder XCSoar senden können. Das Konzept überzeugte so viele Unterstützer, dass Koni das Finanzierungsziel von 23.000 Euro erreichte, um die Serienproduktion zu starten. Auch lu-glidz gehörte zu den ersten Käufern aus der Crowd. So konnte ich seit dem Sommer ausgiebige Erfahrungen mit dem Gerät sammeln. Mittlerweile hat sich der XC Tracer einen Stammplatz auf meinem Cockpit gesichert. Was das Vario wirklich bringt, ist im folgenden beschrieben.

Technische Grundlagen
Akustische Variometer sind im Grunde sehr einfache Instrumente. Sie bestehen aus einem empfindlichen Luftdruckmesser und einer Auswerteelektronik. Diese gibt immer dann einen Pieps von sich, wenn der aktuell gemessene Luftdruck im Vergleich zu einer früheren Messung gesunken ist. Da der Luftdruck als Maß für die Höhe dient, bedeutet das Piepsen bei sinkenden Luftdruckwerten Steigen. In der Praxis gesellt sich zu dieser Theorie allerdings eine Schwierigkeit. Um Höhenunterschiede im Bereich vom plusminus zehn Zentimetern erkennen zu können, muss der Luftdruckmesser sehr empfindlich sein. Je feiner die Messungen, desto stärker fallen allerdings zufällige Messwertschwankungen durch das sogenannte Rauschen der Elektronik ins Gewicht.

Zeitliche Abfolge der Messwerte samt Streuung (grau) und
der verzögert ausgegebenen Höhendaten (blau) eines
klassischen Varios, das nur mit einer Druckdose arbeitet.
Rechts sind die ältesten, links die jüngsten Messwerte
dargestellt. // Beispiel: Bluefly-Vario
Moderne Geräte behelfen sich damit, dass sie ihre digitale Druckdose bis zu 50 Mal pro Sekunde abfragen. Anschließend werden die Werte rechnerisch gefiltert, um einen eindeutigen Trend nach oben oder unten darin zu erkennen. Dieses Ausbügeln von Messfehlern kostet allerdings Zeit. Entsprechend reagieren alle herkömmlichen Varios etwas verzögert (s. Grafik). Sie piepsen in der Regel erst, wenn man schon eine Sekunde im Steigen fliegt. Und sie piepsen auch noch ähnliche lange nach, obwohl man schon wieder in sinkende Luft geraten ist. Wer nur auf sein Vario hört, verschenkt also wertvolle Reaktionszeit.

Beim XC Tracer ist das anders. Koni Schafroth hatte die Idee, das Vario nicht nur mit der üblichen Druckdose auszustatten, sondern erstmals zusätzlich auch mit einem Attitude Heading Reference System (AHRS). Das ist eine Kombination aus mehreren Sensoren (Beschleungigung, Gyroskop, Magnetometer), die Lageänderungen im Raum erkennen können. Der XC Tracer hat einen Minicomputer eingebaut, der die Daten der Druckdose nach gewissen Algorithmen mit jenen der Lagesensoren verrechnet. Durch die Kombination der Messwerte kann das Gerät viel schneller erkennen, was nur ein Messwertrauschen und was eine reale Höhenänderung darstellt. So wie ein Pilot beim Einfliegen in eine Thermik die Beschleunigung nach oben sofort am eigenen Körper spürt (Popometer), liefert auch der Beschleunigungssensor sofort die nötige elektronische Bestätigung für veränderte Werte der Druckdose. Im Ergebnis startet und stoppt das Piepsen beim XC Tracer bei Höhenänderungen fast ohne jede erkennbare zeitliche Verzögerung.

Der Vorteil der Reaktionsschnelligkeit
In dieser Hinsicht ist der XC Tracer aktuell einmalig auf dem Markt. Kein anderes (mir bekanntes) Vario reagiert so schnell und exakt auf kleinste Höhenänderungen. Doch bringt das in der Praxis tatsächlich Vorteile? Um das zu testen bin ich viele Flüge lang mit zwei Varios parallel geflogen: Zum einen dem XC Tracer und daneben abwechselnd mit den Minivarios Bluefly beziehungsweise LeBipBip. Letzteres ist sehr empfindlich, d.h. der Filter lässt schon früh die Piepstöne durch - auf die Gefahr hin, auch mal falschen Alarm bzw. gelegentlich wilde Sprünge in den Tonhöhen zu liefern.

Bei den Vergleichen zeigte sich, dass der XC Tracer keine erkennbaren Vorteile bringt, solange man innerhalb etablierter und normal-kräftiger Thermikbärte (>1,5 m/s) kreist. Hier liefert auch ein herkömmliches, empfindliches Vario alle nötigen Infos, um im Grunde genauso gut zentrieren zu können. Die Stärken des XC Tracer kristallisieren sich in den Grenzbereichen heraus, und zwar in zwei typischen Fällen: Zum einen bei sehr schwacher, weitläufiger Nullschieber-Thermik bzw. beim Soaren in schwachen Bedingungen. Hier hilft die unmittelbare Ansprache des Varios, die feinen eingelagerten Zonen mit leichtestem Steigen schneller und damit auch räumlich eindeutiger zu erkennen und darauf zu reagieren. So kann man seine Soaringkurven oder Thermikkreise gezielter ins Steigen setzen. Der XC Tracer zeigt auch subtile Änderungen an, die man mit dem Popometer vielleicht nicht so klar zuordnen kann und die auch mit einem etwas verzögerten Vario bei weitem nicht so exakt räumlich zu deuten sind.

Der zweite und nach meiner Beobachtung noch größere Vorteil besteht darin, dass das Vario sofort verstummt, wenn man aus einem engen Bart herausfällt. Folgt man hier dem XC Tracer direkt und schlägt sogleich einen Haken zurück in die Blase, erspart man sich wertvolle Sekunden, die man ansonsten Höhe vernichtend im Randsinken der Thermik verbringen würde. Ein erfahrener Pilot sollte ein solches Herausfallen zwar auch aus seinem Körpergefühl heraus ableiten können und sein Vario geflissentlich überstimmen. Aber wer lässt sich nicht schnell mal von einem nachpiependen Standardvario dazu verleiten, eine Sekunde zu lang auf Kurs zu bleiben? Dann wird man im weiteren Abwind eben nicht mehr so schnell eine Kurve einleiten können - mit entsprechenden Folgen. Zehn statt zwei Sekunden in einem Abwind von 3 m/s bedeuten einen zusätzlichen Höhenverlust von knapp 25 Metern. Bei Low-Saves kann ein schnelleres Vario den Ausschlag geben, ob man wieder zur Basis aufdrehen kann oder am Boden steht.

GPS und Bluetooth-Anbindung
Der XC Tracer bietet noch weitere Qualitäten. Schon länger hatte ich mir ein kleines Vario mit eingebauten GPS-Chip als Backup-Tracker gewünscht. Der XC Tracer erfüllt diesen Wunsch. Jeder Flugtrack wird automatisch wahlweise im kml- oder igc-Format (mit G-Record) auf einer eingebauten SD-Karte (8 GB) mitgeschrieben - und zwar im 1-Sekunden-Rhythmus, kml sogar fünf Mal pro Sekunde. Die Daten lassen sich einfach per USB-Kabel am Computer auslesen. Der XC Tracer wird dabei als externes Laufwerk erkannt. Der weitere Upload der Flüge zu XC-Servern wie dem DHV-XC oder XContest funktioniert anstandslos.

Für Piloten, die mit einem Smartphone samt Flugsoftware als Navigationshilfe unterwegs sind, ist eine weitere Funktion des XC Tracer interessant. Das Gerät sendet seine Höhen- und GPS-Daten per Bluetooth Low Energy (BLE). Verschiedene Apps wie XCSoar, TopHat, FlyMe (alle Android) bzw. FlySkyHy, Thermgeek oder Skylogger (iOS) sind schon mit dem XC Tracer kompatibel. Bei der von mir getesteten Kombination aus XC Tracer plus FlyMe als App auf einem Sony Xperia Z Ultra als Smartphone klappte das Pairing immer ohne Probleme. Auch im laufenden Betrieb hatte ich nie Verbindungsabbrüche.

Audio-Settings
Grafischer Editor für die Audio-Settings, programmiert von Thomas Ruf.
Auf der Seite steht u.a. auch der lu-glidz Thermik-Schnüffler als Preset zum
Download oder zur weiteren Bearbeitung zur Verfügung.
Sehr komfortabel, gerade im Vergleich mit vielen anderen Varios, sind die Audio-Settings des XC Tracer. Man kann sie bei Bedarf fast komplett an den eigenen Geschmack anpassen. Die Einstellmöglichkeiten betreffen nicht nur die Einstiegswerte für das Piepen beim Steigen sowie für den Sinkalarm. Auch Höhe, Häufigkeit und Länge der Pieptöne lassen sich in Abhängigkeit der Steigwerte frei festlegen. Auf diese Weise ist es sogar möglich, einen "Thermik-Schnüffler" (Sniffer) zu realisieren. Entsprechend eingestellt, zeigt der XC Tracer mit speziellen Klängen auch Zonen an, in denen man mit deutlich verringertem Sinken fliegt. So kann man Randbereiche von Thermiken beziehungsweise die tragenden Linien beim Soaring oder einem Streckenflug besser erkennen.

Die Programmierung der Audio-Settings erfolgt über eine einfache Text-Datei als Konfiguration auf der SD-Karte. Allerdings erfordert das ein wenig Verständnis für die "Grammatik" der Einstellungswerte. Netterweise hat ein technisch versierter Nutzer des XC Tracer, Thomas Ruf, auf eigene Faust einen grafischen Online-Editor der Audio-Settings programmiert und frei ins Netz gestellt. Auf der Seite stehen auch Presets zum Download zur Verfügung, darunter der oben beschriebene Sniffer á la lu-glidz.

Firmware-Updates
Seit dem ersten Erscheinen des XC Tracers auf dem Markt hat Koni Schafroth die Steuersoftware des Varios deutlich weiterentwickelt. Das war auch dringend nötig. Die Variofunktionen waren zwar von Beginn an tadellos, aber anfangs musste man zum Auslesen der Flüge noch die SD-Karte aus dem Gerät holen. Zum Aufspielen neuer Firmware gab es ein etwas kryptisches Uploader-Programm. Schaltete man hier das Gerät zum falschen Zeitpunkt ab, war es danach "tot" und ließ sich nur noch durch vorsichtiges Aufschrauben und Drücken eines internen Reboot-Knopfes reanimieren. Für alle diese technischen Kindheitsprobleme hat Koni nach und nach gute Softwarelösungen geliefert. Mittlerweile funktioniert jeglicher Datenaustausch über die USB-Buchse. Selbst neue Firmware-Updates müssen nur noch einfach via USB auf die SD-Karte kopiert werden und installieren sich dann selbst. Hätte ich diesen Test schon früher geschrieben, hätte ich den XC Tracer eher nur für Technik-Freaks empfohlen. Jetzt halte ich das Gerät im Alltagsgebrauch für jedermann tauglich und weitgehend ausgereift.

Kritikpunkte
Der XC Tracer in der Draufsicht. Die Kantenlänge
beträgt knapp 6 cm, die Höhe etwa 2 cm.
Gewicht rund 60 Gramm.
Es bleiben nur kleinere Abstriche, wobei sich manche davon technisch bedingt auch nicht lösen lassen werden. Zum Beispiel eignet sich der XC Tracer nicht dafür, das Gerät direkt am Helm zu tragen. Zum einen ist das Kästchen etwas größer und sperriger als typische Helmvarios. Zum anderen reagieren die AHRS-Sensoren etwas empfindlich auf das häufige Drehen des Kopfes. Hier kommt die Auswertesoftware schnell mal durcheinander und sorgt für etwas wildes Gepiepse. Den XC Tracer sollte man am besten flach auf einer möglichst ruhigen Unterlage befestigen, idealerweise auf einem Cockpit oder oben am Schultergurt. So ist auch der GPS-Empfang am besten.

Das zweite kleinere Manko ist die Laufzeit mit dem eingebauten 1200 mAh LiPo-Akku. 14 Stunden sollten zwar auch für die längsten Tagesflüge ausreichen. Doch auf Reisen, auf die man möglichst wenig Ladeelektronik mitnehmen möchte, ist man für jede zusätzliche Stunde Akku-Autonomie dankbar. Hier bieten klassische GPS-Varios wie ein Skytraxx oder Flytec Element, die sogar eine eigene Anzeige besitzen, deutlich längere Laufzeiten. Der Grund für den hohen Stromverbrauch des XC Tracers liegt darin, dass der interne Computer erstaunlich viel rechnen muss, um alle Sensordaten zusammen sinnvoll interpretieren zu können.

Wünschenswert wäre es, die Grundsettings des XC Tracer auch noch am Startplatz direkt über Bluetooth vom Smartphone aus einstellen zu können. So etwas ist beispielsweise beim kleinen Bluefly-Vario des Australiers Alistair Dickie möglich. Beim XC Tracer geht das bislang nur als Trockenübung am heimischen Rechner.

Stolz, und für manche Interessenten sicher auch einen Abstrich wert, ist der Preis des XC Tracer. 295 Euro bzw. 325 sFr muss man aktuell im Online-Shop (Direktvertrieb) ausgeben. Es handelt sich halt um Schweizer Qualitätstechnik, die auch noch komplett in der Schweiz produziert wird. Nach Deutschland verschickt Koni die Geräte von einem deutschen Standort aus. So fallen wenigstens keine zusätzlichen Zollgebühren an.

Fazit
Koni Schafroth hat gezeigt, dass auch eine so etablierte Technik wie ein Variometer noch spürbar verbessert werden kann. In puncto Genauigkeit und Ansprache ist der XC Tracer anderen Varios wirklich um ein paar Sensorlängen voraus. Dank des eingebauten GPS und in der Kombination mit passenden Smartphone-Apps als Anzeige wird daraus ein sehr sensibles und genaues Fluginstrument. Damit wird man andere und deutlich teurere Kombi-Instrumente nicht mehr vermissen. Ob der Anschaffungspreis von fast 300 Euro gerechtfertigt ist, wenn andere alltagstaugliche Kleinvarios (inkl. Bluetooth, aber ohne GPS) schon für unter 100 Euro zu haben sind, muss jeder Pilot für sich entscheiden. Neben der überragenden Variofunktion dürfte das integrierte GPS als zusätzliches Backup den XC Tracer vor allem für leistungsorientierte Streckenflieger (Wettbewerb, XC-Contest) interessant machen.

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