Ein White Paper von Thomas Finsterwalder zum Thema Flugsport-Karabinern zeigt Wege auf, wie sich deren Haltbarkeit standardisiert testen und abschätzen ließe.  

Alu, Stahl und Ego bricht, nur mein Karabiner nicht?
// Quelle: Finsterwalder
Kürzlich erst hatte ich auf Lu-Glidz über das Thema Karabinerbruch berichtet und empfohlen, Karabiner nicht bis ultimo zu fliegen, sondern nach einer gewissen Zeit der Nutzung regelmäßig auszutauschen, sicherheitshalber (s. Tauschen, bevor es bricht).

Zu dieser Problematik hat Thomas Finsterwalder von Finsterwalder-Charly sich Gedanken gemacht und ein White-Paper verfasst (online und als pdf verfügbar). Darin beschreibt er nicht nur die technischen Hintergründe noch einmal fundiert. Vielmehr formuliert er auch Anforderungen für ein einheitliches Testverfahren, mit dem sich alle Flugsport-Karabiner am Markt hinsichtlich ihrer dauerhaften Festigkeit prüfen und vergleichen ließen (bisher gibt es für Flugsport-Karabiner keine einheitliche Prüfnorm).

Unterm Strich geht es vereinfacht um die Frage: Kann man einem bestimmten Karabinermodell zutrauen, eine bestimmte Zeit (z.B. fünf Jahre) regelmäßigen Flugbetrieb intakt zu überstehen?


Stahl ist nicht immer die bessere Wahl

In dem White Paper benennt Finsterwalder einige Faktoren, die bei der Frage der Dauerschwingfestigkeit von Karabinern eine Rolle spielen. Und es zeigt sich, wie komplex das Zusammenspiel dieser Faktoren sein kann.

Zum Beispiel können leichtere Alu-Karabiner flexibler sein, sich unter Last also eher so aufbiegen, dass es im Schnapper zum Kraftschluss kommt. Das Ergebnis sind weniger Schwingungen mit Lastwechseln, also weniger Materialermüdung und eine längere Haltbarkeit.

Interessant ist auch die Frage, wie groß die Auflage für die Tragegurte am oberen Ende des Karabiners ist. Je breiter diese ausfällt, desto eher können die Gurte darin nach vorne rutschen und dann über eine stärkere Hebelwirkung höhere Kräfte bzw. größere Schwingungen ins Material übertragen, was über die Zeit gesehen die Haltbarkeit verringert. Schmalere Karabiner oder solche, die die Gurte bauartbedingt nach hinten rutschen lassen, haben hier einen Vorteil.

Selbst Stahlkarabiner müssen nicht per se, wegen des festeren Materials, besser abschneiden als Alu-Modelle. Da sie deutlich steifer sind, kann es bei ihnen erst bei höheren Lasten zum Kraftschluss kommen, zuvor summieren sich die Schwingungen. Im White Paper zeigt Finsterwalder auf, dass ein bestimmter Stahlkarabiner nach seinem Testverfahren im Mono-Betrieb (mit der Last von nur einem Piloten) nicht auf eine rechnerische "Zeitfestigkeit" von fünf Jahren käme. D.h. auch hier wäre ein früherer Austausch zu empfehlen.

Allerdings ist der Begriff der Zeitfestigkeit von Karabinern per se schwammig und nur eine Hilfsgröße. Karabiner können fünf Jahre lang in einem Gurtzeug eingebaut sein, in dieser Zeit aber viel oder wenig, mit hohen oder geringen Lasten, mit viel oder wenig Dynamik, in ruhiger oder sehr turbulenter Luft geflogen werden. All das hat Einfluss darauf, wie stark das Material der Karabiner ermüdet und das Risiko eines Bruches mit der Zeit steigt.

Leider kann man Karabinern von außen nicht ansehen, ob sie erst tausende oder schon zehntausende Lastwechsel abgefedert haben.

Grundsätzlich wäre es auf jeden Fall zu begrüßen, wenn ein einheitliches Testverfahren für Flugsport-Karabiner etabliert würde – im Sinne einer besseren Transparenz und Vergleichbarkeit für die Pilotinnen und Piloten.