Der Swing Arcus 2 RS ist ein leistungsstarker Mid-B mit einem spürbar sportlicheren Charakter als sein Vorgänger. In vielem wirkt er eher wie die Fortentwicklung des Nyos RS.

Spielereien beim Starkwind-Groundhandling mit dem Arcus 2 RS. // Fotos: Lu-Glidz

[Wer noch keine Erfahrung mit der Testweise von Lu-Glidz hat, sollte zuerst die Interpretationshilfe für Schirmtests lesen!]


Die im folgenden beschriebenen Eindrücke zum Arcus 2 RS von Swing habe ich beim Fliegen und Groundhandling unter unterschiedlichen Bedingungen rund um Eifel und Achensee gewonnen. Geflogen bin ich den Arcus 2 RS in der Größe S (75-95 kg) mit rund 92 kg Startgewicht. Als Gurtzeug kam ein Karpofly Extra Light (Liegegurtzeug) zum Einsatz. Der Schirm wurde mir für den Test freundlicherweise von Swing zur Verfügung gestellt.

Die Arcus-Serie ist die erfolgreichste Schirmserie von Swing. Mit dem Ur-Arcus wurde vor rund 20 Jahren eine Art eigene Klasse begründet. Der Schirm wurde damals, als es noch keine EN-Klassen ABCD sondern nur die LTF Nummerierungen gab, als 1/1-2er angepriesen. Das heißt: Unbeschleunigt ein Einser, beschleunigt ein Eins-bis-Zweier. Ein Schirm also auf der Klassengrenze, den man heute analog als zwischen EN-A und B einstufen würde. Da es diese Mischklasse beim EN-System freilich nicht gibt, gingen die späteren Arcus-Modelle immer als Low-B in die Statistiken ein.

Im vergangenen Jahr stellte Swing dann allerdings ein neues Modell vor, das gewissermaßen die Qualitäten des Ur-Arcus aufleben lässt: Der Miura RS ist genau auf die Grenze zwischen A und B platziert, wobei er mit einem reversibel verkürzten Beschleuniger als EN-A, mit voller Beschleunigerlänge als EN-B klassifiziert ist. Damit war bei Swing der Low-B-Bereich neu "besetzt". Das ließ für den Arcus 2 RS gewissermaßen "Luft nach oben". In diesem Sinne wurde entschieden, den Schirm stärker auf den Mid-B-Sektor auszurichten. Und das ist sowohl bei der Konstruktion erkennbar als auch in der Luft zu spüren. Kurz einmal dem Testbericht voraus gegriffen:  Wer von einem Arcus RS kommt (vgl. Test auf Lu-Glidz), der dürfte den Arcus 2 RS sowohl vom Leistungs- als auch vom Pilotenlevel her als etwas anspruchsvoller empfinden.

Alle Stammleinen des Arcus 2 RS sind ummantelt und
farblich codiert. Die Stabilo-Leine ist, anders als 
beim Nyos RS, gut erkennbar.
Das wird schnell verständlich, wenn man sich die technischen Grunddaten des Flügels anschaut. Gegenüber dem Arcus RS ist da ein ordentliches Upgrade erkennbar: Die Zellenzahl ist von 42 auf 57 gestiegen. Allein das verspricht eine steifere, weniger gedämpfte Kappe. Die ausgelegte Streckung des Arcus 2 RS liegt bei 5,4 und projiziert bei 4,2. Der letzte Wert ist sogar identisch mit dem Nyos RS, von dem der Arcus 2 RS laut Angaben von Swing direkt abgeleitet sein soll. Deshalb ziehe ich im Test auch viele Vergleiche zum schon früher getesteten Nyos RS.

Für seine marketingtechnische Platzierung als Mid-B und Allrounder ist der Arcus 2 RS in manchen Merkmalen gegenüber den Nyos aber etwas zurückgenommen. So besitzt er auf allen Ebenen ummantelte und farbcodierte Stammleinen. Beim Tuch wurde an der Eintrittskante das etwas stabilere Skytex 38 verbaut (nur der Rest ist wie beim Nyos aus dem leichteren STA 15). Zudem sind die verwendeten Nitinol-Stäbchen noch mit einem Nylonröhrchen ummantelt. Das erhöht die Auflagefläche für das Tuch, sodass es nicht so schnell Schaden nehmen sollte, wenn der Schirm mal mit der Eintrittskante voraus auf den Boden schlägt. Insgesamt sind all diese Anpassungen im Sinne der Robustheit des Flügels begrüßenswert.

Auch im Inneren hat der Arcus 2 RS im Vergleich zum Arcus RS und dem Nyos RS ein Update erfahren: Die Ventile der Schottwand des sogenannten RAST-Systems auf halber Flügeltiefe sollen laut Auskunft von Konstrukteur Michael Nesler noch etwas dichter abschließen, d.h. die Luft im Hinterflügel länger halten. Von meinem Erleben im Flug her würde ich sagen: das ist auch spürbar. Im folgenden Testbericht unten dazu mehr.

Über Swings RAST-System und die Besonderheiten, die sich daraus bei der Steuerung ergeben, habe ich schon einiges auf Lu-Glidz geschrieben. Wer noch nicht weiß, worum es sich dabei handelt, dem empfehle ich zum besseren Verständnis dieses Tests vorab noch die Lektüre der früheren Posts Leistungsdrang: Schottwände, zudem Swing präsentiert RAST 2.0 und auch die längere Einleitung zum Thema RAST in meinem Test des Arcus RS. Die dort beschriebenen Erkenntnisse gelten in ähnlicher Weise auch für den Arcus 2 RS. Nun aber zum eigentlichen Test.


Durch das RAST-System füllt der Arcus 2 RS erst den 
Vorderflügel. So bildet sich vorübergehend ein starker 
S-Schlag aus, der den Schirm am Überschießen hindert.
Starten:
 Die Startvorbereitungen mit dem Arcus 2 RS sind einfach. Die farbcodierten Leinen bieten Übersicht und fallen gut auseinander. Nur am Übergang der ummantelten Stammleinen zu den unummantelten Galerien (alle aus Aramid) hakelt es gelegentlich ein wenig. Man hat aber nicht mit "Zahnseide" zu kämpfen.
Die Tragegurte sind aus einem schmalen, recht steifen und griffigem Gurtband genäht. Leider sind die Bremsgriffe von Swing aus meiner Sicht etwas zu wuchtig und schwer geraten, selbst wenn man die innen liegenden Versteifungen des Stegs entfernt. Die Griffe fallen gerne mal (Murphys Gesetz lässt grüßen) auf die falsche Seite des Gurtes oder zwischen die Leinen und lassen sich dort zuweilen nur etwas frickelig herausfummeln.
Das Aufziehverhalten des Arcus 2 RS wiederum ist tadellos. Dank RAST kommt der Vorderflügel sehr schnell über die gesamte Spannweite in Form und zieht die Kappe spurtreu nach oben, ohne Tendenzen zum Ausbrechen. Auch Nullwindstarts lassen sich so mit erstaunlich kurzer Startstrecke meistern – wobei ich hier Arcus RS und Nyos RS sogar als noch einen Ticken einfacher empfand. 
Sehr deutlich ausgeprägt ist beim Arcus 2 RS ein Nebeneffekt des RAST-Systems im Startablauf: Die Kappe füllt zu Beginn erst nur den Vorderflügel vor der Schottwand. In den Hinterflügel fließt die Luft verzögert – an steileren Startplätzen mit verkürzter Aufziehphase häufig erst dann, wenn der Kappe schon über dem Piloten steht. In der Zwischenzeit bildet sich vorübergehend ein sehr ausgeprägter S-Schlag im Flügel (s. Foto oben). Das wirkt für einige Sekunden stabilisierend wie ein Reflex-Profil. 
Einfacher Kobra-Start.
Der Arcus 2 RS kann den Piloten so kaum überschießen, selbst wenn man zuvor eigentlich zuviel Impuls gegeben hat. Bei Starkwindstarts ist das für den Piloten sehr entspannend und ein echtes Sicherheitsplus! Und die eine Sekunde, die man am Start gelegentlich abwarten muss, bis die Kappe komplett gefüllt da steht, bringt sogar Ruhe in den Startablauf.
Allerdings sollte man eine Sache zwingend beachten: Es empfiehlt sich, den Arcus 2 RS vor dem Aufziehen im Starkwind möglichst wenig vorzufüllen, d.h. keine hohe Wand zu bilden, sondern nur die von den Stäbchen vorgegebene Vorformung der Eintrittskante zu nutzen. Bei einer  stärkeren Vorfüllung strömt die weitere Luft beim Aufziehen direkt in den Hinterflügel. Es bildet sich dann kein so markanter S-Schlag mehr aus. In diesem Fall kann der Arcus 2 RS auch mal etwas deutlicher Vorschießen. Es lohnt sich deshalb auf jeden Fall, seine Starttechnik entsprechend anzupassen, um diese Besonderheit des RAST-Systems beim Start auszunutzen. Alternative Starttechniken wie der seitliche Kobra-Start sind mit dem Arcus 2 RS problemlos möglich.

Landen: Das ist mit dem Arcus 2 RS sehr angenehm, zumal mit dem Schirm jetzt auch sehr schön ausgeflogene Flare-Landungen möglich sind. Das ist ein echter Fortschritt gegenüber Arcus RS und Nyos RS, bei denen zumindest die Nullwind-Landungen (ohne eine angepasste Landetechnik) zuweilen etwas plumpsig enden. Der Arcus 2 RS setzt seinen Speed spürbar besser in Höhe oder eben ein langes Ausgleiten um. Wer den Steuergewohnheiten wie beim Vorgänger folgt, könnte beim impulsivem Abfangen vom markanten Wegsteigen überrascht werden.
Geradezu imponiert hat mir das Verhalten des Schirms bei "heruntergepumpten" Toplandungen im Wind. Bei impulsiven Pumpbewegungen schließen die RAST-Ventile schlagartig und die Luft im Hinterflügel bleibt weitgehend gefangen. Man flattert dann gewissermaßen mit großen Klappen, ohne den Schirm dabei stark zu entleeren. Entsprechend lang bleibt die Strömung am wenig zerknautschten Profil erhalten bzw. legt sie sich auch schneller wieder an. So kann man den Arcus 2 RS mit großer Sicherheitsreserve punktgenau "einparken". (Anmerkung: Wer bisher keine Erfahrung mit dem Manöver des Runterpumpens hat, sollte das auch mit dem Arcus 2 RS nicht unbesorgt ausprobieren, sondern am besten unter Anleitung und über Wasser die ersten Versuche damit starten).

Bremsen: Beim Startverhalten hatte ich schon die Bremsgriffe erwähnt. Hier setzt Swing auf eine eigentlich gute Idee, den Steg mit einschiebbaren Schläuchen und Stäben nach den Vorlieben des Piloten mehr oder weniger stark zu versteifen. Allerdings ist der Griff dafür etwas massiver geraten, was sich beim Fliegen mit einer halben Wicklung als weniger angenehm erweist. Der Griff ist zudem auf seiner Innenseite mit einem recht glatten Stoff überzogen, der bei einer halben Wicklung auf einem glatten Lederhandschuh leicht durchrutscht. Kurz gesagt: Der Griff ist durchdacht, schön genäht und sieht wertig aus, in der Praxis würde ich die simpler aufgebauten Griffschlaufen anderer Hersteller bevorzugen. Ein nettes Gimmick ist die unterschiedliche Einfärbung der Griffe, rechts grün, links rot. Wer sich diese Zuordnung einprägt, könnte zuweilen im Startstress davon profitieren und leichter die passende Bremse finden.
Der Tragegurt des Arcus 2 RS mit seinen massiven
Bremsgriffen. Auch die sind farbcodiert mit rot
für links und grün für rechts.
Die Bremsen selbst haben einen üblichen Vorlauf. Der Bremsdruck ist von Anfang an deutlich zu spüren und steigt zum Stallpunkt hin markant weiter an. Auf den ersten Blick könnte  man erwarten, dass die vergleichsweise harte Bremse auf die Dauer ermüdend wird. Netterweise bieten RAST-Flügel den systembedingten Vorteil, dass man sie mit vergleichsweise geringen Bremsausschlägen steuern kann. Durch die im Hinterflügel gestaute Luft wird von Anfang an mehr des Profils wie eine große Steuerklappe ausgelenkt. Um das voll auszunutzen, sollte man allerdings auch beim Arcus 2 RS seine Steuertechnik ein wenig anpassen: Es gilt bei anhaltendem Kurvenflug (z.B. in einer Thermik) die Innenbremse zwischenzeitlich kurz freizugeben und gleich wieder nachzuziehen. So strömt frische Luft hinter die RAST-Wand, der Druck im Hinterflügel bleibt hoch und man erhält sich eine gute Steuerdynamik auch ohne tiefen Bremszug, also auch ohne hohen Kraftaufwand.

Kappenfeedback: Die Kappe des Arcus 2 RS wirkt in der Luft kompakt und homogen. Informationen über die Luftbewegungen erreichen den Piloten hauptsächlich über die Tragegurte. Die Bremsen sind wenig gesprächig. Insgesamt kann man dem Schirm nicht nachsagen, ein großes Plappermaul zu sein. Der Schirm arbeitet kaum in sich und vermittelt lange auch bei turbulenter Luft eine ungewöhnlich hohe Laufruhe. 
Anders als beim Vorgänger Arcus RS und auch dem Nyos RS, deren Fluggefühl ich bei meinen Tests mit dem Fahren einer gut gefederten Limousine mit langem Radstand verglich, wirkt der Arcus 2 RS aber so, als hätte er doch das etwas sportlichere Fahr- bzw. Flugwerk erhalten. Spürbar wird das allerdings erst, wenn die Luft schon deutlich "bumpy" wird. Dann hebelt der Arcus 2 RS zuweilen etwas, zieht aber auch deutlicher zu steigenden Luftmassen hin und drängt stärker in Thermiken hinein. Erfahrenere Piloten werden das zu schätzen wissen und könnten hier den Arcus 2 RS im Vergleich zum Nyos RS sogar vom Luftmassen-Feedback her als überlegen empfinden.
Weniger erfahrene Piloten, die sich bisher unter dem gedämpften Arcus RS sehr wohl fühlen und nicht unbedingt nach einem sportlichen Upgrade trachten, sollten sich hingegen überlegen, ob dieser Nachfolger noch das ist, was sie suchen. Es steht zwar immer noch Arcus darauf, aber die  Erblinie ist doch eine andere. Selbst im Vergleich mit anderen Mid-B wie Novas Ion-Serie, Skywalks Arak oder dem Advance Epsilon 9 würde ich den Arcus 2 RS als den Schirm mit dem zwar nur zuweilen aufflammenden, dann aber größten Biss beschreiben. (Wobei man hier Biss bitte nicht als gefährlicher oder schärfer verstehen sollte. Ich meine damit eine gewisse Aggressivität und Effizienz, mit welcher der Schirm die von der Luft übertragene Energie annimmt und umsetzt.)

Der Arcus 2 RS im Röntgenbild. Die RAST-Wand in der
Mitte ist deutlich sichtbar. Sie übernimmt auch die
statische Funktion eines durchgängigen Vektorbandes.
Kurvenflug:
 Der Arcus 2 RS ist ein charaktervoller Carver mit einem überzeugenden, sehr variablen Kurvenverhalten. Von sanft bis agil, vom souveränen Kreisen ohne jegliche Aufrichtendenzen bis zum aggressiven Hakenschlagen – der Schirm nimmt alle Steuertechniken gut an und kann sehr effizient mit geringem Kurvensinken wie auch freestyle-spielerisch geflogen werden.
Es ist empfehlenswert, die Kurven mit Gewichtseinsatz einzuleiten und auch beim Carven selbst zuweilen den "Kick mit dem Poppes" einzusetzen, wenn es darum geht, die Schräglage zu erhöhen. Dann ist nur noch wenig Innenbremse nötig, um die einmal erreichte Kurvenlage stabil zu halten. Die Außenbremse kann in den Kurven und auch beim Thermikkreisen weitgehend offen bleiben. Aus dieser Konfiguration heraus behält man als Pilot die Möglichkeit, mit einem impulsiven Nachziehen der Innenbremse und entsprechend großer RAST-Steuerklappe den Schirm fast jederzeit enger rum oder geradewegs in einen Steigkern zu steuern, wo andere Schirme sich eher mal rausdrängen lassen. (Die Innenbremse danach wieder lösen nicht vergessen!).
Die verzögerungsfreie Reaktion auf Steuerimpulse hatte ich schon beim Nyos RS als besondere Qualität beschrieben. Der Nyos kommt im Vergleich vielleicht noch einen Ticken besser ums Eck als der Arcus 2 RS. Allerdings muss man dafür beim Nyos RS den RAST-Hinterflügel etwas häufiger frische Luft schnappen lassen (Bremse kurz lösen), um den Druck, d.h. die Aussteifung und die damit verbundene Steuercharakteristik zu erhalten. Der Arcus 2 RS verlangt in diesem Punkt weniger Aufmerksamkeit des Piloten. 

Beim Kreisen mit dem Arcus 2 RS kann man die 
Außenbremse häufig ganz freigeben. In der Hand
behalten sollte man sie normalerweise schon...
Thermikeigenschaften:
 Das ausgewogene und dennoch bei Bedarf dynamische Kurvenverhalten kommt beim Thermikfliegen mit dem Arcus 2 RS voll zur Geltung. Thermikkreise lassen sich bei allen Thermikstärken koordiniert einleiten und willig nachzentrieren bzw. enger ziehen. Der Schirm setzt solche Korrekturen selbst in starken Steigkernen, wo sich andere Kappen zuweilen etwas streuben, fast ohne Verzögerung um. Diese Kurvenautorität empfand ich beim Kreisen auch nah am Hang als wervolles Handlings- und Sicherheitsplus.
Auch der Arcus 2 RS verkörpert eine der Qualitäten, die viele der Konstruktionen von Michael Nesler ausmachen: Einmal in der Schräglage eingestellt und dann mit "eingelockten" Bremsen geflogen, wobei die Außenbremse möglichst offen bleiben sollte, zieht der Schirm wunderbar konstant seine Kreisbahn. Homogene Bärte zentriert er dann fast allein, ohne dass man als Pilot das Gefühl hat, den Schirm immer wieder neu instruieren zu müssen, weiter im Kreis zu bleiben. Dank der satten Kurvenlage lassen sich auch stark versetzte Bärte ruhig und effizient ausdrehen. Gerade Flachlandpiloten werden diese Eigenschaft zu schätzen wissen.
In einem Punkt wirkt der Arcus 2 RS beim Thermikfliegen sogar etwas sportlicher als der Nyos RS. Er zieht deutlicher zum Steigen hin, meistens neutral über dem Piloten. Zuweilen "springt" er aber auch geradezu in kräftige Kerne hinein. Unter dem Punkt Kappenfeedback hatte ich dafür das Wort "Biss" verwendet. Diese Eigenschaft ist zwar nicht ganz so deutlich ausgeprägt wie z.B. bei einem Skywalk Chili 4 oder dem Tripleseven Rook 3, dennoch hat man in solchen Situationen als Pilot des Arcus 2 RS das Gefühl, unter einem Schirm zu hängen, der auch schon als High-B durchgehen könnte. 
Eine Besonderheit habe ich mit dem Arcus 2 RS wiederholt beim Herausfallen aus Thermiken erlebt. Der Schirm nickt vor und manchmal spürt man, wie die Front dabei schon weich wird. Bei klassischen Schirmen ohne RAST reicht hier ein kurzer, kräftiger Bremsimpuls, um in der Kappe von hinten kommend eine Druckwelle zu erzeugen, die die Eintrittskante stützt, offen hält oder gleich wieder aufschnalzen lässt. Durch die RAST-Wand wird diese Druckwelle beim Arcus 2 RS aber gar nicht bis nach vorne geleitet.  Sie bleibt an der Schottwand hängen. Wirksam wird da nur noch die Anstellwinkelveränderung, die man mit dem Bremszug erreicht. Der Entlaster der Front lässt sich damit weniger direkt vermeiden, es wird aber auch kein echter Frontklapper mehr daraus. Man spürt nur ein leicht verzögertes "Wuuup" und ein kurzes Absacken, bis sich die Front wieder gefangen hat. Da der Hinterflügel bei dem Manöver weiter gut gefüllt bleibt, geht der Schirm schnell wieder in den Normalflug mit voller Steuerfähigkeit über. Der Höhenverlust ist vergleichsweise gering. Dieses Weichwerden ist eine der wenigen Situationen, bei denen RAST zu einem verzögerten und eben nicht direkterem Kontrollgefühl führt. 

Kugelgelagerte Ronstan-Rollen am
Beschleuniger des Arcus 2 RS.
Beschleuniger:
 Der Arcus 2 RS besitzt einen Beschleuniger mit Kick-Down-System. D.h. auf halbem Zugweg ist eine Stopperkugel eingesetzt, die den Flaschenzug des Beschleunigers an einer Rolle blockiert. Entsprechend nehmen die nötigen Kräfte beim Beschleunigen bei höheren Geschwindigkeiten deutlich zu. Bis Halbgas ist der Beschleuniger aber sehr angenehm zu treten. Dazu tragen sicher auch die großen, kugelgelagerten Ronstan-Rollen bei.
Ich konnte mit dem Schirm einen Geschwindigkeitszuwachs von 12 km/h über Trimmspeed erfliegen.  Im Rund der als Mid-B vermarkteten Schirme steht der Arcus 2 RS damit sehr gut da. Solche Werte würden auch schon einem High-B gerecht, liegen aber rund 2 km/h unter denen des Nyos RS.
Der Arcus 2 RS pflügt auch beschleunigt sehr spurtreu durch die Luft, bis Halbgas bleibt die Polare sehr flach. Das beste Gleiten konnte ich leicht beschleunigt erfliegen. Die zuweilen leicht störende Rolltendenz des Nyos RS bei Fullspeed ist mir beim Arcus 2 RS nicht aufgefallen. Die etwas reduzierte Krümmung der Kappe dürfte da stabilisierend wirken.
Anders als der Nyos RS weist der Arcus 2 RS am Tragegurt keine sogenannte C-Bridge auf. Alle Leinen der C-Ebene hängen an nur einem Gurt. Die Schirmkontrolle über C im beschleunigten Flug ist damit natürlich auch möglich, wenn auch nicht so elegant und differenziert auf Innen- und Außenflügel übertragbar wie beim Nyos RS. 

Ohren anlegen: Die Ohren schlagen nicht. Das Öffnen erfolgt etwas verzögert, die Sinkwerte sind durchschnittlich.

Die Diagonalen im Schirm sind an ihren Rändern
umgenäht. Das reduziert die Dehnung.
Steilspirale:
 Der Arcus 2 RS kann sanft wie auch flott in die Steilspirale gezogen werden, lässt sich aber auch stabil nah am Kipp-Punkt halten. In Summe bietet er ein vorbildliches, sehr gut kontrollierbares Spiralverhalten. Bei der Ausleitung sollten Grobmotoriker etwas Vorsicht walten lassen. Bei einer schnellen Ausleitung kann der Schirm seinen Schwung beeindruckend in Höhe umsetzen und ein steiles Männchen machen.

Nicken: Der Arcus 2 RS hat eine angenehme, aber keineswegs übertriebene Nickdämpfung. Die Kappe lässt sich über die Bremsen sogar relativ schnell weit aufschaukeln. Im Normalflug fällt das bei dem als "Langleiner" ausgeführten Schirm aber nicht negativ auf. 

Rollen: Die Rollneigung des Arcus 2 RS ist etwas weniger stark ausgeprägt als beim Nyos RS. Der Flügel lässt sich dennoch gut allein schon per Gewichtsverlagerung aufschaukeln, findet aber auch schnell zur pendelfreien Normallage zurück. Mit passendem Bremseinsatz lassen sich sehr schöne  und hohe Wingover fliegen. Da der Schirm relativ lange Leinen besitzt, sollte man die Schwungphase gut ausnutzen und die Bremsimpulse nicht zu früh geben.

Packen: Dank der unempfindlichen Nitinol-Stäbchen in der Eintrittskante kann man den Schirm nach jeder beliebigen Falt-Methode packen. Beim Zusammenfalten wird man allerdings den zusätzlichen Stoffwulst bemerken, den die RAST-Wand in der Flügelmitte hinterlässt. Dadurch ist das Packvolumen des Arcus 2 RS am Ende etwas größer als bei anderen Schirmen gleicher Gewichtsklasse.

Große, gut zugängliche Schmutzauslässe
im Außenflügel.
Qualität:
 Nähtechnisch und auch bei anderen Details gibt es beim Arcus 2 RS nichts zu mäkeln. Da wirkt alles sauber und durchdacht. Im Vergleich zu vielen anderen Herstellern setzt Swing z.B. auch im Innenleben sichtbar auf Haltbar- und Wertigkeit. So sind alle Diagonalen an den Rändern nochmals umgenäht, um dort einem Ausleiern (Dehnung) durch die Querzugkräfte vorzubeugen. Löblich ist auch, dass die Schmutzauslassöffnungen im Außenflügel groß genug gehalten sind, um bei Bedarf sogar mit mehreren Fingern hineingreifen zu können. Und weil ich das bei anderen Schirmtests immer mal wieder kritisiere, sei hier noch ein Detail mal positiv hervorgehoben: Die Stabilo-Leinen des Arcus 2 RS sind in einem sehr gut sichtbaren orange ausgeführt. So sollte es eigentlich immer sein.

Fazit: Der Arcus 2 RS hat sich im Vergleich zum Vorgänger zu einem sportlich abgestimmten Mid-B entwickelt. Er rückt nahe an den Nyos RS heran und sticht diesen in manchen Punkten sogar aus. Seine durch RAST unterstützte hohe Laufruhe, die Spurtreue gepaart mit Carving-Qualitäten und präziser Manövrierbarkeit in Thermiken machen ihn zu einem leistungsstarken Allrounder, der auch schon für größere XC-Abenteuer in den Bergen wie im Flachland taugt und sich selbst vor den meisten High-B-Schirmen nicht zu verstecken braucht. Nur in der Kategorie Hike-and-Fly muss man mit Blick auf Gewicht und Packmaß Abstriche machen.
Wer bisher die hohe Dämpfung eines Arcus RS schätzt und bei einem neuen Schirm genau das wieder sucht, sollte allerdings nicht blind auf den Arcus 2 RS setzen. Dieser zeigt in der Luft doch zuweilen einen spürbar zupackenderen Charakter. Mit Blick auf die Anforderungen an den Piloten ist dieser Schirmwechsel kein Um- sondern ein Aufstieg. Piloten eines Nyos RS wiederum werden sich unterm Arcus 2 RS schnell sehr wohl und zu Hause fühlen.


Vom Wert eines Schirmtests 

Lu-Glidz ist über die Jahre mit ehrlichen, detaillierten und differenzierten Tests für viele Piloten zu einer wichtigen Quelle und Hilfestellung bei der Einschätzung neuer Schirmmodelle geworden. Solche Tests verlangen viel Erfahrung, eine gute Vergleichsbasis (auf Lu-Glidz sind schon mehr als 70 ausführliche Schirmtests erschienen) aber auch viel Zeit.

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