Im Podz-Glidz #54 erzählte Olaf Salewski, wie er nach einem Absturz tagelang verletzt durch die Hochalpen irrte. Mittlerweile ist die Absturzstelle klar. Es bleiben ein Rätsel und eine Lehre.
Dieser Post ist ein Update zu Folge 54 von Podz-Glidz: "Verschollen". Der Podcast zeichnet die unglaubliche Geschichte nach, wie Olaf Salewski im Spätsommer 2020 im Hochgebirge des Schweizer Wallis mit dem Gleitschirm abstürzte und sich dann eine Woche lang verletzt in die Zivilisation zurück kämpfte. Seine Ausrüstung samt Vario hatte er auf dem Weg zurückgelassen. Die genaue Absturzstelle war deshalb gar nicht bekannt, genauso wenig wie die Absturzursache. Olaf kann sich an diesen Teil seines Fluges nicht mehr erinnern. Er geht davon aus, dass er zuvor in der Luft ohnmächtig geworden war.Vor einigen Wochen war Olaf zurück in der Schweiz – mit dem Ziel, seine Ausrüstung zu suchen. Er fand sie auch, wenn auch nur dank eines glücklichen Zufalls. Ein Schäfer hatte wenige Tage zuvor den Sack im unwegsamen Gelände mit dem Feldstecher erspäht, als er nach seinen Schafen Ausschau hielt. "Sonst hätten wir den Gleitschirmsack wahrscheinlich nie in dem Geröllfeld wiedergefunden", sagt Olaf.
Im Packsack befand sich auch noch sein Skytraxx 3.0. Das Gerät war beim Absturz weitgehend zerstört worden. Doch Olaf schickte es an den Hersteller. Dem gelang es, die darin immer noch gespeicherten Flugdaten auszulesen.
Anhand der igc-Datei lässt sich nun die Absturzstelle eindeutig nachvollziehen: Olaf schlug auf rund 3060 Meter Höhe an der felsigen Südwestflanke des Rothorns ein. Zuvor hatte er am Eggishorn Höhe gemacht und war dann quer über den Aletschgletscher geflogen.
Da am besagten Flugtag laut Messstationsdaten aus der Region auch eine spürbare Höhenwindströmung aus Südost vorherrschte, dürfte sich die Thermik im Lee des Rothorn-Grates befunden haben. Ein Klapper ist da nicht unwahrscheinlich. Und dass Menschen nach einem Unfall eine retrograde Amnesie entwickeln, bei der der Gedächtnisverlust genau jenen Zeitraum umfasst, der zum Schadensereignis führte, ist auch nicht ungewöhnlich.
Olaf Salewski kann sich auch heute noch nicht an den genauen Hergang erinnern. Sein letzter im Kopf präsenter Moment liegt noch vor dem Talsprung über den Aletschgletscher. Der Erklärung mit der "bewussten" Talquerung ins Lee des Rothorns kann oder will er allerdings nicht so viel abgewinnen. Er geht weiterhin davon aus, dass er schon zuvor ohnmächtig und dann mit dem Wind steuerlos über das Tal getragen wurde. Denn der in der igc-Datei nachgezeichnete Flugweg würde so gar nicht zu seinem Flugplan passen. Er habe nie hinten ins Hochgebirge fliegen, sondern sich immer vorne am Fieschertal entlang hangeln wollen, sagt er. Diese Route hätte er bei Bewusstsein sicher nicht gewählt.
So bleiben am Ende immer noch zwei mögliche Erklärungen und ein Rätsel, das sich vermutlich nie wird eindeutig aufklären lassen.
Wichtige Lehren fürs Livetracking
Ein anderes Rätsel rund um Olafs Unfallflug ist aber gelöst. Bernie Hertz, der Betreiber von Burnair, hatte sich stets darüber gewundert, warum er Olafs Flugspur nicht im gespeicherten Livetracking auf der Burnair Map entdecken konnte. Und das, obwohl Olaf ein Skytraxx 3.0 mit Fanet/Flarm verwendete und die Flugregion rund um Fiesch eine sehr gute Abdeckung mit entsprechenden Fanet-Bodenstationen aufweist.
Das "Online Tracking" muss aktiviert sein, damit die per Fanet oder Flarm gesendeten Positionsdaten tatsächlich bei den Livetracking-Servern landen. // Quelle: Skytraxx.eu |
Deren Analyse zeigte: Im Gerät waren Fanet und Flarm zwar aktiviert, doch offenbar muss Olaf irgendwann mal einen (standardmäßig aktivierten) Schalter fürs Online-Tracking auf "off" geschoben haben. Das Vario sendet dann zwar immer noch seine Position. Doch es gibt zugleich auch den Hinweis weiter, dass die Positionsdaten nicht extern getrackt, also gespeichert und dargestellt werden sollen. Auf offiziellen Livetracking-Servern bleibt ein so eingestelltes Gerät deshalb unsichtbar.
Es gab also gar keine Chance, dass irgendeinem Beobachter beim Blick ins Livetracking hätte auffallen können, dass da ein Pilot im schroffen Gelände "hängen geblieben", d.h. vermutlich abgestürzt ist. Sonst wäre sicher viel früher eine Such- und Rettungsaktion ausgelöst worden, so Bernie Hertz.
Es bleibt also die Lehre: Wer ein Gerät mit Fanet und Flarm besitzt, sollte zur eigenen Sicherheit strikt darauf achten, dass darin das Livetracking bzw. Online Tracking auch aktiviert ist.
Noch besser ist es, wenn man im Gerät oder auf der Burnair-Seite zudem noch eine zuortbare Kennung (Kurzname) einspeichert, damit man auf den Livetracking-Karten nicht einfach nur als "Anonymous" erscheint. So etwas kann mögliche Suchaktionen nochmals deutlich erleichtern.
Ergänzender Hinweis: Burnair hat kürzlich die Aufklärungsaktion "Give us a chance - Livetracking rettet Leben" gestartet. Auf der zugehörigen Website wird erklärt, warum ein funktionierendes Livetracking im Notfall so wichtig werden kann. Eine Videoanleitung zeigt, wie man zudem in Burnair sein Instrument verknüpfen und eigene Kontaktdaten hinterlegen kann. Burnair-Abonnenten können auch weitere Personen (Freunde, Ehepartner o.ä.) einspeichern, die bei einem im System erkennbaren Notfall kontaktiert werden sollen.
2 Kommentare
Danke sehr für das Update! War kürzlich in der Gegend (Riederalp und Massaschlucht) und dachte mir noch das es wohl auch ein Glück gewesen ist, dass er nicht mehr starten konnte am nächsten Tag. In dem Zustand Talauswärts fliegen wäre eine sehr schlechte Idee gewesen.
AntwortenLöschenDie Querung sieht viel zu gerade für einen bewusstlosen Flug aus aus, das geht nicht ohne ständige kleine Korrekturen. Olaf mag dem nicht viel abgewinnen können, aber für mich ist das ein eindeutiger Beweis für eine bewusste Querung, auch wenn der Grund dafür im Dunkeln bleiben dürfte.
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