Nach dem 5. Task der Gleitschirm-WM wurden einige Piloten bestraft, da sie in eine CTR flogen. Laut ihren Instrumenten waren sie aber außerhalb geblieben. Ein mathematisches Dilemma
Wenn ein Kreis nur als Vieleck gerechnet wird, dann ist eine Position außerhalb des Polygon zuweilen doch schon innerhalb des Kreises. (Klicke ins Bild zum vergrößern) // Quelle: DHV |
Doch was war nun eigentlich geschehen? Bei Task 5 am Montag führte die Route relativ nah an die kreisförmige CTR des Flughafens von Tucumán heran. Ein Pulk drehte direkt daneben in einer Thermik auf, gewissermaßen auf Tuchfühlung mit der CTR, aber mit stetem Blick auf die Instrumente, um eben keine Luftraumverletzung zu begehen. Die Instrumente schlugen auch nicht an, sondern notierten die Trackspuren außerhalb. Erst bei der späteren Auswertung folgte die böse Überraschung. Laut der offiziellen Auswertungs-Software lagen einige der Tracks doch innerhalb der CTR, basierend auf den Aufzeichnungen der offiziellen Tracker der FAI, die jeder Pilot mitführen muss.
Natürlich hagelte es deswegen Proteste. Genauere Analysen zeigten dann aber den Kern des Problems: Einige Instrumente bzw. Apps wie u.a. XC-Track machten aus der kreisrunden CTR in ihrer internen Darstellung ein Polygon, bei dem die Kreisform nur durch ein Vieleck angenähert wird. Das erleichtert die Positionsberechnung, bedeutet allerdings auch, dass der Streckenzug des Polygons mal leicht innerhalb, mal leicht außerhalb des perfekten Kreises verläuft (s. Bild oben). So kann es passieren, dass eine Trackspur zwar noch außerhalb des Polygons, aber innerhalb des Kreises liegt. Und wenn die CTR selbst als exakter Kreis definiert ist, dann endet dieser Fall in einer korrekt geahndeten Luftraumverletzung.
Man könnte das als unfair gegenüber den Piloten bezeichnen und ihnen eine geringe Toleranz von 0,1 Prozent einräumen wollen, wie es die FAI mit Bezug auf Wegpunkte in ihren Regularien durchaus vorsieht. Doch für Lufträume gilt offiziell eine Nulltoleranz, weshalb die Rennleitung der WM hier kein Einsehen hatte.
Das hielt die davon negativ betroffenen Teams wie z.B. Deutschland freilich nicht davon ab, das als "Fehlentscheidung der Organisation" zu bezeichnen (s. Bericht auf der DHV-Website).
Am Ende können mehrere Gruppen daraus ihre Lehren ziehen:
1. Die Piloten: Um keinen Punkteverlust zu riskieren, tun sie gut daran, Luftraumgrenzen auch im Wettbewerb nicht bis auf den letzten Meter auszureizen. Zu groß ist das Risiko, vielleicht doch aus Versehen auf die falsche Seite zu geraten.
2. Die Instrumenten- bzw. Softwarehersteller: Sie werden sicher bald mit Updates aufwarten, in denen kreisförmige Lufträume dann nicht mehr nur als vereinfachte Polygonzüge gerechnet werden.
3. Die Task-Setter: Sie sollten Wegpunkte so setzen, dass die Piloten möglichst gar nicht erst in Versuchung kommen, ihren Flugweg nah an gesperrte Lufträume heranzuführen.
4. Die FAI: Sie wird künftig darauf achten müssen, dass sie Instrumente nur dann für Wettbewerbe offiziell zulässt ("approved"), wenn deren Software Lufträume u.ä. in mathematisch exakter Weise berücksichtigt.
4 Kommentare
Der DHV (falls Ulis in seinem Bericht offiziell für diesen spricht) misst hier mit zweierlei Maß. Im DHV-XC wurde die Toleranz auch abgeschafft und die Verantwortung vollständig auf den Piloten abgewälzt. Warum ist das dort ok, bei der WM aber nicht?
AntwortenLöschenEs ist doch eigentlich recht einfach, es ist Aufgabe des Piloten, Luftraumverletzungen zu vermeiden. Dazu gehört es auch, sich mit den Geräten, die man nutzt, auseinanderzusetzen, deren Unzulänglichkeiten zu kennen, und die entsprechenden Schlüsse daraus zu ziehen. Ziel der WM ist es, den besten Piloten zu ermitteln. Wer nicht navigieren kann, ist das vermutlich nicht, und kriegt zu Recht Punkte abgezogen.
Natürlich ist es auch Aufgabe des Veranstalters, das Rennen so zu legen, dass man gar nicht erst in Versuchung kommt, aber ein Versäumnis dessen entbindet nicht den Piloten von seinen Pflichten.
Du hast mit deiner Vermutung recht Lucian, auf Facebook hat Ondrej schon gepostet das es ein update geben wird:
AntwortenLöschen"Ondřej Palkovský
The algorithm for converting to polygon has a set error of 20 meters. We have already fixed that to add those 20meters to the radius of the polygon, in the next version this will be fixed."
Noch eine Verständnisfrage. Da die Erde einer Kugel ähnlich von der Form ist, müssten die Lufträume am unteren Ende im Bogenmaß kleiner sein wie am oberen Ende. Wird das so korrekt in den Luftraumdaten abgebildet?
AntwortenLöschenNa, ja. Airspace ist immer eine sensible Sache, da bleibt man weg. Seit 20 Jahren geht nun gefühlt bei jedem 2. Wettbewerb weltweit die Diskussion los über Toleranzen zu Toleranzen oder das tagelange Gejammer einiger Betroffener falls der Director mal nicht einknickt. Gefolgt von Protesten ohne Ende. Auf dem Niveau weiß ein Pilot das.
AntwortenLöschenLetzendlich könnte man auch von Karma sprechen, haben offensichtlich die Franzosen mit ihren Protesten massgeblich für das Canceln von Task 2 gesorgt. 2 Elfmeter bekommt man nunmal nicht :)
Ansonsten lese ich zwischen den Zeilen, dass der Meetdirector ohnehin nur Drittliganiveau abruft, siehe abgesagter Tag mit den besten Flugbedingungen. So etwas darf nicht passieren. Niemals. Hinsetzen 6!
Ansonsten Gratulation für den Move von Phillip Haag heute zum letzten Tag. Von ganz hinten,10km zurück, als Dritter ins Goal. Chapeau!
Es könnte morgen auch eine Überraschung auf dem Podest ganz oben stehen :)
Spannend.
Grüße
Oiver B.
Kommentar veröffentlichen
Kommentare werden von Lu-Glidz moderiert und deshalb nicht immer sofort freigeschaltet. Es gelten folgende Kommentarregeln:
1. Nicht anonym: Auf Lu-Glidz werden nur Kommentare veröffentlicht, die mit einem kompletten Realnamen (Vor- und Nachname) gekennzeichnet sind. Trage dafür beim Anlegen des Kommentars im Feld "Name/URL" einfach Deinen Namen ein. Das Feld "URL" kannst Du frei lassen. Solltest Du stattdessen "Anonym" wählen, musst Du wenigstens am Ende des Kommentars Deinen Namen schreiben. Sonst wird der Kommentar nicht erscheinen.
2. Sachbezogen: Kommentare müssen das jeweilige Thema des Posts bzw. der schon vorhandenen Kommentare betreffen. Sie müssen respektvoll formuliert sein. Sie dürfen keine persönlichen Beleidigungen oder Anspielungen auf die (politische) Gesinnung anderer enthalten.
Hinweis: Die Freigabe von Kommentaren kann sich u.U. um einige Stunden verzögern. Auch ich bin nicht 24/7 online.