Der kürzliche DHV-Nachtest eines Koroyd-Protektors geht für die Kritiker dieser Protektorbauweise am eigentlichen Problem vorbei.
Wie schnell nimmt die Bremskraft verschiedener Protektortypen zu? Die Steigung der gelben Linie gibt einen Hinweis. // Grafik: Lu-Glidz, auf Basis von Messkurven aus der Datenbank von Para-Test.com |
Bei den als Neo-Koroyd vermarkteten Protektoren kommen Dämpfungselemente aus dünnen Plastikröhrchen zum Einsatz, die durch dauerhafte Verformung auf sehr kurzem Weg viel Energie abbauen können. Koroyd-Protektoren können deshalb weitaus dünner sein als herkömmliche Schaumstoff- oder Airbag-Protektoren. Sie erfüllen dennoch die Grenzwerte der EN-Norm für Gleitschirmgurtzeuge. Das hat erst kürzlich der DHV mit einem Nachtest eines Protektors des Typs Neo-Koroyd-3.0 überprüft und bestätigt (s. Lu-Glidz: Freispruch für Koroyd?).
Für manche fachkundigen Kritiker hat dieser Nachtest allerdings das aus ihrer Sicht eigentliche Dilemma der Koroyd-Protektoren in Gurtzeugen gar nicht berührt. Denn sie sehen den Kern des Problem nicht darin, dass Koroyd-Protektoren unter bestimmten Szenarien bzw. Einschlagwinkeln vielleicht höhere G-Lasten liefern könnten, als die Norm erlaubt. Es ist die Art, wie bei Koroyd die Dämpfungswirkung einsetzt, die ihnen Sorge bereitet. Sie befürchten, dass es dabei speziell für die Wirbelsäule zu gefährlichen Lastspitzen kommen kann, die von der EN-Norm bisher gar nicht beachtet werden.
Der Ruck ist das Problem
Es geht um den sogenannten kinematischen Ruck, der mit Beginn des Bodenkontakts des Protektors auf den Körper wirkt. Der Ruck beschreibt, wie sprunghaft die Verzögerung, also die Bremskraft des Protektors einsetzt. Grafisch betrachtet ist der Ruck die Steigung der Messkurve eines Protektortestschriebs (s. Grafik oben).
Bei herkömmlichen Protektoren aus Schaumstoff oder Luftsäcken geht die Messkurve weniger steil nach oben. Das bedeutet: Die Verzögerung setzt sanfter und langsamer ein. Anfangs wenig Bremskraft, dann immer mehr. Mit dieser Charakteristik "verbraten" diese Protektoren erst einmal einen Teil ihrer Bauhöhe, bis sie die maximale Verzögerung erreichen.
Bei Koroyd ist das anders. Dort steigt die Verzögerung direkt viel stärker an, bevor der Körper durch das Krumpeln der Koroyd-Röhrchen dann mit konstanter Kraft abgebremst wird. Dieser starke Ruck trägt mit dazu bei, dass Koroyd-Protektoren weniger dick sein müssen, um unter den maximal erlaubten Verzögerungswerten gemäß EN-Norm zu bleiben. Doch genau dieser starke Ruck könnte für die Schutzwirkung des Protektors in der Praxis eine Kehrseite haben.
Hintern und Wirbelsäule bremsen anders
Schlägt ein Pilot in Sitzposition auf dem Boden auf, wird zum Beispiel die Wirbelsäule bei einem starken Ruck anders belastet als die weicheren Körperteile. Die steife Wirbelsäule wird fast von Anfang an in Längsrichtung gestaucht, während die weicheren Körperteile erst noch elastisch reagieren. Bildlich gesprochen: Während der Hintern noch in die Breite geht, drückt es die Wirbelsäule bereits einfach nur zusammen. Sie könnte dann schon brechen, während andere Körperteile das alles noch schadlos überstehen.
Ob es soweit kommt – dafür spielt die Stärke des Rucks (die zeitliche Steigerung der Bremskraft) eine entscheidende Rolle: Bei einem herkömmlichen Protektor ist die Bremskraft wie beschrieben anfangs sehr klein und steigt dann erst mit zunehmendem Weg progressiv an. Die Wirbelsäule wird dann zwar immer noch relativ stärker belastet als die elastischeren Körperteile, aber mit zunächst kleinerer Kraft. Die volle Bremskraft wirkt erst zu einem Zeitpunkt, wenn sich die Körperteile schon passend angeordnet haben. Nochmals bildlich gesprochen: Der in die Breite gegangene Hintern reduziert dann auch einen Teil der Lastspitzen, die auf die Wirbelsäule wirken.
Nun steht die Frage im Raum: Ist der Ruck bei den in Gurtzeugen verwendeten Koroyd-Protektoren tatsächlich so groß, dass damit der Schutz vor Kompressionsbrüchen der Rückenwirbel mangelhaft ausfällt?
Ruck-Grenzwerte für Schleudersitze
Die Koroyd-Kritiker sehen zumindest von der Theorie her Anhaltspunkte dafür. Sie verweisen auf Studien, die einst bei der Entwicklung von Schleudersitzen für Militärjets gemacht wurden. Auch da gab es die Erkenntnis, dass ein zu großer Ruck zu Wirbelbrüchen führen kann, während der Rest des Körpers unbeschadet bleibt. Wenn man die aus diesen Studien abgeleiteten Grenzwerte eines noch schadlosen Rucks bei Schleudersitzen als Maßstab nimmt, dann würden die Koroyd-Protektoren wohl weit darüber liegen.
Derzeit ist das nur ein Verdacht. Um ihn zu erhärten, bräuchte es genaue Messwerte und bestenfalls auch Studien, die die Wirkung des Rucks mit Blick auf Gurtzeugprotektoren in den Fokus nehmen. Beides gibt es derzeit nicht: Im Rahmen der Protektortests wird der Ruck als solcher gar nicht explizit ermittelt – auch wenn er sich näherungsweise aus den Mess-Schrieben grafisch ableiten lässt. Und noch weniger gibt es irgendwelche Grenzwerte, die einen maximal zulässigen Ruck bei Gurtzeugprotektoren vorgeben.
Muss die Protektornorm novelliert werden?
Bisher waren Ruck-Grenzwerte vielleicht auch gar nicht nötig. Die herkömmlichen Bauarten von Protektoren haben sich über viele Jahre in der Praxis als wirksam erwiesen, und die EN-Protektornorm soweit auch als hilfreich. Doch wenn es nun mit Koroyd eine neue Bauart gibt, die sich in puncto Ruck deutlich anders verhält, dann sind folgende Fragen berechtigt: Müsste die EN-Norm nicht novelliert werden, um künftig auch die Ruck-Eigenschaften von Protektoren bei der Zulassung zu berücksichtigen? Und wenn es so käme, würden die aktuellen Koroyd-Protektoren die möglichen Grenzwerte für den Ruck überhaupt einhalten?
Bis diese Fragen in offizieller Weise beantwortet werden können, werden sicher Jahre vergehen – wenn es überhaupt dazu kommt. Vermutlich käme nur dann Bewegung in die Sache, wenn sich eindeutig abzeichnen würde, dass es bei Crashs mit Koroyd-Protektoren im Gurtzeug signifikant häufiger zu Rückenverletzungen kommt. Allerdings will man niemandem wünschen, mit einem gebrochenen Rücken zum Teil dieser Statistik zu werden.
Was bleibt derzeit den Piloten? Vorerst nur eine Bauchentscheidung bei der Wahl des Gurtzeugs: Vertraue ich auf jahrelang bewährte Protektorbauweisen, oder bin ich bereit, für einen möglichen aerodynamischen Leistungsgewinn dünnere Koroyd-Protektoren zu akzeptieren? Das Risiko, dass an der Ruck-Problematik vielleicht doch etwas dran sein könnte, fliegt dann immer mit.
Hinweis: Die Ruck-Problematik stellt die Sicherheit von Protektoren mit Koroyd-Technologie nicht allgemein infrage. Die hier beschriebene Diskussion fokussiert sich auf den spezifischen Einsatzfall Gurtzeugprotektor unterm Sitz, bei dem es um die Dämpfung eines Einschlags mit Krafteinwirkung längs der Körperachse bzw. Wirbelsäule geht.
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16 Kommentare
Hallo Lucian,
AntwortenLöschenein sehr interessantes Thema! Kannst du noch sagen, welche Größe auf der y-Achse des Diagramms abgebildet ist?
Danke!
Schöne Grüße
Simon
Simon, die Größe auf der Y-Achse ist die G-Last. Für den reinen grafischen Vergleich der Steigung der Messkurven (gelbe Linie) ist die Größe aber irrelevant. Wichtig ist da nur die korrekte Skalierung der Grafiken zueinander. Die Messkurven stammen von der Seite von Para-Test.com. In der Grafik oben ist die oberste graue Linie 50G, die grüne Linie steht für 38G und die rote für 20G.
LöschenLieber Lucien, wenn wir schon bei den Diagrammen sind: Du schreibst an zwei Stellen, dass die Bremskraft immer mehr zunimmt, resp. sich progressiv entwickelt mit zuhnehmender Kompression. Die Graphen sind aber alle eher linear. Da die y-Achse aber dirnach eine Beschleunigungskraft mit einem Quadrat in der Einheit ist, macht deine Aussage Sinn; über die fehlende Achsbeschriftung bin auch ich gestolpert...;) lg Lukas
LöschenHallo Lucian,
AntwortenLöschenWirklich ein sehr spannendes Thema!
Für mich ich die Schutzwirkung des Protektors und dessen Aufbau ein wichtiger Aspekt beim Kauf.
Damit man den Anstieg der Bremskraft in den Diagrammen wirklich miteinander vergleichen kann, ist es sehr wichtig, dass die Skalierungen der beiden Achsen bei allen Graphiken gleich groß sind und sie auch gleichgroß dargestellt werden. Sonst kann unter Umständen ein falscher Eindruck entstehen!
Schöne Grüße,
Peter
Peter, Du hast vollkommen Recht mit Deinem Hinweis. Leider verwendet Para-Test bei den Messschrieben zu den Protektor-Tests keine einheitliche Skalierung. Ich habe bewusst drei Beispiele herausgesucht und in der Grafik verwendet, bei denen die Skalierung zumindest sehr ähnlich ist. Beim der dritten Beispiel (WV Wani 3) ist die X-Achse ein klein wenig gestaucht. D.h. die gelbe Linie würde sogar noch ein klein wenig flacher verlaufen. Letzten Endes ist die Grafik im Post nur noch eine Hilfestellung, um besser zu verstehen, worum es beim "Ruck" geht. Für eine echte, vergleichende Auswertung bräuchte man solche Messschriebe am besten in vollkommen einheitlicher Form und in noch höherer zeitlicher Auflösung.
LöschenEin spannendes Thema! Interessant wären hier tatsächliche Erfahrungswerte. Ich kann nur einen beisteuern, der mich aber beeinduckt hat: ein Kollege ist aus ca. 15 m Höhe nach Vollzerstörer (vermutlich verursacht durch einen Dust-Devil) auf den Boden aufgeschlagen und hat den Sturz unbeschadet überstanden - mit Koroyd-Protektor. Die Röhrchen waren anschließend verschmolzen. Der Pilot ist sich nach eigener Aussage fast sicher, dass die Situation mit seinem alten GZ (wenige Tage zuvor gewechselt, mit Schaumprotektor) schlimmer ausgegangen wäre.
AntwortenLöschenBei allen Protektoren ist immer Glauben mit dabei. Fällt man auf den Protektor und bricht sich nix, dann ist der Protektor "gefühlt" gut. Geht etwas kaputt, dann schreibt man den Schaden auch gerne dem Protektor zu. Aus Einzelfällen, die nur dem Gefühl nach analysiert werden (á la "ist sich fast sicher" = er glaubt es), lassen sich keine grundsätzlichen Erkenntnisse ableiten.
LöschenLetztendlich wird vielleicht wirklich nur die Zeit und eine entsprechend geführte Statistik zeigen können, ob Koroyd-Protektoren tatsächlich ein höheres oder vielleicht sogar geringeres Verletzungsrisiko mit sich bringen. Beim EN-Test wird ja auch nur ein Fall geprüft ("Absturz" aus 1,65 m Höhe). Und auf diesen Test hin werden die Protektoren optimiert. Es wäre durchaus möglich, dass ein Protektortyp mit Bauhöhe X, der beim EN-Test aus 1,65 m etwas schlechter abschneidet, bei einem Test-Setup mit Sturz aus 3 m dann die besseren Ergebnisse liefert.
Eindeutig sollte nur folgendes sein: Ein Koroyd-Protektor mit 16cm wird einen heftigeren Sturz abfedern können als einer mit 8cm Dicke. D.h. mit einem dünneren Protektor geht ein Pilot immer auch einen Kompromiss ein, bei dem er für eine bessere Aerodynamik des Gurtzeugs (geringere Stirnfläche) auf einen Teil der möglichen Sicherheit verzichtet.
Wenn man nur kolportierte Absturzberichte herannimmt, ist das immer wie beim Vergleich von Äpfeln und Birnen.
Für mich ein sehr spannendes Thema. Als ich den Protektor das erste mal bei einem Fliegerkameraden gesehen habe, stellten sich bei mir die Nackenhaare auf.
AntwortenLöschenDie Bauart erinnert sehr stark an Sandwichbauarten aus dem modernen Verbundmaterialbau. Aufgabe dabei leicht und Stabil.
Wir hatten damals schon Boote mit Wabenkerne um das Boot leichter und genau im gegensätzlichen Einsatz hier stabiler zu machen. Kartonagen, Zimmertüren, Möbel von Ikea benutzt dieses Prinzip eigentlich eher um etwas stabiler zu machen!!
Die Zulassungsprozedere bei Gleitschirmgurtzeug erfolgt zu fixen Parametern ohne zu berücksichtigen, ob der Pilot 40 kg oder 110kg wiegt. Jeder Aufprall, Pendelsturz etc. verhält sich anders, somit auch das Material. Sobald die Parameter nicht mehr der Ausgangssituation entspricht, wirkt es genau kontraproduktiv. Der Protektor zeigt die maximale Stabilität genau wie im Gegensatz eine Zimmertür danach ein Loch im Blatt hat, bzw. wir damals in unseren Booten ein Loch reingetreten haben ;-).
Wenn man dieses Thema Gurtzeugzulassung weiter denken würde, müsste man genauso wie im Gleitschirmbereich für die Protektoren Gewichtsbereiche von bis einführen. So könnte jeder sein persönliches Risiko abschätzen.
Wenn man sich weiter die Gurtzeuge anschaut, so findet man die gleiche Zulassungsnummer der Protektoren in X Modellen von Grösse S bis XL bzw jetzt sogar schon XXL bis 140kg!!
Nur meine subjektive Einschätzung, ohne Zugrundelegung von Messwerten und Zahlen.
Das Setup beim Test ist schon so gewählt, dass es die meisten Piloten sehr gut abdeckt. Der verwendete Prüftorso wiegt 50kg. Da der Rumpf rund 50% des Körpergewichts eines Menschen ausmacht, passt das ganz gut zu einem normalen Piloten, der in sitzender Position aufdotzt. Schwergewichte sollten sich ihrer Schwere bewusst sein und im eigenen Interesse, wenn möglich, den dickeren Protektor wählen.
LöschenGewichtsklassen bei Protektoren wären eher kontraproduktiv. Denn dann könnten die Protektoren für Leichtgewichte dünner werden. Das Schutzniveau würde dann sogar sinken.
Viel besser erfasst als in dem vorigen Artikel. Gratuliere,
AntwortenLöschenNoch zu erwähnen ist das die von DHV getesteten Muster, höchstwahrscheinlich die neue, weichere Version von Koroyd ist und nicht die erheblich härtere original Version von wo die ganze Diskussion entstand.
Sehr interessant! Nicht nur verhalten sich manche Stoffe anders, der Ruck hat auch dann Einfluss, wenn Spiel im System besteht. Bei kleinem Ruck hat die ganze Mechanik Zeit, das ganze Spiel aufzubrauchen, um abruptes Abbremsen (die zusätzliche Differenzgeschwindigkeit innerhalb des Systems muss abgebaut werden) zu vermeiden, und dann auch konstant beschleunigt zu werden.
AntwortenLöschenHallo Lucian,
AntwortenLöschenich habe den Artikel und auch die Kommentare jetzt mehrfach gelesen. Ich finde nicht, dass er Dir als Wissenschaftsjournalist gerecht wird und mehr Deine persönliche Ablehnung gegenüber Koroyd-Protektoren wiederspiegelt.
Während im ersten Artikel noch die nicht ausreichende Schutzwirkung bei kleinen Lasten das Thema war, geht es diesmal um den Ruck um die Kritik an dem vermeintlich schlechten System zu untermauern.
Crashstrukturen die durch plastische Verformung Energie aufnehmen, wie die Koroyd-Protektoren, sind zum Insassenschutz in der Luftfahrt- und Fahrzeugindustrie seit Jahren weit verbreitet.
Der Ruck ist die Änderung der Beschleunigung. Für die Kraft die auf einen Körper wirkt, ist dieser bei statischen Systemen aber völlig irrelevant! Da, die Kraft das Produkt aus Masse und Beschleunigung ist (F=m*a)! Die zeitliche Komponente spielt keine Rolle. Deshalb ist in der Norm auch eine Beschleunigung (a) als Grenzwert definiert und nicht der Ruck. Zu beachten ist dabei, dass die Beschleunigung nur an einer Stelle gemessen wird. Damit kommen wir zum spannenden Punkt. Treten innerhalb des Körpers punktuell Beschleunigungen auf die den Grenzwert, oder den Wert der zu Verletzungen (Brüchen , Rissen, usw.) führt, überschreiten? Und dabei kommt dann zum Tragen, dass der menschliche Körper keine durchgehend konstante Steifigkeit besitzt, sondern aus ‘weicheren’ und ‘härteren’ Bestandteilen besteht. Damit wir der Vorgang zu einem kinetischen System. Das hast Du versucht in ‘Hintern und Wirbelsäule bremsen anders’ zu erklären. Die Darstellung ist so aber nicht korrekt. Die Wirbelsäule wird eben nicht von Anfang an gestaucht, während der Hintern sich noch in die Breite geht. Die Kraft wird an einem Punkt/Fläche eingeleitet. Von da geht sie den Weg des geringsten Wiederstandes. Also verformt sich erst der Hintern vertikal, bis die verbleibende Kraft über die Beckenknochen in die Wirbelsäule eingeleitet wird und den Weg weiter durch den Körper geht. Dabei beschleunigt der ganze Körper und wird entsprechend seiner Steifigkeit verformt. Überschreiten dabei lokal auftretende Lastspitzen die Widerstandsfähigkeit von Knochen und Gefäßen, brechen bzw. reißen diese.
@Sebastian. Als "Wissenschaftsjournalist" schreibe ich keine eigene Studie mit allen Verweisen, sondern bilde die Diskussionen möglichst verständlich ab. Hier habe ich mal die von den Koroyd-Kritikern vorgebrachten Argumente aufgeschrieben. Die genaueren Diskussionen lassen sich u.a. im Paraglidingforum nachvollziehen. Dort gibt es auch entsprechende Studienhinweise. Links dazu findest Du in vorausgegangenen Berichten zum Thema.
LöschenIch bin kein Gegner von Koroyd. Es ist eine tolle Entwicklung. Trotzdem halte ich es für richtig, wenn solchen Fragen nachgegangen wird, ob Koroyd auch als klassischer Gurtzeugprotektor sicherheitstechnisch so vorteilhaft ist wie von den Anbietern dargestellt. Die Anforderungen sind halt andere als z.B. beim Einsatz von Koroyd in Helmen oder in Rückenprotektoren im Motorradbereich.
Als Wissenschaftsjournalist weiß ich auch, dass es in er Wissenschaft um die Überprüfung von Theorien und Thesen geht. Wenn es neue Erkenntnisse zu einem Thema gibt, können sich manche Ansichten und Lehrmeinungen auch schnell ändern.
Wenn sich also zeigen sollte, dass der "Ruck" tatsächlich nicht entscheidend ist, dann werde ich das genauso auf Lu-Glidz darlegen.
Die Hinweise auf die Studien mit den Schleudersitzen, wonach der Ruck und damit die zeitliche Komponente durchaus einen Einfluss hat, finde ich bislang stichhaltig genug, um die Fragen, welche die Koroyd-Kritiker aufgeworfen haben, für legitim zu halten. Ich bin gespannt auf die Antworten, falls es sie irgendwann geben sollte.
Du verweist auf Studien zur Entwicklung von Schleudersitzen, benennst diese aber nicht und fügst auch keinen Link zu den Quellen hinzu. Du schreibst ‘Wenn man die aus diesen Studien abgeleiteten Grenzwerte eines noch schadlosen Rucks bei Schleudersitzen als Maßstab nimmt, dann würden die Koroyd-Protektoren wohl weit darüber liegen.’ Wie kommst Du zu so einer Aussage? Kannst Du die Grenzwerte quantifizieren? Und wie hoch sind die Werte konkret bei den bisher zugelassenen Koroyd-Protektoren?
AntwortenLöschenEs ist richtig, die Frage zu stellen ob es einer Überarbeitung der Norm bedarf. Und die kann ziemlich sicher mit ja beantwortet werden. Das nicht aus mehreren Richtungen getestet wird, ist sicher ein wesentlicher Punkt. Und vielleicht ist es auch die Anpassung des Grenzwertes nötig um modernen Protektoren-Systemen gerecht zu werden.
Es ist nicht richtig, eine Gattung von Protektoren pauschal als unterlegen darzustellen! Bei jedem einzelnen System kommt es für die praktisch relevante Schutzwirkung auf die Position, die Länge und Breite, die Energieabsorption und andere Punkte an. Diese hast Du gar nicht beleuchtet. Schütz ein Luftprotektor der nur untern dem Hintern angebracht ist besser, als ein Koroyd-Protektor der bis weit unter den Rücken geht? Mir scheint, es fehlt Dir an einigen Stellen an grundlegendem Verständnis von Statik, Dynamik und Kinetik. Das ‘dafür spielt die Stärke des Rucks (die zeitliche Steigerung der Bremskraft) eine entscheidende Rolle’ ist einfach nicht korrekt. Wie beim verlinkten kinematischen Ruck nachzulesen ist der Ruck die Änderung der Beschleunigung und keine Kraft. Bitte versuche doch bei Themen bei denen Du wenig Vorkenntnis hast, Fachleute zu befragen. Wäre es nicht toll hier ein Interview mit einem Unfallmediziner, oder einem Entwickler von Crashsystemen zu lesen die fundiert dazu Stellung nehmen könnten? Deine (negative)Meinung als Artikel zu veröffentlichen, wird Dir wie eingangs erwähnt, nicht gerecht.
Viele Grüße
Dennis
@Sebastian: Einen Teil meiner Antwort steht schon unter Deinem vorigen Kommentar. Dazu eine Ergänzung: Natürlich ist nicht eine Gattung von Protektor grundsätzlich besser oder schlechter als andere. Es kommt immer auf das Gesamtsystem an und vielfach auch darauf, wie und was getestet wird. Bei einem seitlichen Einschlag schiebt es Airbags einfach beiseite, während Schaumstoff noch eine gewisse Dämpfung entwickeln wird, z.B.
LöschenNatürlich stellt mein Post keine allgemeine Abhandlung über die Grundproblematik der verschiedensten Protektoren dar. Wie immer liefern journalistische Artikel nur einen Ausschnitt der Realität dar. Hier geht es um das, was nicht generell, sondern aktuell in der Szene diskutiert wird.
Die Vermutung, dass es mir an einem grundlegenden Verständnis der physikalischen Zusammenhänge mangelt, würde dann genauso für alle Koroyd-Kritiker gelten; von denen allerdings einige eine viel tieferes Verständnis der Physik haben als ich. Da stünde also mal wieder Aussage gegen Aussage, bzw. Theorie gegen Theorie. Möge das alles nun überprüft werden, um Antworten zu finden und Unklarheiten zu beseitigen.
Hallo Lucian,
AntwortenLöschenIMHO hast du volkommen recht. Der Ruck is das Problem, ich habe das im englischen Forum am Anfang der Diskussion schon geschrieben. Ich habe als SW-engineer an CNC-Maschinen gearbeitet. Wenn wir da den Ruck in der Motorreglung nicht begrenzen, dann tut es einen richtigen Schlag wenn die Maschine sich in Bewegung setzt und abbremst, so alsob man mit einem großen Hammer auf die Maschine einschlägt. Das möchte ich am Körper nicht erleben. Ich halte Koroyd an dieser Stelle für eine richtige Fehlentwicklung.
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