Vor sechs Jahren brachte Ozone den XXLite als ersten Single-Skin-Schirm auf den Markt. Der Nachfolger, XXLite 2, gewinnt mit einer staudruck-gefüllten Nase an Stabilität.

Der Ozone XXLite 2 besitzt einen staudruck-gefüllten Holm
an der Vorderkante des Profils. // Quelle: Ozone
2012 war der XXLite eine Sensation. Ein Schirm, der quasi nur aus Obersegel besteht und dennoch ganz leidlich fliegt (solange man nicht mit Gegenwind zu kämpfen hat). Damit startete Ozone die Ära der Single Skins. 

In den folgenden Jahren haben andere Hersteller das Konzept für ultraleichte Bergschirme aufgegriffen und weiterentwickelt. Niviuk mit dem Skin, Airdesign mit dem Ufo, Skyman mit dem Sir Edmund

Auffällig dabei: Diese Modelle besitzen, jeweils in unterschiedlicher Ausprägung, sogenannte Struts. Das sind einzelne Zellen, staudruck-gefüllt, die der schlabbrigen Oberhaut als Streben von vorne nach hinten zumindest ein bisschen mehr Steifigkeit und aerodynamische Güte in Turbulenzen geben sollen. Der Leistung und dem Handling tut das durchaus gut, wie sogar Streckenflüge von 100 km mittlerweile eindrücklich bewiesen haben. Allerdings ist der für die Aerodynamik wichtigste Teils des Profils nahe der Nase damit immer noch nicht auf voller Breite so abgestützt wie bei einem klassischen Gleitschirm.

Für dieses Problem hat Ozone beim neuen XXLite 2 eine Lösung gefunden. Die gesamte Vorderkante ist als luftgefüllter Holm ausgeführt, ähnlich wie bei einem Tube-Kite. Allerdings wird diese Tube nicht vor dem Start von Hand hart aufgepumpt, sondern füllt sich über Öffnungen wie bei den klassischen Zellen eines normalen Gleitschirms und hält dann durch den Staudruck ihre Form. Da aus dem Holm jederzeit durch die Öffnungen auch wieder Luft entweichen kann, kann der XXLite 2 genauso klappen wie ein klassischer Gleitschirm. Das Profil an der Vorderkante ist aber deutlich rigider als bei anderen Single Skins.

Der Vorteil davon, laut Ozone: Der XXLite 2 fliegt auch bei kleineren Anstellwinkeln noch stabil. Er kann deshalb besser beschleunigt werden und soll angeblich auch ein gutes Flare-Verhalten besitzen.

Ein ähnliches Konzept gibt es schon vom israelischen Hersteller Apco. Dessen Schirm namens Hybrid ist vorne ein klassischer Gleitschirm, während die hintere Segelhälfte als Single-Skin ausgeführt ist. Ozone hat diese Idee gewissermaßen auf den Staudruck-Holm in der Front reduziert. Das bringt einiges an Gewichtsersparnis. Der XXLite 2 in Größe 18 wiegt knapp 1,4 kg. Dabei Ozone verwendet mittlerweile auch leichtes 10-D-Tuch von Dominico, wie man es bisher nur von den Skyman-Schirmen her kennt.


Zulassung ein Politikum

Interessant an diesem Projekt ist die Zulassung. Der XXLite 2 ist ein EN-D. Diese Note bekam er aber nicht, weil er so extreme Reaktionen auf Klapper zeigt, sondern weil bei der Zulassung extra Faltleinen zum Einsatz kamen. In einem solchen Fall kennt die EN-Norm automatisch nur eine Note: D.

Die Faltleinen waren nötig, weil beim XXLite 2 die A- und B-Ebene am Schirm auf eine Stammleinenebene am Gurtzeug zusammenlaufen. Durch ziehen an diesen Leinen werden die Kräfte so breit in die Kappe eingeleitet, dass sich damit keine Klapper induzieren lassen. Das heißt, Klappertests würden ohne zusätzliche Faltleinen nicht funktionieren.

Pikanterweise besitzen auch die Single Skins von Skyman eine ganz ähnliche Abspannung (A+B zusammengefasst). Der Sir Edmund ist aber als EN-B zugelassen. Wie kann das sein?

Hier zeigt sich ein Politikum: Der Sir Edmund wurde bei der EAPR zugelassen, während der XXLite 2 von Air Turquoise getestet wurde. Beim Sir Edmund wurden die Faltleinen so angebracht, dass der Zug an der Kappe genau an den schon vorhandenen Aufhängungspunkten der A-Ebene eingeleitet wurde. Die EAPR nahm sich die "Interpretationsfreiheit", die Faltleinen in diesem Fall wie normale A-Leinen zu betrachten. Dadurch wurde es möglich, die Note B zu vergeben.

Dieser Fall hat übrigens für einige Verstimmung zwischen den Zertifizierungsstellen gesorgt. Denn nach der Einschätzung von Air Turquoise lässt die EN-Norm diese Interpretation nicht zu. Konsequenterweise bekam der XXLite 2 auch nur die Note D.

Gelöst wurde der Streit bis heute nicht. Wie schon häufiger in der Gleitschirm-Szene wächst einfach Gras darüber. Denn mittlerweile hat die EAPR das Geschäft mit den Gleitschirmzulassungen aufgegeben (Lu-Glidz berichtete). Es wird also spannend zu sehen, wo Skyman künftig seine Single Skins zulassen wird, und wie man dann den Kunden mögliche Diskrepanzen bei den Noten EN-B vs. EN-D erklärt.