Mit dem Ion 5 will Nova den Erfolg dieser Schirmserie fortschreiben. Die jüngste Generation des Mid-B-Konzeptes ist einen Ticken spritziger ausgefallen als der Vorgänger.
Der Nova Ion 5 am Landeplatz von Greifenburg. // Fotos: Lu-Glidz
Die im folgenden beschriebenen Eindrücke zum Nova Ion 5 habe ich in circa acht Flug- und Groundhandlingstunden unter unterschiedlichen Bedingungen während der Nova XC-Team-Challenge in Greifenburg gewonnen. Geflogen bin ich den Ion 5 in der Größe S (80-100 kg) mit rund 92 kg Startgewicht. Das Gurtzeug war ein Karpofly Extra Light (Liegegurtzeug). Der Schirm wurde mir für den Test freundlicherweise von Nova zur Verfügung gestellt.


Mit der Ion-Serie schwimmt Nova seit Jahren auf einer Erfolgswelle. Die Schirme stehen im Ruf, recht einfach zu fliegen, aber zugleich erstaunlich leistungsfähig zu sein. Von Modell zu Modell wird deshalb am Grundkonzept kaum etwas verändert, sondern nur in Details  angepasst. Evolution statt Revolution, heißt das Credo von Novas Entwicklungsabteilung. So ist es immer spannend zu sehen, an welchen Feinheiten bei einer neuen Generation wieder einmal geschraubt wurde. Lu-Glidz hatte auch schon die Vorgänger Ion 3 und Ion 4 getestet und ihnen ein gutes Urteil ausgestellt.

Das neue, leichtere Dokdo-20-Tuch (hier: dunkles Grün)
fällt durch den größeren Abstand der Rip-Stop-Fäden
und eine sehr glatte, glänzende Beschichtung auf. 
In der bewährten Weise stellt auch der Ion 5 keine Neu-, sondern eine Weiterentwicklung dar. Wer etwas genauer hinschaut, wird bald ein paar Änderungen entdecken.

Die auffälligste ist das verwendete Tuch an Ober- und Untersegel. Bis auf die Eintrittskante, die aus dem stabilerem Dokdo 30 von Dominico besteht, kommt hier eine neue Variante des etwas leichteren Dokdo 20 zum Einsatz. Die Ripstop-Kästchen sind doppelt so groß ausgeführt wie bei der klassischen Variante. Optisch ähnelt es damit dem 27-er Skytex. Allerdings besitzt das neue Dokdo 20 eine deutlich andere Beschichtung mit einem hohen Silikon-Anteil. Dadurch ist die Oberfläche sehr glatt und rutschig, was bei manchen steilen Startplätzen oder auf Schnee nicht von Vorteil sein dürfte. Zudem benötigt man zur Reparatur auch Spezial-Klebesegel, da normale Flicken nicht darauf haften. Dafür soll das Tuch laut Nova mit 33 Gramm pro Quadratmeter rund zwei Gramm weniger wiegen als klassisches Dokdo 20, dieses aber in puncto Alterungsbeständigkeit übertreffen.

Der Ion 5 ist als "echter" Dreileiner ausgeführt, d.h. die C-Ebene besitzt keine abgabelnde kurze D-Ebene. Auch die Streckung ist gleich geblieben. Dafür besitzt die Kappe nun 51 statt 49 Zellen, wobei die Ergänzung aus jeweils einer kleinen, bauchigen Zusatzzelle im Stabilo besteht. Auch das verwendete Profil wurde laut Nova leicht verändert.

Während bei Ion 3 und Ion 4 die Zellenbreite noch auffällig variierte (Smart Cells), ist dieses Feature beim Ion 5 deutlich zurückgenommen. Nova spricht von einem "optimierten 3D-Shaping". Im Sinne eines Leistungsgewinns kommen an der Bremse und an den Stabilos besonders dünne, aber ummantelte PPSL-Leinen von Liros zum Einsatz. Die Bremsspinne ist zudem etwas anders aufgebaut und greift nun weiter am Außenflügel an. Das macht sich im Handling durchaus bemerkbar. Doch davon später mehr.


Starten:
Die mit Stäbchen gestützte Eintrittskante mit einer kleinen Stufe
im Profil sorgt für ein gutes Füllverhalten. 
Wie schon bei den Vorgängern sind die Startvorbereitungen mit dem Ion 5 sehr einfach. Die ummantelten und nach Ebenen farbcodierten Leinen fallen gut auseinander. Nur den unummantelten Galerien muss man etwas mehr Beachtung schenken. Die Tragegurte sind schmal, aber aus einem relativ steifen Material, das gut zu händeln ist.
Beim eigentlichen Start fällt dann doch ein Unterschied zum Ion 4 auf: Während dieser noch mit einem rundum einfachen, völlig anfängertauglichem Startverhalten glänzt, stellt der Ion 5 etwas höhere Ansprüche an den Piloten. Beim Nullwind-Vorwärtsstart ist das noch kaum spürbar. Aber bei etwas stärkerem Wind neigt der Flügel dazu, beim Aufstieg im oberen Drittel nochmals Zug zu entwickeln und etwas vorzuschießen. Einen unvorbereiteten Piloten kann das durchaus überraschend treffen. Man sollte bereit sein, der anfangs gemächlich steigenden Kappe zum rechten Zeitpunkt noch ein paar deutliche Schritte entgegen zu laufen und sie mit gut getimtem Bremseinsatz abzufangen.
Bei etwas Seitenwind kommt erschwerend hinzu, dass die geänderte Bremsanlenkung des Ion 5 den Schirm schneller um die Hochachse drehen lässt. Es gilt also, nur mit dezenten Bremsimpulsen steuernd einzugreifen, um den Schirm nicht plötzlich Gieren zu lassen.
Zur Einordnung sei aber noch gesagt: Mit diesem Verhalten ist der Ion 5 keine Startsau, er verhält sich im Klassenrund noch immer manierlich. Aber im Vergleich zu dem in diesem Punkt voll überzeugenden Ion 4 verlangt der Ion 5 gerade in anspruchsvolleren Windverhältnissen schon etwas mehr Einfühlungsvermögen des Piloten.

Landen:
Unauffällig. Der Schirm lässt sich gut ausflaren und auch ungewickelt sauber abreißen.

Die Bremse des Ion 5 greift anfangs stärker am Außenflügel
und erhöht so die Wendigkeit. 
Bremsen:
Die Bremsen der Ion 5 haben einen Vorlauf von knapp zehn Zentimetern. Der Bremsdruck liegt im angenehmen, mittleren Bereich und etwas geringer als beim Ion 4.
Im Kurvenflug wird spürbar, dass die Bremse vor allem im Außenflügel etwas früher und stärker greift. Man kann die gleichen Kurvenradien wie beim Ion 4 de facto mit weniger Bremseinsatz fliegen. Vielleicht trägt auch das zum Eindruck des verringerten Bremsdruckes bei. Auf jeden Fall hat der Ion 5 an Kurvenspritzigkeit gewonnen.
Geändert ist auch die Bremsführung. Hier setzt Nova wieder auf bewährte Rollen anstelle keramischer Ringe.

Kappenfeedback:
Der Ion 5 zeichnet sich durch eine ähnliche hohe Flugruhe aus wie der Ion 4. Das Profil ist sehr pitchstabil und bleibt weitgehend neutral über dem Piloten. Die Kappe gehört damit allerdings nicht zu den mitteilsamsten ihrer Klasse. Sie zeigt z.B. weniger an als andere leistungsorientierte Mid-B wie der 777 Knight, der Aircross U Fly 3 oder der Icaro Gravis. Kleinere Turbulenzen und Luftbewegungen werden weggedämpft, was viele Piloten aber sicherlich als eher angenehm empfinden werden. Ich hatte im Flug auch nicht das Gefühl, entscheidende Informationen zu vermissen. Stattdessen vermittelt der Schirm selbst in bewegter Luft eine sehr vertrauenserweckende Souverenität, die in diesem Streckungs- und Leistungssegment vielleicht nur vom Swing Arcus RS übertroffen wird. Die Infos liefert die Kappe hauptsächlich über die Tragegurte. Auf der Bremse ist der Ion 5 dennoch etwas gesprächiger als der Ion 4. All das reicht aus, um die Luftmassen ausreichend lesen zu können.

Kurvenflug:
Der Ion 5 besitzt eine kleine Extra-Zelle am Stabilo, die auch
von der Bremsanlenkung mit erfasst wird.
Das ist eine der Stärken des Schirmes. Das Kurvenverhalten ist sehr harmonisch, und das über alle Schräglagen hinweg. Der Schirm behält sie auch, wie schon die Vorgänger, willig bei.
Der Ion 5 hat allerdings an Reaktivität gewonnen. Die Bremse greift etwas früher und stärker am Außenflügel, was die Wendigkeit erhöht. Zudem lässt sich der Flügel in bereits etablierten Kurven leichter nachdrücken.
Sehr empfehlenswert ist dafür die Technik des sogenannten Brake Shifting. Dabei bewegt man die bremsende Innenhand nicht weiter nach unten sondern nur seitlich zur Schirmmitte hin. Die zusätzliche Bremswirkung wird dadurch vor allem auf den Außenflügel übertragen, was beim Ion 5 mit einer prompten Verstärkung der Kurvenlage einher geht. Auf diese Weise lässt sich der Schirm schon mit deutlich weniger Bremseinsatz als der Ion 4 erstaunlich eng drehen. Man sollte das Spiel allerdings nicht übertreiben, sonst tendiert der Schirm dazu, etwas zu graben.

Thermikeigenschaften:
Das gute Kurvenhandling kommt beim Thermikflug mit dem Ion 5 voll zur Geltung. Einfach in den Aufwind hängen, Kurvenschräglage einstellen und dann gleichmäßig nach oben zirkeln. Wird es mal etwas rumpeliger, gleicht die Kappe schon viel ganz von selbst aus. Sollte dennoch mal ein Piloteneingriff nötig sein, um den Schirm auf der Kurvenbahn zu halten, fällt dies mit dem Ion 5 angenehm leicht. Das im Punkt "Kurvenflug" beschriebene Brake-Shifting ist dabei sehr hilfreich. Mit dieser Technik geflogen, gehört der Ion 5 sogar zu den agileren Kappen im Mid-B-Sektor.
Bei Ein- und Ausflug aus den Thermiken bleibt der Ion 5 weitgehend neutral über dem Piloten. Das pitchgedämpfte Profil besitzt einen Ticken mehr Biss als beim Ion 4. Es erreicht aber noch lange nicht den zuweilen sportlichen Vorwärtszug eines 777 Knight oder Aircross U Fly 3, die ich von der Leistung her derzeit als die engsten Konkurrenten sehe. Auf längeren Strecken- und Thermikflügen würde ich den Ion 5 in diesem Vergleich allerdings als den entspannteren Cruiser bezeichnen.

Die Durchsicht zeigt: Der Ion 5 kommt mit erstaunlich wenigen
Spannbändern in der Kappe aus. Die Diagonalen
sind gewichtssparend als Streifen ausgeführt.
Beschleuniger: Der Beschleuniger des Ion 5 ist erstaunlich leicht zu treten, was einem aktiven Fliegen mit dem Beschleuniger sehr entgegen kommt. Der Schirm bleibt auch bei Fullspeed (11-12 km/h über Trimm) spurtreu, ohne störendes Rollen. Das Gleiten "Rolle auf Rolle" ist im Klassenvergleich hervorragend. Der Schirm lädt den Piloten geradezu ein, auf Strecke mit dem Gas zu spielen.
Der Schirm besitzt keine C-Handles, was ich allerdings nicht als Manko empfinde. Man kann die C-Gurte auch so gut greifen, wenn man darüber die Nickbewegungen kontrollieren will. Durch das pitchgedämpfte Profil ist das aber selten nötig. Zudem ist es allgemein effizienter, sich die Nickkontrolle über den Beschleuniger anzugewöhnen.

Ohrenanlegen: Auch in diesem Punkt hat der Ion 5 gegenüber dem Vorgänger gewonnen. Die eingeholten Ohren zeigen keine Tendenz zum Schlagen und sind etwas leichter zu halten. Während man beim Ion 4 gelegentlich noch gegen den Öffnungszug der Ohren ankämpfen muss, was auf die Dauer ermüdend sein kann, bleiben beim Ion 5 die Ohren fast ohne Krafteinsatz drin. Dafür öffnen sie leicht verzögert und bedürfen dafür manchmal sogar eines stärkeren Bremsimpulses des Piloten. Dieser muss aber bei weitem nicht so beherzt ausfallen wie bei der Mentor-Reihe von Nova.

Steilspirale: Das gut kontrollierbare Kurvenverhalten zeigt sich auch in der Steilspirale. Durch die geänderte Bremsanlenkung kann die Einleitung etwas spritziger geflogen werden als beim Ion 4. Die Sinkgeschwindigkeit lässt sich sehr gut einstellen und kontrollieren.

Nicken: Der Ion 5 offenbart ein ähnlich stark gedämpftes Nickverhalten wie der Ion 4. Nur mit etwas Nachdruck und dem passenden Takt des Piloten lässt sich die Kappe tatsächlich stärker aufzuschaukeln. Die Energie wird aber schnell wieder abgebaut. Zum Abfangen reicht ein erstaunlich geringer Bremseinsatz.

Rollen: Nur per Gewichtsverlagerung fällt es schwer, dem Ion 5 größere Rollamplituden zu entlocken. Zwar wirkt der Schirm ein klein wenig agiler als der Ion 4, aber für Freestyle bleibt diese Modellreihe weiter nicht empfehlenswert. Die etwas direktere Bremse erleichtert es zwar, die vorhandene Energie in etwas höhere Wingover umzusetzen. Durch die Pitchdämpfung des Profils nimmt der Flügel allerdings auch schnell die Dynamik aus dem Manöver.

Sauber ausgeführte Krafteinleitung und -verteilung über
Mylarverstärkungen an der Leinenaufhängung.
Packen: Problemlos. Wie bei Nova üblich sind an der Eintrittskante nur dickere, weichere, knickunempfindliche Stäbchen verbaut. Ansonsten gibt es keine weiteren Verstärkungen.  Man kann den Schirm deshalb fast nach Belieben zusammenknüllen bzw. falten. Ein Zellenpacksack ist nicht nötig. Das erreichbare Packmaß ist für einen Normalschirm angenehm gering.

Qualität: Da gibt es keine Beanstandungen. Nova hat über die Jahre einen sehr hohen Fertigungsstandard erreicht.
Ein kleines Fragezeichen würde ich hinter das neue, leichtere Dokdo 20 Tuch setzen. Hier fehlen einfach noch Erfahrungswerte, d.h. es muss sich in der Praxis noch bewähren. Bedeuten die größeren Ripstop-Kästchen vielleicht eine leicht reduzierte Weiterreißfestigkeit, wenn man mal irgendwo hängen bleibt? Auf jeden Fall müssen sich die Ion-5-Piloten im Klaren sein, dass sie zum Flicken kleinerer Risse ein spezielles Reparatursegel verwenden müssen. Standardware haftet auf der glatten, silikonhaltigen Beschichtung nur schlecht.

Fazit: Mit dem Ion 5 ist Nova einmal mehr eine Evolution ihres erfolgreichen Low/Mid-B-Schirmkonzeptes gelungen. Der Schirm hat viele der Stärken des Ion 4 übernommen – mit einem Spritzer mehr Sportlichkeit, Drehfreude und Leistung als Topping. Allerdings zeigt sich das auch im Startverhalten, das nun nicht mehr ganz so fehlerverzeihend simpel und spurtreu ist wie beim Vorgänger. Gerade bei stärkerem Wind offenbart der Schirm hier eine etwas bissigere Seite. Einmal in der Luft, gehört der Ion 5 aber weiterhin zu den angenehmsten und zugleich leistungsfähigsten und vielseitigsten Kappen seiner Klasse. Das verhältnismäßig geringe Gewicht und Packmaß (semi-light-Bauweise) machen den Flügel auch für Hike&Fly interessant.


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