Im August stürzte James "Kiwi" Johnston bei einem Flug in Nevada ab. Er wurde erst Wochen später gefunden. Der nun erschienene Unfallbericht bleibt etwas spekulativ, ist aber lehrreich. 

Nicht korrekt eingeschlaufte Leine an Kiwis Zeno.
Die Leineschlaufe sollte in einem größeren Bogen um
das Stoffband der Aufhängung sitzen. Die zu enge
Schlaufe reduziert die Festigkeit. // Quelle: Ozone
Die Suche nach "Kiwi" war eine der vielleicht aufwendigsten und vor allem internationalsten der Gleitschirmgeschichte. Piloten aus aller Welt hatten sich daran beteiligt, indem sie hoch-aufgelöste Satellitenbilder nach Spuren des Schirmes in der Wüste absuchten (s. Lu-Glidz Newsticker #11#14, #16, #19, #22, #23). Entdeckt wurde der Schirm am Ende eher zufällig von Jägern vor Ort. In der Nähe fand man auch die Leiche des Piloten, der Rettungsschirm noch unausgelöst in seinem Gurtzeug. 

Analysen des im Vario gespeicherten igc-Tracks und der Zerstörungsspuren an der Kappe erlauben eine rudimentäre Rekonstruktion des Unfallhergangs. Sie ist in einem von Ozone-Mitarbeitern verfassten und jüngst von Cross Country veröffentlichten Unfallbericht (pdf) beschrieben.

Demnach geriet Kiwi in über 4000 Meter Höhe vermutlich in eine starke thermisch Turbulenz. Das führte zu einem großen Klapper mit Verhänger und möglichem Twist. Zumindest deuten die Trackdaten auf ein Abtrudeln in einer Sat-artigen Spirale hin. Unter den hohen G-Belastungen kam es dann wenig später zu kaskadenartigen Leinenrissen. Schirm und Gurtzeug wurden getrennt. Der ungebremste Aufschlag dürfte für den Piloten sofort tödlich gewesen sein.


Vier Lehren

Bei jedem Unfall stellt sich natürlich die Frage: Was kann man daraus lernen? Und hier führt der Bericht eine Reihe interessanter Empfehlungen an. Die einzelnen Punkte werden nicht als Auslöser des Unglücks dargestellt, aber als Puzzleteile, die einen Anteil daran gehabt haben könnten.

1. Nicht überladen fliegen. Kiwi war offenbar mit seinem Schirm um rund 10-15 kg überladen unterwegs.

So sieht eine korrekt eingeschlaufte Leine aus.
Die Leine schlingt sich um den Stoff der
Einhängeschlaufe. // Foto: Lu-Glidz
2. Leinen korrekt einschlaufen. Kiwi hatte 2019 bei seinem Zeno einen neuen Leinensatz eingebaut. Dabei hatte er aber die Galerieleinen so eingezogen, dass die Leinen nicht in einem Bogen um den Stoff der Einhängeschlaufen an der Kappe lagen, sondern nur in einer ganz eng gezogenen Schlaufe direkt an der Leine selbst (s. Fotos oben und rechts). Solche engen Radien können die Festigkeit stark reduzieren.

3. Große Höhen = stärkere G-Lasten: Rotationsbewegungen in dünner Höhenluft erfolgen schneller und erhöhen damit die G-Lasten. Zudem reagiert man wegen Sauerstoff-Mangel stärker auf G-Belastungen. Hier ist es nochmals wichtiger, als Pilot frühzeitig die Rettung zu werfen, bevor die Auswirkungen der G-Kräfte (u.a. möglicher Grey- und Blackout) das verhindern.

4. Kontrastreiche Schirmfarben wählen: Bei der Auswahl der Farben eines Schirmes sollte man stets auch die eigene Sichtbarkeit (am Himmel und auf der Erde) beachten. Kiwis Schirm war blau und hauptsächlich weiß. Möglicherweise wäre ein Schirm mit deutlich konstrastvolleren Farben (rot, orange, gelb) schneller gefunden worden. Kiwi hätte das bei diesem Unfallhergang auch nichts mehr genutzt. Doch man kann sich viele Konstellationen vorstellen, bei denen eine gute Sichtbarkeit letztendlich lebensrettend sein könnte.