Der Lhotse 2 von UP ist ein leichter, sportlicher Mid-B-Allrounder – nicht nur für Hike and Fly. Zu seinen Stärken zählen ein besonders feines Kurvenhandling.
Der UP Lhotse 2 lässt sich am Boden wie in der Luft sehr fein händeln. // Foto: Lu-Glidz

[Wer noch keine Erfahrung mit der Testweise von Lu-Glidz hat, sollte zuerst die Interpretationshilfe für Schirmtests lesen!]

Die im folgenden beschriebenen Eindrücke zum Lhotse 2 von UP habe ich beim Fliegen und Groundhandling unter unterschiedlichen Bedingungen rund um Eifel und Westerwald gewonnen. Geflogen bin ich den Lhotse 2 in der Größe 24 (75-100 kg) mit rund 92 kg Startgewicht. Als Gurtzeuge kamen ein Karpofly Extra Light und ein Bogdanfly (jeweils Liegegurtzeuge) zum Einsatz. Der Schirm wurde mir für den Test freundlicherweise von UP zur Verfügung gestellt.



UP gehört zu den Firmen mit einer besonders großen Schirm-Palette in der B-Klasse. Makalu 4, Kibo 2, Lhotse 2, Summit XC 4 und Kangri stehen dort derzeit im Programm. Wobei Kibo und Lhotse sowie Summit XC und Kangri jeweils nah miteinander verwandt sind. 

Negatives 3D-Shaping an der Eintrittskante.
An dieser Aufzählung sieht man gut, wo UP den Lhotse 2 als Leichtversion des Kibo 2 verortet: In der Mitte der B-Klasse. Die Zellenzahl von 53 passt da gut ins Bild. Bei der Streckung hingegen (5,7 ausgelegt und 4,3 projiziert) liegt der Schirm in Regionen, in denen heute eher typische High-B-Modelle zu finden sind. Allerdings sollte man wissen, dass UP Konstrukteur Franta Pavlousek ein Faible für im Klassenvergleich etwas höhere Streckungen hat. Die damit verbundenen Leistungsvorteile nutzt er nach eigener Aussage, um die Schirme in anderen Punkten zu entschärfen und parallel das Handling zu verbessern. Gerade für den letzten Punkt ist der Lhotse 2 ein gutes Beispiel, wie der folgende Test zeigt.

Zuvor aber noch ein paar weitere technische Details. Der Lhotse 2 ist mit 3,3 kg in der getesten Größe 24 erstaunlich leicht geraten, hinterlässt aber keineswegs einen zarten oder gar empfindlichen  Eindruck. Der Schirm ist voll alltagstauglich. Dazu tragen u.a. das bewährte 32er Skytex Tuch im Obersegel (Eintrittskante) bei. Positiv fällt auch die Verwendung eines Standard-Tragegurts auf, der zwar schmal ist, aber eben nicht aus verdrehfreudigen Dyneema-Bändern wie bei anderen Bergschirmen. (Hinweis: Gewichtsfetischisten können den Schirm auch mit leichteren Gurten ordern.)

Eine technische Besonderheit des Lhotse 2 ist das mittlerweile bei allen Neukonstruktionen von UP zu findende negative 3D-Shaping (s. Serie Leistungsdrang). Es handelt sich um eine Zusatznaht entlang der Profilnase, durch die dort das Ballooning reduziert und v.a. die Spannungsverteilung optimiert wird. Am Obersegel findet sich auch noch ein klassisches (positives) 3D-Shaping. In der Hinterkante sind Miniribs vernäht. 


Der Lhotse ist ein unkomplizierter Starter
mit kurzer Startstrecke. // Foto: U. Ant
Starten:
 
Die Aramid-Leinen des Lhotse 2 sind einfarbig (rot) und unummantelt. Sie fallen relativ gut auseinander, sind aber wegen der fehlenden farblichen Kennzeichnung etwas unübersichtlicher beim Sortieren. 
Vor allem die dünne, beige Stabiloleine ist schwer erkennbar. Hier hätte UP gut daran getan, zumindest die untersten zehn oder besser gar 30 bis 50 cm mit einem auffälligeren Mantel zu versehen. (Die gute Erkennbarkeit der Stabiloleine sehe ich als ist ein wichtiges Sicherheitsfeature, nicht nur in der Luft, sondern auch am Start, um z.B. ein im Starkwind umgeschlagenes Ohr schnell wieder herausziehen zu können).
Das Aufziehverhalten des Schirms ist ein Genuss und für eine 5,7er Streckung erstaunlich einfach (deutlich einfacher als z.B. bei dem leichten High-B-Bruder, dem Kangri, s. Schirmtest: UP Kangri). Das gilt für alle Windsituationen. Die Kappe braucht nur wenig Impuls, lässt sich sogar problemlos "hands-free" aufziehen, bleibt beim Aufstieg nirgends hängen, neigt aber auch nicht zum Überschießen. Die nötige Startstrecke ist vergleichsweise kurz, was bei kurzen Hike-and-Fly-Startplätzen Vorteile bringt.
Eine Besonderheit gilt es aber zu beachten: Beim Aufziehen sollte man nur zurückhaltend bzw. erst relativ spät mit der Bremse korrigierend eingreifen. Die Strömung reißt auf einer (zu) früh angebremsten Seite schnell mal am Außenflügel ab. Der Schirm giert dann deutlich. Auch beim Kobrastart ist die im Aufziehen etwas empfindlichere Bremse zu spüren, weshalb ich diese Startart nicht als Parademanöver des Lhotse 2 bezeichnen würde. 
Wer es gewohnt ist, beim Starten oder Groundhandling auch die C-Gurte zu greifen, muss Umsicht walten lassen. Denn die C-Ebene des Lhotse 2 ist aufgeteilt. Die Außenflügel sind an einem eigenen Gurt (Durchläufer) aufgehängt. Angenehmerweise liegen die C-Gurte jeder Seite baulich so nah beieinander, dass sie relativ gut zusammen zu greifen sind. Nach kurzer Eingewöhnung bereitete mir dieses Setting beim Groundhandling kaum noch Probleme. 


Landen: 
Auch das Landen mit dem Lhotse 2 habe ich als sehr angenehm empfunden. Der Schirm setzt Überfahrt gut kontrollierbar in Höhe um. Damit sind sogar dynamische Toplandungen in kleinen Spots möglich. Einzige Kritik: Der Stall-Punkt ist etwas schwammig. Wer gerne bei Toplandungen die Technik des "Herunterpumpens" praktiziert, sollte sich mit dem Lhotse 2 vorsichtig herantasten. 


Spielerisches Groundhandling mit dem Lhotse 2. 
Bremsen:
 
Die Bremsen des Lhotse 2 besitzen eine soften Steg. Sie sind gut zu greifen und lassen sich auch mit halber Wicklung ohne Druckstellen halten. Am Tragegurt sind sie mit Snap-Locks befestigt, einer Kombination aus magnetischer und mechanischer Arretierung. Meiner Erfahrung nach stellt dieses System die derzeit beste Lösung dar. Der Vorlauf der Bremse liegt mit knapp zehn Zentimetern im üblichen Bereich. Die Steuerwege sind durchschnittlich,  etwas länger als beim Kangri. Als Pilot hat man aber stets den Eindruck einer sehr direkten Lenkung und eines guten Kontakts zum Schirm. 
Die Steuerkräfte sind anfangs leicht und steigen nur moderat an.  Das Pilotieren des Lhotse 2 wird so auch nach Stunden nicht ermüdend. Wie schon unter "Landen" angemerkt, ist dafür der Stallpunkt aber etwas schwammig. 


Kappenfeedback: 
Auch in diesem Punkt hat mir der Lhotse 2 sehr gut gefallen. Die Schirm zeigt Luftströmungen nuanciert an, ohne durch abruptes Hebeln oder plötzliches Gieren Nervosität zu verbreiten. Die Rückmeldungen kommen vor allem über die Tragegurte. Die mittelharte Kappe wirkt kohärent, arbeitet nur wenig in sich. Selten mal flappt ein Öhrchen am Thermikrand. Der Schirm ist aber beileibe kein Brett in der Luft. Er bietet eine angenehme Dämpfung. Als Pilot hatte ich immer den Eindruck, alle nötigen Informationen in freundlicher Weise serviert zu bekommen. Der Schirm zieht z.B. gut spürbar zu Thermiken hin. Allerdings ist das noch ein angenehmes Drängen, kein vehementes Hineinbeißen. Als Pilot kann man sich davon vertrauensvoll und ohne Schreckmoment leiten lassen.


Beim Pilotieren im Wagga-Style zeigt der
Lhotse 2 seine reaktiv-spaßige Seite. 
Kurvenflug: 
Der Lhotse 2 zeigt ein sehr harmonisches Kurvenverhalten mit hoher Agilität, aber ohne Überraschungsmomente. Während manche Schirme typische Kipp-Punkte besitzen – also Schräglagen, bei denen sie erst sperren und darüber dann ein anderes Steuerverhalten entwickeln oder gar zu Bohren beginnen – zeigt sich der Lhotse 2 angenehm linear. Alle Kurven-Schräglagen lassen sich ohne "Sperre" einstellen und auch halten, ohne ständig mit der Außenbremse moderierend eingreifen zu müssen. 
Der Schirm reagiert sehr gut und direkt auf Gewichtsverlagerung. Wenn man diese konsequent einsetzt, kommt man mit angenehm wenig Bremse beim Kurven aus, was auch die Effizienz beim Thermikfliegen steigert. So geflogen bleibt der Lhotse 2 schön reaktiv beim Nachziehen und erlaubt auch schnelle Kurvenwechsel.  


Thermikeigenschaften: 
Die Kombination aus gutem Kappenfeedback, Agilität und stabilem Kurvenflug machen das Thermikfliegen mit dem Lhotse einfach. Die Kappe zeigt gut an, wo es hoch geht. Sie driftet bestimmt, aber ohne störendes Nickmoment zum Steigen hin. Man darf ihr einfach vertrauen. Die Agilität erlaubt ein punktgenaues Einkreisen auch in sehr enge Bärte.
Das Design betont die für einen Mid-B schon hohe 
projizierte Streckung von 4,3. 
Allerdings empfiehlt es sich im Sinne der Effizienz, den Lhotse 2 in der Thermik mit deutlicher Gewichtssteuerung zu fliegen. Wer hauptsächlich über die Bremse arbeitet und diese für engere Kurven dann schon zwangsläufig tiefer setzen muss, beraubt sich der ansonsten gut ausgeprägten Möglichkeit, den Schirm mit einem kurzen "Kick mit dem Hintern" auch sehr eng ins Thermikzentrum zu stellen. 
Im schwächeren Steigen muss man mit dem Lhotse 2 unter Umständen leichte Abstriche hinnehmen. Das liegt vermutlich an der vergleichsweise kleinen Flügelfläche. Wer nur stur auf die vom Hersteller angegebenen Gewichtsbereich schaut sollte beachten: Der Lhotse 2 weist im Vergleich zu seinem nicht als Leichtschirm ausgeführten Zwilling Kibo 2 bei gleicher Fläche einen nach oben um 5 kg erweiterten Gewichtsbereich auf (wie es bei häufig etwas höher belastet geflogenen Bergschirmen üblich ist). 
UP empfiehlt übrigens, dass seine Modelle idealerweise eher "mittig" im Gewichtsbereich geflogen werden sollten. Beim Lhotse 2 sind da meiner Erfahrung nach auch keine nennenswerten Handlingseinbußen zu erwarten. Gerade wer viel im Flachland mit weniger starker Thermik unterwegs ist, sollte im Zweifel eher die größere Größe eines Lhotse 2 wählen.


Ein kurzes Band zwischen B- und 
C-Gurt schränkt das Steuern über C
deutlich ein. 
Beschleuniger:
 
Dank großer, kugelgelagerter Rollen ist der Beschleuniger des Lhotse 2 angenehm leicht zu treten. Der mögliche Geschwindigkeitszuwachs beträgt rund 10 km/h. Da der Schirm auch vom Trimmspeed her, zumindest bei mittlerer Beladung, kein Sprinter ist, bleibt die Topspeed unter 50 km/h. Gefallen hat mir der gute Geradeauslauf der Kappe, auch voll beschleunigt.
Der Tragegurt ist nicht für eine C-Gurt-Steuerung optimiert. D.h. er weist weder extra Griffe dafür auf, noch ist das Gurtlayout darauf ausgerichtet. Im Gegenteil: Die geteilten C-Gurte und ein zusätzliches, kurzes  Verbindungsband zwischen C- und B-Ebene verhindern sogar ausladende Steuerbewegungen. 
Da der Beschleuniger aber angenehm leichtgängig ist, wird man nicht viel vermissen. Zumal es letzten Endes auch aerodynamisch und somit leistungsmäßig effektiver ist, bei einem Dreileiner die Anstellwinkelkontrolle im beschleunigten Flug mit den Beinen zu machen.  


Ohren anlegen:  
Die Ohren legen sich sauber an die Leinen an und schlagen nicht. Allerdings muss man sie dauerhaft halten, sie entwickeln einen deutlichen und ständigen Öffnungszug. Längeres Fliegen mit gezogenen Ohren (z.B. beim Fliehen vor einer Wolke) erfordert dann schon etwas Ausdauer in den Armen. Dafür öffnen die Ohren verzögerungsfrei. 


Die schicke Eintrittskante des Lhotse 2 mit halbrunden 
Öffnungen und ohne deutliche Shark-Nose.
Steilspirale: Die hohe Kurvenagilität zeigt sich beim Lhotse 2 auch in der Steilspirale. Sie lässt sich beliebig schnell aber auch graduell einleiten, d.h. es gibt kein plötzliches, überraschendes Kippmoment. In der Spirale lässt sich der Schirm sehr schön kontrollieren. 


Nicken: Das Profil des Lhotse 2 bietet im Flug eine angenehme, aber noch nicht übertriebene Nickdämpfung. Es ist ein gutes Maß, um dem Piloten vom "Luftrudern" zur Nickkontrolle zu entlasten, ihm aber auch noch Raum für etwas dynamischere Manöver zu lassen. 


Rollen: Der Lhotse 2 spricht sehr gut auf Gewichtsverlagerung an und lässt sich auch ohne Bremseinsatz auf hohe seitliche Amplituden aufschaukeln. Trotzdem wirkt er im Normalflug nicht besonders roll-lastig oder gar zappelig. 


Packen: Der Lhotse 2 ist ein Leichtschirm, der neben relativ kurzen Stäbchen in der Front keine weiteren Versteifungen aufweist. Damit lässt er sich ohne Tricks auf ein angenehm kleines Packmaß bringen. Ich hatte kein Problem damit, den Schirm z.B. in einem kleinen Gin-Kompressions-Zellenpacksack zu verstauen. 


Klebesegelstreifen auf den aufgehängten Rippen nehmen
schräg wirkenden Dehnungslasten auf.
Qualität:
 Da gibt es viel Licht und  wenig Schatten. Die Verarbeitung der Lhotse 2 überzeugt mit Details wie sauberen Nähten und Designübergängen, zusätzlichem negativen 3D-Shaping, Mylar-Verstärkungen an den Aufhängungspunkten etc. Der Materialmix mit 32er Porcher-Tuch im vorderen Obersegel und 27er im restlichen Flügel gilt mit Blick auf die Haltbarkeit bei Leichtschirmen als bewährt. Beim Lhotse 2 ist allerdings nur das einfach beschichtete Skytex 27 Classic verbaut.  
Im Inneren hätte UP für meinen Geschmack die Ränder der Diagonalen noch umnähen können, als vorbeugende Maßnahme zur Dehnungs-Minderung. Immerhin gibt es an bestimmten Stellen der aufgehängten Profile Klebesegel-Streifen, die dort eingeleitete Querzugkräfte aufnehmen. 
Positiv finde ich, dass UP nicht der unseligen Mode verfallen ist, den Lhotse 2 mit Softschäkeln auszustatten. Die verwendeten Schraubschäkel machen ein späteres Nachtrimmen oder eine Reparatur im Gelände deutlich einfacher. Bei den Leinen würde ich mir zumindest für den Stabilo einen  auffällig gefärbten, kurzen Mantel am Leinenschlossende wünschen, um die schnelle Erkennbarkeit im Notfall (z.B. bei einem Verhänger) zu erhöhen.  


Fazit: UP hat mit dem Lhotse 2 einen angenehm und trotzdem auch sportlich zu fliegenden, leichten Mid-B-Allrounder im Programm. Mit seinen guten Start- und Lande-Eigenschaften, dem feinen Kurven- und Thermikhandling und seinem agilen, aber keineswegs nervösen Charakter deckt der Schirm ein sehr breites Einsatz- und Pilotenspektrum ab. Wer sehr leistungsorientiert XC fliegen will, dem würde ich im Vergleich aus gleichem Hause zwar noch eher den Kangri empfehlen. Aber auch nur dann. Ansonsten bleiben im Flugalltag von Ottonormal-Piloten, auf Reisen, beim Hike-and-Fly etc. mit dem Lhotse 2 kaum Wünsche offen. Nur wer viel in schwächeren Bedingungen fliegt (z.B. Schwachwind-Soaring oder typische Flachlandthermiken), der sollte darauf achten, die Flächenbelastung nicht zu hoch zu wählen.  


Einen UP Lhotse 2 gewinnen...

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